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Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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An der Tätigkeit für die «medicilose» Republik allein kann es nicht gelegen haben, dann hätte das gesamte Personal ausgewechselt werden müssen; Marcello Virgilio Adriani aber durfte bekanntlich bleiben. Machiavelli war nach dem Sturz Savonarolas, des geschworenen Feindes der Medici, aufgerückt, was eigentlich für ihn sprach. Der Aufbau der Miliz, der auf seine Initiative zurückging, war nicht speziell gegen die Medici gerichtet. Texte, in denen er mit dieser Familie und ihrem Wirken in Florenz abrechnete, waren zu diesem Zeitpunkt nicht veröffentlicht. Andererseits war der Zweite Kanzler für seinen ätzenden Witz berühmt und berüchtigt. Neider in der Kanzlei und Feinde unter den Patriziern hatte er sich dadurch mit Sicherheit gemacht. Die Medici hatten gute Informanten, ihnen dürfte so manche mündliche Äußerung zugetragen worden sein.
    Mit dem Amt verlor Machiavelli sein Einkommen, was das Leben für die große Familie in Anbetracht schmaler Besitztümer und geschrumpfter Reserven schwierig machte. Doch das war nur der Anfang eines unaufhaltsamen Abstiegs. Am 10. November 1512, nur drei Tage nach seiner Amtsenthebung, wurde Machiavelli dazu verurteilt, eine Bürgschaft von 1000 fiorini für künftiges Wohlverhalten zu stellen, anderenfalls drohte ihm eine einjährige Verbannung ins florentinische Landgebiet. Diese Summe überstieg seine Vermögensverhältnisse, doch sprangen drei – leider namentlich nicht bekannte – Freunde ein und stellten die Kaution.
    Aber damit nicht genug. Am 17. November verbot ihm die – ganz und gar von den Medici abhängige – Stadtregierung, den Regierungspalast auch nur zu betreten. Das war eine gezielte Diskriminierung, die weitere Demütigungen nach sich ziehen sollte. Machiavelli hatte noch öffentliche Gelder in seinem Besitz, die nach den Truppenanwerbungen im Sommer 1512 übrig geblieben waren. Um darüber Rechenschaft ablegen zu können, musste er sich zu den Regierenden begeben und daher jedes Mal eine Aufhebung des Verbots beantragen. Dass man seine Abrechnungen mit Argusaugen überprüfte, verstand sich von selbst. Dass man dabei nicht den geringsten Fehlbetrag feststellte, spricht für den Ruhmestitel, den Machiavelli lebenslang für sich in Anspruch nahm: unbestechlich zu sein. Damit war er eine bemerkenswerte Ausnahme. Gerade die Kriegsfinanzierung bot beste Gelegenheiten, um sich persönlich zu bereichern.
An meiner Uneigennützigkeit und Glaubwürdigkeit darf niemand zweifeln. Denn da ich mein Wort bislang immer gehalten habe, werde ich jetzt nicht lernen, es zu brechen. Wer 43 Jahre lang gut und ehrlich gewesen ist, wird seine Natur nicht mehr ändern. Für meine Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit zeugt meine Armut.[ 54 ]
    So beschrieb sich Machiavelli selbst in einem Brief an Francesco Vettori vom 10. Dezember 1513. Das waren stolze Sätze eines Mannes, der nach eigenem Geständnis Florenz mehr als seine Seele liebte. Die neue «Republik» unter faktischer Leitung der Medici liebte er hingegen nicht. Doch wie weit reichte diese Abneigung? War Machiavelli zuzutrauen, dass er sich Kreisen anschloss, die eine Verschwörung gegen die neuen Machthaber vorbereitete?
    Die Antwort auf diese Frage sollte innerhalb kurzer Zeit über Sein oder Nicht-Sein entscheiden. Wie nach jedem politischen Umsturz planten die Verlierer, die nicht in der Verbannung oder im Gefängnis waren, ihre Gegenmaßnahmen. Die Häupter der Unzufriedenen waren Agostino Capponi, ein Patrizier aus einer der führenden Familien, doch ohne großen persönlichen Einfluss, und der weit weniger prominente Pietropaolo Boscoli. Dieser war ein glühender Verehrer Savonarolas und missbilligte die Herrschaft der Medici als Rückfall in Unmoral und Dekadenz. Der Sturz des Regimes war für ihn daher eine gottgefällige Tat. Welchen der «Tyrannen» die beiden ermorden wollten, Kardinal Giovanni oder Giuliano, ist unklar, doch spricht manches für Giuliano. Bevor sie zur Tat schritten, stellten die beiden Verschwörer im Februar 1513 eine Liste von Personen auf, deren oppositionelle Haltung zu den Medici bekannt gewesen sein dürfte. Diese Aufstellung fiel der florentinischen Staatspolizei der Otto di Guardia in die Hände. Sie umfasste achtzehn Personen; auf Platz sieben stand Niccolò di Bernardo Machiavelli.
    Die Fahndung nach den Staatsfeinden wurde sofort eingeleitet, doch an der Tür der bescheidenen Casa Machiavelli im Stadtteil Oltrarno klopften die Häscher vergeblich. War Machiavelli in

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