MacBest
drehten sich gleichzeitig um und schritten durch den strömenden Regen davon.
Regentropfen hämmerten an Magrats Fenster, als sie entschlossen in Gütchen Wempers Büchern blätterte und nach etwas suchte, das hier in Ermangelung eines besseren Ausdrucks ›natürliche Magie‹ genannt werden soll.
Die alte Frau hatte viele solche Dinge gesammelt und – was sehr ungewöhnlich war – darüber geschrieben. Dutzende von Büchern wurden mit sorgfältig gekritzelten kleinen Buchstaben gefüllt, die alle Einzelheiten zahlloser geduldiger Experimente in angewandter Magie schilderten. Gütchen Wemper war als erste Forschungshexe in die magische Geschichte der Scheibenwelt eingegangen. 9
Magrats Interesse galt insbesondere dem Liebeszauber. Wenn sie die Augen schloß, sah sie vor der Dunkelheit ihrer Lider eine rotgelbe Gestalt. Das konnte sie nicht länger dulden.
Sie klappte das Buch ruckartig zu und sah auf ihre Notizen. Zuerst mußte sie seinen Namen herausfinden, was mit dem alten Schäl-den-Apfel-Trick ganz einfach sein sollte. Man schälte einen Apfel, nahm einen langen Streifen und warf ihn über die Schulter – angeblich blieb er in der Form des Namens liegen. Millionen von jungen Frauen hatten es versucht und unweigerlich eine Enttäuschung hinnehmen müssen, es sei denn, der geliebte Mann hieß Scscs. Aber Magrat glaubte, allen Grund zu haben, zuversichtlich zu sein. Immerhin benutzte sie einen Apfel von der Sorte Abendwunder, drei Minuten vor zwölf am ersten Frosttag des Herbstes gepflückt. Darüber hinaus schälte sie ihn mit der linken Hand und benutzte dabei ein silbernes Messer, dessen Klinge weniger als einen halben Zoll breit war. Gütchen Wemper hatte in diesem Zusammenhang gründlich experimentiert und beschrieb in ihren Aufzeichnungen allenotwendigen Voraussetzungen. Magrat bewahrte immer einige Äpfel auf – für den Notfall –, und dieser eignete sich vermutlich. Sie holte tief Luft und warf ein Stück der Schale über die Schulter. Langsam drehte sie sich um. Ich bin eine Hexe, erinnerte sie sich. Dies ist nur ein Zauber. Ich brauche mich deshalb nicht zu fürchten. Reiß dich zusammen, Mädchen! Beziehungsweise Frau. Sie blickte nach unten, biß sich verlegen und nervös in den Handrücken.
»Wer hätte das gedacht?« murmelte sie.
Die Magie funktionierte.
Mit klopfendem Herzen wandte sie sich wieder ihren Notizen zu. Was kam jetzt? Ah, ja: das Sammeln von Farnkraut in einem seidenen Taschentuch bei Morgengrauen. Gütchen Wempers Handschrift – sie neigte dazu, alle Wörter möglichst klein zu schreiben – bot auf den nächsten beiden Seiten detaillierte botanische Anweisungen. Wer sie genau befolgte, bekam schließlich einen Liebestrank, der in einem fest zugestöpselten Krug in einem Eimer mit Eiswasser aufbewahrt werden mußte.
Magrat öffnete die Hintertür. Es donnerte inzwischen nicht mehr, aber das erste graue Licht des neuen Tages ertrank in einem beständigen Nieselregen. Dennoch: Es handelte sich zweifellos um ein Morgengrauen, und Magrat war entschlossen.
Dornen zupften an ihrem Kleid, und der Regen klebte das Haar an den Kopf, als sie durch den tropfnassen Wald schritt.
Die Bäume schüttelten sich, obwohl kein Wind wehte.
Auch Nanny Ogg war früh auf den Beinen. Sie hatte ohnehin nicht schlafen können, und außerdem machte sie sich Sorgen wegen Greebo. Der Kater gehörte zu ihren blinden Flecken. Die von Gefühlen unbeeinträchtigte Vernunft zeigte ihn ihr als dicken, verschlagenen, hinterhältigen, gemeinen und stinkenden vielfachen Vergewaltiger, aber trotzdem stellte sie sich ihn instinktiv als jenes kleine, flauschige Kätzchen vor, das er vor einigen Jahrzehnten gewesen war. Der Umstand, daß Greebo einmal eine Wölfin in einen Baumwipfel gejagt und sogar eine Bärin erschreckt hatte, die unschuldig nach Wurzeln grub, hinderte Nanny Ogg nicht an der Vermutung, ihm könne etwas zugestoßen sein. Alle anderen Bewohner des Königreichs vertraten die Ansicht, daß Greebo nur von einem direkten Meteoritentreffer vorübergehend außer Gefecht gesetzt werden konnte.
Nanny verwendete jetzt elementare Magie, um seiner Spur zu folgen – obgleich dafür eine gute Nase genügte. Die Fährte führte sie durch feuchte Straßen und zum offenen Schloßtor.
Sie nickte den Wächtern kurz zu, als sie das Portal passierte. Den beiden Soldaten kam es nicht in den Sinn, sie aufzuhalten, denn Hexen – wie Imker und große Gorillas – haben uneingeschränkte
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