Mach doch - Roman
den Stuhl zurück und erhob sich. »Nein, das wirst du nicht. Wir sind doch hier nicht bei der spanischen Inquisition! Du bist ein Gast, und mein
Vater hat uns eingeladen, um uns in seine ›Pläne‹ einzuweihen. Wir haben ihm zugehört, und jetzt können wir gehen, wenn sich diese Unterhaltung weiter um den Fluch dreht.« Er funkelte seinen Onkel bitterböse an.
Lauren schüttelte den Kopf und zog an seiner Hand, als wollte sie ihm bedeuten, dass er sich noch einmal setzen sollte. »Schon gut. Ich möchte für Klarheit sorgen.«
Wenn die Corwins sie nicht akzeptieren konnten, dann war das nun einmal nicht zu ändern. Sie würde ja zum Glück nicht allzu lange in der Stadt bleiben.
Gabrielle schob ihren Teller von sich. »Jason hat Recht, ihr verhaltet euch unmöglich. Wir haben Lauren eingeladen, weil sie mit Jason befreundet ist, und weil sie neu in der Stadt ist. Es sollte ein Willkommensgruß sein, kein Verhör«, sagte Gabrielle nachdrücklich mit einem Seitenblick auf Hank und Thomas Corwin.
Lauren entspannte sich ein wenig. Gabrielles kleine Ansprache hatte aufrichtig und freundlich geklungen. Wenigstens die jüngste Generation der Familie schien keinen Groll gegen sie zu hegen. Leider konnte man das von der Generation davor nicht behaupten. Lauren wusste, sie sollte es sich nicht zu Herzen nehmen, aber sie tat es trotzdem.
Denn einer der beiden Männer am Tisch, die sie so misstrauisch beäugten, war Jasons Vater.
Lauren beschloss, sich an die netten Familienmitglieder zu wenden. Sie sah Gabrielle in die verständnisvollen
Augen. »Ich weiß es zu schätzen, danke. Und mir ist bewusst, dass der Fluch existiert – für manche nur in der Theorie, für andere im echten Leben. Ich für meinen Teil glaube nicht daran.«
»Tja, ich schätze, jeder hat ein Recht auf eine eigene Meinung«, knurrte Hank.
»Wie überaus großzügig von dir, Dad«, ätzte Derek mit finsterer Miene. »Ich freue mich jedenfalls, dass du hier bist, Lauren. Zerbrich dir wegen Onkel Edwards Reaktion mal nicht den Kopf. Sollte er einen Rückfall erleiden, dann war er in seiner Genesung eben noch nicht so weit, wie wir angenommen hatten. Doch da kann niemand etwas dafür.«
»Und ihr werdet es gefälligst unterlassen, ihn mithilfe irgendwelcher verrückter Pläne in Claras ohnehin weit geöffnete Arme zu treiben«, ermahnte Jason Hank und Thomas.
Sein Vater starrte auf seinen Teller und murmelte etwas Unverständliches in sich hinein.
»Wie bitte?«, hakte Jason nach. Lauren war wohl nicht die Einzige, die Thomas Corwin nicht verstand.
»Ich sagte, ich werde Edwards mögliche Reaktion in Erwägung ziehen, ehe ich etwas unternehme.«
Das war jetzt wohl die jugendfreie Variante, dachte Lauren.
»Gut. Können wir das Thema dann abhaken und unser Essen genießen?«, fragte Jason.
»Meinetwegen, aber finde dich damit ab, dass ich für meinen Bruder stets alles in meiner Macht Stehende tun werde«, beharrte Thomas dickköpfig.
»Ah, ja? Und du wirst dich bestimmt auch rührend um Clara kümmern, wenn sich Edward wieder in sein Schneckenhaus zurückzieht und sich von nichts und niemandem mehr hervorlocken lässt, oder?«, wollte Jason wissen. Seine Stimme klang brüchig vor Wut.
»Was du mir alles unterstellst, Junge. Es geht mir überhaupt nicht um Clara. Ich tue nur, was getan werden muss.« Damit griff er erneut zu Messer und Gabel und nahm sich sein Essen vor.
Hank tat es ihm nach.
Lauren hatte das dumpfe Gefühl, dass Jason, Derek und Gabrielle genauso wenig registrierten, was sie aßen, wie sie. Alle fragten sich, welche Auswirkungen Thomas Corwins Pläne auf seinen Bruder Edward haben würden.
Als Jason Lauren wenig später zu Hause ablieferte, ärgerte er sich über das Verhalten seines Vaters und seines Onkels grün und blau. Der Abend war nicht gerade ein Erfolg gewesen, und er suchte die Schuld dafür bei sich. Er war davon ausgegangen, dass aus Rücksicht auf Lauren keiner auf den Fluch zu sprechen kommen würde. Doch er hatte sich geirrt, und sie hatte es ausbaden müssen.
Er lehnte sich mit der Schulter an die Tür und sah auf sie hinunter. »Tut mir leid, dass das so ein Fiasko war. Wenn ich gewusst hätte, dass die beiden sich nicht benehmen können, dann wäre ich nicht mit dir hingefahren.«
Lauren zuckte die Achseln und wirkte noch genauso
angespannt wie während des Essens. Sie hatte rote Wangen. Vor Verlegenheit oder wegen der Kälte?
»Du kannst doch nichts dafür. Ich hätte nicht mitkommen sollen.
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