Mach sie fertig
streckte ebenfalls die Hand vor. Sie sahen einander an. Standen still da.
Dann umarmten sie sich.
Erika sagte: »Passen Sie jetzt gut auf sich auf.«
Mahmud sagte nichts. Versuchte, sich zurückzuhalten, damit er sie nicht noch mal umarmte.
Mahmud war im Studio gewesen. Draußen schneite es. Stockholm immer noch weihnachtlich geschmückt. Die Schweden hatten vor ein paar Tagen gemeinsam mit ihren Familien zu Hause gesessen und gefeiert. Mahmud war zu seinem Vater und Jivan nach Hause gefahren. Jamila kam am Abend vorbei. Sie hatte Pfefferkuchen und Baklava dabei. Sie aßen zu Abend, guckten sich einen Film an, den Mahmud aussuchen durfte:
I am Legend
. Papa gefiel der Streifen nicht.
In gewisser Weise feierten sie ebenfalls Weihnachten, auch wenn Beshar sich weigerte, das Wort »Weihnachten« in Mahmuds Beisein auszusprechen. »Das ist Sache der Schweden. Nicht die unsere.«
Mahmud hatte seine Hausaufgaben erledigt. Die erste betraf die Waffen. Tom hatte ihm Kontakte besorgt. Ein paar richtige Zockertypen aus Södertälje. Engmaschiges Netzwerk – Syrer. Sicherheitstransportprofis. Sprengstoffveteranen. Waffenfetischisten. Tom kannte sie nicht gut, aber gut genug, um drei Teile bei ihnen erstehen zu können. Zwei AK 4 , die bestimmt aus irgendeinem Waffenlager geklaut waren, und eine Glock 17 . Toughes Gefühl: drei absolut scharfe Geschosse zu Hause in der Wohnung zu verstecken. Mahmud baute die Schlösser aus, wickelte sie in ein Laken. Verfrachtete den Rest der Waffen unters Bett, hinter die Tüten mit Papieren, die er vor Monaten aus dieser Wohnung mitgenommen hatte. Das Laken mit den Schlössern legte er auf einen Balken auf dem Dachboden. Man durfte sich nicht zu dumm anstellen: Wenn die Bullen kämen, würde er zumindest sagen können, dass bei den Waffen wichtige Teile fehlten. Dass man sie nicht benutzen konnte.
Die andere Hausaufgabe war noch einfacher gewesen: den Bolzenschneider zu besorgen. Zuerst hatte er vor, irgendwo einen mitgehen zu lassen, überlegte es sich dann aber anders. Unsinn, ein Risiko einzugehen. Stattdessen kaufte er ihn bei Järnia in der Innenstadt von Skärholmen – das größte Modell, das sie hatten. Er berappte ordentlich Cash.
Die letzte Hausaufgabe war am schwierigsten, nämlich Leute zusammenzukriegen. Nicht, dass er nicht eine Menge Leute kannte. Aber auf wen konnte er sich verlassen? Wer gehörte zu denen, die andere nicht verpfiffen, die das richtige Timing besaßen, den Auftrag erfüllen konnten? Eigentlich wusste er bereits, wen er fragen würde: Robert, Javier und Tom. Aber die Frage stand immer noch im Raum: Konnte er sich auf seine Kumpels verlassen?
Tom würde über Silvester wegfahren – scheiße. Niklas wollte insgesamt zehn Boots on the ground haben, wie er sagte. Mahmud musste mit den anderen Jungs trotzdem eine Planungssession durchziehen. Er traf sich mit Robert und Javier abends bei sich zu Hause. Javier trug einen so engen Pulli, dass sich seine Brustwarzen abzeichneten wie bei Jordan, dem britischen Glamourmodell. Robert trat im ausgebeulten Ghettostil auf, wie Fat Joe himself: Jogginghosen und ein absolut angesagter Kapuzenpulli. Mahmud konnte sich den Gedanken nicht verkneifen: Würden seine Jungs die Attacke wirklich durchziehen können? Sie sahen sich selber als echte Gangster und vielleicht waren sie auch tough. Aber das hier – das war was anderes. Er durfte die Sache einfach nicht vermasseln. Es nicht abfucken.
Sie teilten sich einen Joint. Guckten
Bourne Ultimatum
. Mahmud versuchte in Stimmung zu kommen. Gleich würde er ihnen den Plan unterbreiten. Durfte nicht blöd rüberkommen. Sollte Wirkung zeigen.
Er nahm die DVD aus dem Apparat. Wandte sich an seine Leute. »Jungs, ich hab ’ne Sache am Laufen. ’ne große Sache.«
Robert paffte am Spliff. »Was denn? ’ne Koksgeschichte, oder was?«
»Nein, ist was Persönliches. Und wirft schnelle Kohle ab.«
»Klingt gut.«
»So was Ähnliches wie unsere Wohnungsstürmung damals, Robert. Erinnerst du dich?«
Robert grinste. »Na klar, was waren wir da großzügig, dir alle Sachen zu überlassen.«
»Ich versprech’s, jetzt will ich mich erkenntlich zeigen. Das hier ist wie diese Wohnungsstürmung, nur hundertmal heftiger. Wir werden ’ne Riesenvilla auf Smådalarö stürmen.«
»Smådalarö. Wo liegt das denn? In Norrland?«
Sie lachten.
Mahmud begann zu erklären. Wie er Jorge in der Reggaewohnung getroffen hatte. Wie der Latino auf hundertprozentige Rache an den
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