Machen Sie Ihren Kopf fit für die Zukunft
Entscheidungsprozesse helfen, unter vielen möglichen Lösungen die richtige zu finden. Da die neuronalen Mechanismen,
die der Lernfähigkeit und der Entscheidungsfreude zugrunde liegen, in den vorangegangenen Kapiteln besprochen wurden, konzentrieren
wir uns hier auf die Besonderheiten, die ein kreativer Prozess aufweist. Kreativität funktioniert meistens auch nicht ohne
die Teamfähigkeit. |106| Sie kommt jedoch nur in bestimmten Phasen zum Einsatz, zum Beispiel wenn man mit mehreren das Ausgangsmaterial zusammenträgt,
die Aufgabe definiert, die Rahmenbedingungen abstimmt, das Ziel formuliert und vor allem am Ende beurteilt, ob die Lösung
wirklich passt. Kreative Lösungen brauchen immer ein geschultes Umfeld, das eine Innovation auch richtig beurteilen kann.
Flexibilität ist die Grundfähigkeit, um Ungewohntes zuzulassen, und Belastbarkeit unabdingbar, um die emotionalen und stressenden
Turbulenzen bei der Geburt neuer Ideen auszuhalten.
Kreativität tritt in verschiedenen Formen auf. Obwohl es auf den ersten Blick nicht so aussieht, werden mithilfe der Kreativität
immer jeweils größere oder kleinere Probleme gelöst.
Naive Kreativität
Die spielerische Kreativität der Kinder erfolgt spontan und ist gewissermaßen der Übungslauf für später. Was oberflächlich
betrachtet aussieht, als würde nur wild und zufällig kombiniert werden, sind immer kleine Lösungsprozesse für Probleme, die
Kinder gerade haben: Die richtige Spielfigur ist nicht vorhanden? Ein anderer, ganz ungewöhnlicher Gegenstand kann sie ersetzen.
Der böse Räuber soll gefangen werden? Der Polizist bekommt fantastische Eigenschaften und Möglichkeiten etc. Die Lösungen
müssen sich, anders als später, in der Realität nicht bewähren. Hier kommt es vor allem auf den Spaß an, die absolute Freiheit
und darauf, sich in das schöpferische Spiel zu versenken.
Ästhetische Kreativität
Hier geht es um die Lösung einer ästhetischen Aufgabe. Auf eine neue Art werden künstlerische Elemente wie Wörter, Farben,
Formen oder Klänge zusammengebracht. Die Ausgangsfrage oder die Aufgabe stellt sich der Künstler meistens selbst. Er erschafft
eine Lösung, die für ihn eine Neuerung darstellt. Ob das Ergebnis vom Publikum verstanden wird oder ihm gefällt, ist dann
eine ganz andere Frage. Denn hier spielen sehr persönliche Maßstäbe und Beurteilungskriterien eine Rolle. Über Geschmack lässt
sich eben schwer streiten.
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Kreativität als Selbstzweck
Im Bereich der gestaltenden Hobbys ist Kreativität vorwiegend Selbstzweck. Die Aufgabe heißt: Ich möchte etwas »Schönes« nach
meinem eigenen Gusto herstellen. Hier fällt meistens das strenge Auge der beurteilenden Umgebung weg und man genießt den Moment
der selbstbestimmten schöpferischen Produktion als Gegengewicht zu oft fremdbestimmten beruflichen Aufgaben.
Problemlösende Kreativität
Die Form der Kreativität, die für unser praktisches Leben heute im Vordergrund steht, ist die problemlösende (operationale
oder produktive) Kreativität. Ein Problem wird erkannt, und man findet eine bisher noch nie da gewesene Lösung, die die gegebenen
Rahmenbedingungen erfüllt und von einem Fachpublikum als sinnvoll anerkannt wird. Sie wird in allen Lebensbereichen zunehmend
mehr gebraucht. Deshalb möchte ich auf den nächsten Seiten den Ablauf der kreativen Prozesse im Gehirn genauer darstellen
und aufzeigen, wie man jeden einzelnen Schritt unterstützen kann.
Wie das Gehirn kreative Lösungen organisiert und wie Sie kreative Prozesse fördern können
Im menschlichen Gehirn ist Kreativität eine spezielle Art der Informationsverarbeitung. Eingegangene Signale zeigen ein Problem
an. Bei entsprechender Wichtigkeit fährt das Motivationssystem die Verarbeitungsprozesse der inneren Suchmaschinen hoch, und
es wird nach einem neuronalen Muster gesucht. Es soll die Lücke schließen und damit das Problem auf eine bisher noch nicht
bekannte Art und Weise lösen. Auf der Ebene der Nervenzellen heißt das: Zellen, die bisher noch nicht verbunden waren, müssen
über neu gebildete Synapsen nun miteinander in Erregung versetzt werden. Im Prinzip haben wir diesen Prozess der Auffindung
eines Musters bereits in der letzten Phase eines Lernprozesses, beim Wiederabrufen eingespeicherter Inhalte und bei der Entscheidungsfindung
kennen gelernt. Auch hier geht es mit einer |108| Suchaufgabe los, allerdings bleibt die Lösung hier
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