MacBest
schließlich.
»Finde ich auch.«
»Komisch.«
»In der Tat.«
»Und was geschah dann?«
»Die Tiere gingen fort. Es hatte sie zu mir gebracht und schickte sie in den Wald zurück.«
»Niemand hat irgend jemanden gefressen?«
»Nicht daß ich wüßte.«
»Seltsam.«
»Ganz meine Meinung.«
Nanny Ogg beobachtete die untergehende Sonne.
»Ich schätze, nur wenige Königreiche verhalten sich auf diese Weise«, sagte sie. »Du hast ja das Theater gesehen. Könige und solche Leute bringen sich die ganze Zeit über um. Ihre Reiche finden sich einfach damit ab. Warum nimmt unser Königreich Anstoß daran?«
»Es ist schon lange hier«, erwiderte Oma Wetterwachs.
»Alles andere auch.« Wie jemand, der sein ganzes Leben lang studiert hatte, erklärte Nanny: »Alles befindet sich dort, wo es zuerst entstand. Man nennt so etwas Geographie.«
»Du meinst gewöhnliches Land«, sagte Oma Wetterwachs. »Bei einem Königreich sieht die Sache ganz anders aus. Ein Königreich besteht aus vielen Dingen. Aus Ideen, Treuepflichten und Erinnerungen. Das alles existiert zusammen. Und dann bildet sich daraus Leben. Kein körperliches Leben. Es ist eher wie eine – lebende Idee. Sie setzt sich aus allem Lebendigen und den entsprechenden Gedanken zusammen. Und den Gedanken davor.«
Magrat kehrte zurück und bereitete das Feuer wie in Trance vor.
»Offenbar hast du intensiv darüber nachgedacht«, entgegnete Nanny Ogg langsam und vorsichtig. »Ich nehme an, das Königreich möchte einen besseren König, stimmt’s?«
»Nein! Das heißt, ja. Ich meine …« Oma beugte sich vor. »Es hat nicht die gleichen Vorlieben und Abneigungen wie Menschen, oder?«
Nanny Ogg lehnte sich zurück. »Wohl kaum?« antwortete sie unsicher.
»Es ist ihm gleich, ob Menschen gut oder schlecht sind. Wahrscheinlich merkt es überhaupt nichts davon. Es ist so wie … wie … Kannst du eine gute Ameise von einer schlechten unterscheiden? Wie dem auch: Es erwartet Interesse vom König.«
»Ja, aber …«, machte Nanny hilflos. Sie fürchtete sich allmählich vor dem Glühen in Oma Wetterwachs’ Augen. »Viele Leute haben sich gegenseitig umgebracht, weil sie König von Lancre werden wollten. Die Geschichte dieses Königreichs ist eine lange Mordserie.«
»Spielt überhaupt keine Rolle«, brummte Oma und ruderte mit den Armen. Sie zählte die Gründe an den Fingern ab. »Weil erstens: Könige töten sich, da das zu ihrem Schicksal gehört. Es ist kein Mord in dem Sinn. Und weil zweitens: Sie töteten für das Königreich. Diesem Punkt kommt eine besondere Bedeutung zu. Doch der Herzog will nur Macht. Er haßt das Land.«
»Es ist wie mit einem Hund«, warf Magrat ein. Oma Wetterwachs sah sie an und öffnete den Mund, um eine scharfe Antwort zu geben. Dann lächelte sie sanft.
»Ja, du hast recht«, bestätigte sie. »Ein Hund schert sich nicht darum, ob sein Herrchen gut oder schlecht ist – solange es sich um ihn kümmert.«
»Nun gut«, murmelte Nanny. »Nichts und niemand mag Felmet. Was sollen wir jetzt unternehmen?«
»Wir warten ab. Du weißt doch, daß wir uns nicht einmischen dürfen.«
»Du hast das Kind gerettet«, erinnerte Nanny.
»Das ist keine Einmischung!«
»Wie du meinst.« Nanny seufzte. »Aber vielleicht kommt der Junge eines Tages zurück. Als Mann. Schicksal, du weißt schon. Und du hast gesagt, wir sollten die Krone verstecken. Sie kommt bestimmt zurück, da kannst du ganz sicher sein. Beeil dich mit dem Tee, Magrat!«
»Was ist mit den Bürgern?« erkundigte sich Oma Wetterwachs.
»Ich habe sie darauf hingewiesen, daß sie ihre Probleme allein lösen müssen. Wenn wir Magie verwenden, hört es nie auf – so lauteten meine Worte.«
»Genau richtig«, erwiderte Oma, doch in ihrer Stimme erklang eine gewisse Wehmut.
»Aber eins steht fest«, fügte Nanny hinzu. »Sie waren nicht begeistert. Ich hörte sie murren, als sie gingen.«
»Kennt ihr den Narren, der im Schloß wohnt?« platzte es aus Magrat heraus.
»Ein kleiner Mann mit tränenden Augen?« fragte Nanny, froh darüber, daß die Diskussion wieder normalen Dingen galt.
»So klein nicht«, sagte Magrat. »Wißt ihr zufällig, wie er heißt?«
»Einfach nur Narr, nehme ich an«, brummte Oma Wetterwachs. »Keine gute Arbeit für einen Mann. Mit Glocken herumzulaufen und so.«
»Seine Mutter stammte aus der Familie Blödian, drüben in Schwarzglas«, sagte Nanny, deren Wissen über die Genealogie von Lancre legendär war. »Als junge Frau eine echte
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