Mach sie fertig
Hardliner, der allerdings den Job geschmissen hat. Der Typ hat geheiratet und Kinder gekriegt, aber manchmal liefert er uns noch die eine oder andere heiße Spur, um seinen guten Willen zu zeigen.«
»Aha. Und?«
»Jibril ist tot. Es geht das Gerücht, dass die Jugos ihn um die Ecke gebracht haben.«
Scheiße auch.
Thomas wollte mehr von Nilsson erfahren. Aber Nilsson wusste nichts. Sie beendeten das Gespräch. Thomas blieb stehen. Plötzlich wurde er unruhig. Wie dämlich er nur war, dieses Gespräch am Telefon zu führen. Er dachte zum tausendsten Mal an den Mann vor seinem Fenster. An Winge. Jägerström. Bolinder. Sie würden ziemlich weit gehen, um ihn zu stoppen. Vielleicht wussten sie noch nicht, wer er war. Aber der Mann vor dem Fenster hatte es gewusst.
Sie hatten es geschafft, ihn aus seinem Job rauszukicken. Hatten ihm und Åsa gedroht. Seinen Bericht gefälscht. Den Helden seines Vaters ermordet. Die Moral Schwedens stand auf dem Spiel. Wenn selbst schwedische Polizisten mittleren Alters so durch und durch korrupt waren – dann gab es keine Hoffnung mehr. Aber es sollte ihnen, verdammt nochmal, nicht gelingen. Das hier war sein Weg zurück.
Thomas nahm das Telefon erneut zur Hand.
Als er die Ziffern eintippte, war er fast so aufgeregt wie ein Kind. Nervosität gepaart mit Erwartung.
Er mochte Hägerström nicht. Zugleich wusste er, dass er ihn schon längst hätte anrufen sollen.
Nachdem das Freizeichen ertönte, hörte er ein kurzes Klicken in der Leitung.
»Hej, Sie sind mit dem Apparat von Martin Hägerström verbunden. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Signal.
Hi, you have reached Martin Hagerstrom, please leave a message after the beep
.«
Verdammte Anrufbeantworterscheiße. Riesenenttäuschung.
Thomas fasste seine Mitteilung kurz: »Rufen Sie mich zurück, hier ist Andrén.«
49
Mahmud auf dem Rückweg vom Fitnessstudio. Eine Hand am Lenkrad, in der anderen einen Plastikbecher mit Lionhartsmischung: Kreatin und andere Nahrungsergänzungsmittel. Mit Erdbeergeschmack und Strohhalm wie bei einem Milchshake. Die Nebenwirkungen von der vorangegangenen Diät hinterließen immer noch ihre Spuren. Er musste warten, bevor er den nächsten Durchgang startete. Das war traurig. Aber wahr.
Er war gerade auf dem Weg zum Treffen mit dem Latino, der ihn angerufen hatte. Jorge.
Die Stereoanlage in seinem Wagen dröhnte. Ragheb Alama sang wie ein Gott.
Er dachte an Niklas, den Kommandotypen, der vorgestern zu ihm nach Hause gekommen war. Ihn um einen Gefallen gebeten hatte. Einen sehr, sehr großen Gefallen. Der Typ wollte, dass Mahmud einem Kumpel von ihm ein bisschen einheizte. Mahmud schiss auf die Hintergründe.
Niklas schien wirklich ein bisschen crazy zu sein. Er hatte so einen nervösen Blick. Vor allem aber war der Typ lebensgefährlich – zumindest wenn man wusste, was er Jamilas Ex angetan hatte. Warum konnte er diesem Benjamin denn nicht selber ein bisschen Angst einjagen?
»Habibi«, sagte Niklas auf Arabisch. »Du musst mir wirklich helfen. Ich steh bis zu den Knien in der Scheiße und werd vielleicht reinwandern. Deshalb muss dieser Benjamin kapieren, dass wenn er mich verpfeift, es noch andere draußen gibt, die ihm ’nen Denkzettel verpassen. Kapierst du?«
Mahmud dachte: Eigentlich sollte ich einfach drauf scheißen. Aber es ging nun mal um die Ehre. Niklas hatte seiner Schwester geholfen. Und nichts auf der Welt war wichtiger als eine Schwester. Er war es Niklas schuldig.
Mahmud nickte: »Ich mach’s, mein Freund. Wo wohnt dieser Idiot?«
Niklas schien überglücklich.
Der Rest war einfach. Gestern, vor seinem Hurenjob, fuhr er zur Adresse des Typen. Niklas hatte ihm gesteckt, dass er zu Hause sein würde. Mahmud fand schnell raus, wo im Haus der Typ wohnte. Nahm den Fahrstuhl nach oben.
Klingelte an der Tür. War stinkig. Das Leben war böse zu ihm, also war er jetzt böse zu diesem Benjaminidioten.
Ein mittelgroßer bärtiger Typ öffnete die Tür. Erstaunen im Blick. Mahmud verpasste ihm eine rechte Gerade. Den Schlagring in Position. Der Typ taumelte in die Wohnung rein. Blutete aus der Nase. Versuchte, in Deckung zu gehen, holte zum Schlag gegen Mahmud aus. Doch es war kein gleichwertiges Match – er trug ja den Schlagring. Er landete noch einen Treffer. Der Typ fiel um. Lag am Boden. Versuchte, seinen Kopf zu schützen, und schrie gleichzeitig: »Wer zum Teufel bist du? Hör auf. Meine Nase, Mensch.«
Mahmud nahm das elastische Klebeband zur Hand.
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