Machen Sie Ihren Kopf fit für die Zukunft
»schon« ein, damit haben Sie bereits ein Lob oder
Kompliment |141| ausgesprochen: »Ich sehe, Sie haben schon angefangen mit dem Bericht.« Von Dale Carnegie, dem Altmeister der Business-Ratgeber
stammt der Rat: »Erwische deine Mitarbeiter dabei, wie sie gerade etwas richtig machen und dann erwähne es wohlwollend.« Damit
ist alles gesagt.
Mitgefühl und die Absichten der anderen verstehen
Warum müssen wir unwillkürlich gähnen, wenn wir jemanden dabei beobachten? Warum wissen wir, dass jemand sich unbehaglich
fühlt und gleich aufstehen wird, um wegzugehen? Warum schmerzt es uns selbst, wenn sich das Kind verletzt hat? Warum können
wir spüren, dass in einer Gruppe schlechte oder gute Stimmung herrscht? Brauchen wir dafür komplizierte psychologische Fähigkeiten?
Feine Antennen für Schwingungen? Ein intensives Training? Nein. Wir »wissen« es einfach, weil wir es gesehen haben, genauer,
weil unsere Spiegelzellen es gesehen haben.
Wie arbeiten Spiegelzellen?
Spiegelzellen wurden erst 1996 durch den italienischen Hirnforscher Giacomo Rizzolatti entdeckt. Sie sind die entscheidenden
biologischen Akteure für unser soziales Miteinander.
Spiegelneurone sitzen in unterschiedlichen Hirnregionen, zuerst wurden sie im Rindengebiet für Bewegungsplanung (prämotorische
Rinde) entdeckt. Hier liegen Muster aller möglichen Handlungen vorrätig und warten auf ihren Abruf. Wenn wir vorhaben, eine
gewisse Handlung auszuführen, aktivieren wir die Spiegelzellen, und so können wir uns eine gesamte Handlung mit Ablauf und
Endzustand »vorstellen«, bevor wir sie tatsächlich ausführen. Spiegelzellen aktivieren diese Handlungspläne aber genauso,
wenn wir Handlungen bei einem anderen Menschen beobachten. Die Zellen bekommen dann einen Impuls vom optischen Aufbereitungszentrum,
das einen anderen Menschen beobachtet hat.
|142| Spiegelzellen gibt es ebenfalls im Zentrum für die sensible Wahrnehmung (parietale Rinde): Hier werden Vorstellungen gebildet,
wie sich eine Handlung anfühlt. Informationen über Druck, Dehnung, Spannung und Temperatur der Haut, des Bindegewebes und
der Muskeln geben uns Auskunft, was wir gleich beim eigenen Handeln erleben werden. Sie lassen uns jedoch genauso miterleben,
wenn wir die Handlung bei einem anderen Menschen nur sehen. Die Spiegelzellen im Zentrum der Wahrnehmung für die inneren Organe
vermitteln angenehme Wärme im Bauch oder Ekelgefühl mit Brechreiz. Deshalb kann uns schlecht werden, wenn wir jemand anderen
etwas Ekelhaftes essen sehen. Spiegelzellen im limbischen System (im Teilsystem des Gyrus Cinguli) lassen uns die gleichen
Stimmungen, Gefühle und Schmerzen erleben wie unser Gegenüber. Mit allem, was dazugehört: Herzklopfen, Blutdruckanstieg, Gänsehaut
oder Zittern.
In der Region für Handlungsplanung gibt es einen Bereich, der die Muster der motorischen Sprachbildung für die Zungen-, Mund-,
Kehlkopf- und Atemmuskulatur entwirft. Auch hier sitzen Spiegelzellen, die nicht durch Bilder, sondern durch Geräusche aktiviert
werden. Spricht man über eine Handlung, können wir sie uns vorstellen. Hören Sie am Telefon den Klang der Stimme, wissen Sie
schnell, wie es dem Anrufer geht oder ob er gute oder schlechte Nachrichten für Sie hat. Hört man das Absatzklackern einer
Person, weiß man, in welcher Art sie geht und in welcher Stimmung sie sich befindet.
Der jeweilige Inhalt der »inneren Spiegelung« kann weitgehend unbewusst bleiben und lediglich als diffuses, intuitives »Gefühl«
aufscheinen. Er kann aber auch völlig bewusst werden, sodass wir exakt wissen, was in uns und unserem Gegenüber gerade vorgeht.
Selbstwahrnehmung und Menschenkenntnis sind eine Sache der Übung. Je mehr man mit sich selbst vertraut ist, desto besser erfasst
man auch andere.
Es gibt also ein ganzes System an Spiegelzellen, das gemeinsam in Aktion tritt. Wir können uns mit seiner Hilfe an eigene
Erlebnisse |143| erinnern oder sie uns vorstellen. Und wir können über sie unmittelbar miterleben, wie es einem anderen Menschen geht, wenn
wir ihn sehen und hören. Wie kann nun das Gehirn unterscheiden, dass einmal ich es bin, der alles erlebt, und ein anderes
mal jemand, den ich nur betrachte? Ganz geklärt ist diese Fähigkeit noch nicht, doch Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren
lassen annehmen, dass die Selbstwahrnehmung mehr in der linken, die Fremdwahrnehmung mehr in der rechten Gehirnhälfte stattfindet.
Bei
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