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Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Titel: Mach mal Feuer, Kleine - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Smaus
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dem Feuer zum Opfer gefallen. Die Ruthenen verschwanden ebenso schnell aus Galizien, wie einige Monate zuvor die chassidischen Dörfer in Flammen aufgegangen waren. Und nur wenn im Frühjahr mitten im Wald eine Kirsche, wilde Johannisbeeren oder Rosensträucher blühten, konnte man erkennen, dass dort einst ein Dorf gestanden und Menschen gelebt hatten.
     
    Im Osten, hinter Ubła und Nová Sedlice, wurde eine neue Grenze gezogen. Als hätte ein böser Zauberer seine Axt ins lebendige Fleisch geschlagen und die Berge geteilt. Alte Wege wurden von nagelneuen Schranken gekappt, die Gleise der Schmalspurbahn von Stužice wurden allmählich von dünnen und schwächlichen Bäumchen überwuchert. Hinter der neuen Grenze blieben Volosianka und die Huzulendörfer der Verchovina zurück, auch der Markt von Chust, auf dem die Poljaner jedes Jahr im Frühling Schafe gekauft hatten. Noch bevor die Volosianer am Sonntag von der Kirche nach Hause kamen, hatten sie Felder und Vieh verloren. Sogar ihre |64| Schafe waren verschwunden. Die neuen Herren nahmen ihnen alles, sie verriegelten die Kirche, banden eine rote Flagge an das griechische Kreuz auf der Turmspitze und sperrten den Popen ein, genauso wie den ehemaligen Bürgermeister, den Dorflehrer und alle anderen, die die schwere Schuld auf sich geladen hatten, lesen und schreiben zu können oder vor dem Zweiten Weltkrieg Briefe ausgetragen oder den Kindern das Einmaleins beigebracht zu haben   …
    Auf der slowakischen Seite der Beskiden wurden keine Dörfer niedergebrannt. Doch auch hier gingen Menschen verloren. Den alten Jankura, den mächtigsten Bauern im Ort, verfrachtete man irgendwohin in den Böhmerwald, zusammen mit seiner weinenden Frau und seinen erschrockenen Kindern, weil er seine Felder, Pferde, Kühe und Schafe nicht an die Genossenschaft hatte abgeben wollen. Die Genossenschaft wurde allerdings einige Jahre später aufgelöst, und da kehrte auch Jankura wieder zurück ins Dorf. Seit Anbeginn der Welt waren die Poljaner sehr dickköpfig, davon abgesehen hatten sie sich mit eigenen Augen davon überzeugen können, wie schlecht die neuen Herren mit dem gestohlenen Besitz umgingen, den sie nicht mit Schwielen, Schweiß und Blut erworben, sondern ohne Mühe in die Tasche gesteckt hatten   … Auch der Pope von Poljana kam erst nach Jahren als gebrochener Greis zurück, mehrmals umrundete er die geschlossene Kirche, setzte sich dann vor die zugenagelte Tür und weinte, die Dörfler nahmen ihn auf, und er erzählte mit versagender Stimme und unter Schluchzen, wie er auch im Gefängnis Gottesdienst abgehalten und für alle Poljaner gebetet hatte, in seiner Sträflingskluft, und wie er das Abendmahl mit einem Stück vertrockneten Brotes, von der Tagesration abgespart, und mit Wein aus vergorener Marmelade gefeiert hatte   …
    |65| Über den staubigen Weg von Stakčín kam der erste Bus angetuckert, das Dorf wurde an die Elektrizität angeschlossen, die Menschen schafften sich nach und nach Glühbirnen und Radios an, auch der Dorfrundfunk wurde eingeführt, und der alte Lipčak, der noch einige Jahre nach dem Krieg durch die Ortschaften gelaufen und mithilfe einer Trommel Nachrichten und Anordnungen verkündet hatte, musste seine Trommel samt Stöcken an den Nagel hängen. Statt eines Ochsengespanns fuhren die ersten Traktoren aus dem Stall, und nachdem man die Hauptstraße asphaltiert hatte, wurde untersagt, weiterhin Holz und Stroh auf Schlitten zu transportieren, wie es seit Jahrhunderten gang und gäbe war. Das Brot wurde aus einer Staatsbäckerei geliefert, und in den Häusern von Poljana erloschen die Öfen. Die Menschen hörten auf, das Brot, das nicht durch ihre Hände gegangen war, für das sie weder gesät noch geerntet, weder Mehl gemahlen noch Teig geknetet hatten, in Ehren zu halten, sie vergaßen, vor dem Anschneiden über dem Brotlaib einen Segen zu sprechen und aßen nicht mehr alles auf. Wenn ein Pferd beschlagen, ein zersprungener Kessel gelötet oder ein Ofen mit Ton ausgebessert werden musste, rief keiner mehr einen Zigeuner herbei, keiner richtete in der Siedlung aus, dass man Erntehelfer brauchte oder für den Sonntag im Wirtshaus oder bei einer Hochzeit Musiker benötigte. Die Dunkas hörten auf, ins Dorf zu gehen, die Dörfler machten einen großen Bogen um die Siedlung, und in der Schenke füllte man den Zigeunern nicht mehr die Gläser. Als die ersten Dunkas zum Bahnhof zogen und nach Böhmen fuhren, freundeten sich die Daheimgebliebenen

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