Macht nichts, Darling
allgemeine Heiterkeit aus, aber Sally erklärte ernsthaft, das Zeitungsinserat damals habe sie so gerührt, daß sie die Bitte des Einsamen spontan erfüllt hätte. »Das ist nun zwei Jahre her«, fügte sie kleinlaut hinzu, »und wir korrespondieren immer noch. Und das Luftpostporto geht schrecklich ins Geld.«
»Wie alt ist dieser einsame Matrose?« erkundigte sich Hugh mit merklichem Interesse.
»Oh, noch ganz jung, aber er hält mich für eine alte Dame. Seine Oma war gerade gestorben, als er das Inserat aufgab, und deren Platz habe ich nun eingenommen.«
»Wird eine schöne Bescherung sein, wenn er eines Tages bei dir auf taucht.«
»Das ist zum Glück unmöglich. Sein Schiff kommt nie nach Neuseeland. Aber er freut sich so sehr über jeden Brief. Ich bemuttere ihn gewissermaßen und gebe ihm immer gute Ratschläge.«
»Sally, Sally«, mahnte Trevor, »sei vorsichtig. Deine brieflichen Schützlinge werden sich eines Tages unter deine Fittiche flüchten wollen wie die Küken unter die Glucke.«
»Keine Gefahr! Der einsame Seemann kann nicht, und Onkel Aloysius sitzt weit vom Schuß in Australien. Zum Reisen ist er zu alt, und Geld hat er wahrscheinlich auch keins.«
Alle waren sich einig über Sallys lobenswerte Gutmütigkeit, und es blieb Hugh überlassen, ihre sanfte Selbstzufriedenheit wieder zu erschüttern. Er wartete nur den nächsten Tanz ab, um ihr ins Ohr zu murmeln: »Wie geht es deinem Bräutigam? Auch so einer von deinen Schützlingen... Aber diesmal hast du mit deiner guten Tat ein bißchen danebengehauen, wie mir scheint.«
Sally mußte die leicht vergiftete Pille wohl oder übel schlucken. Aber da Hugh an diesem Abend sonst sehr nett und aufmerksam war, störte es ihre angenehmen Empfindungen nicht weiter. Die übrige Gesellschaft war sowieso reizend, und sie bedauerte nur, daß die Moores sich früh verabschieden mußten. Trevor erklärte, seine Kusine käme morgen früh mit dem Flugzeug aus England, und er müsse zeitig aus den Federn, um sie abzuholen.
Sallys Neugier war augenblicklich wach. Sie begleitete Alice in die Garderobe und fragte sie aus. »Was ist das für eine Kusine? Ist sie nett und jung?«
»Ich weiß nicht. Sie ist nur Trevors Kusine zweiten Grades, ich kenne sie nicht persönlich. Nach dem Foto scheint sie recht hübsch zu sein. Und sie schreibt, daß sie ganz wild darauf ist, das Leben in Neuseeland im allgemeinen und unsere riesigen Schaffarmen im besonderen kennenzulernen.«
»War sie vielleicht in England auch schon auf einer Farm?«
»Sie hat mal eine Obstplantage und eine Meierei besichtigt, soviel ich weiß. Aber sie wohnt in London und sehnt sich dauernd nach der unendlichen Weites wie sie sich ausdrückt. Klingt ein bißchen nach Spleen.«
Aber Sally war bereits Feuer und Flamme. »Ach, Spleen oder nicht — Hauptsache, sie ist wild aufs Landleben. Alice, diese Kusine ist uns vom Himmel geschickt!«
»Vom Himmel? Wieso? Offengestanden, ich graule mich ein bißchen vor ihr.«
»Für Simon, meine ich natürlich. Sie ist doch genau das, was wir brauchen: jung, hübsch und versessen aufs Land, obwohl sie London kennt. Endlich die richtige Frau für Simon — nach dieser gräßlichen Elizabeth mit ihrem Stadt- und Kulturfimmel.«
»Aber Sally, du kannst doch nicht — «, begann Alice lachend und hielt inne. Es war aussichtslos, Sallys Feuereifer dämpfen zu wollen, solange sie der Meinung war, Simon damit helfen zu können.
Später, als auch Sally sich verabschiedete, ging Hugh mit ihr hinaus. »Ich will mich nur überzeugen, daß deine alte Karre anspringt«, erklärte er gönnerhaft.
»Mein Wagen mag seine Fehler haben, aber anspringen tut er immer«, beteuerte Sally stolz. Aber sie hatte diese Tugend zu früh gerühmt, denn als sie auf den Starter drückte, war ein unangenehmes Zischen das einzige Resultat. Sie mühte sich eine Weile vergeblich, stieß ein tiefgefühltes »Verdammt noch mal!« aus und bat schließlich: »Schiebe mal nach, Hugh. Dumme alte Karre. Sie kann nicht vertragen, wenn man sie lobt.«
Hugh gönnte sich den kleinen Hieb, daß sie mit dem Mund ja immer vorneweg sei, schob aber dann gutwillig und nach besten Kräften, und da Mr. Lawrences Haus leicht erhöht stand, waren seine Mühen erfolgreich. Der Wagen bewegte sich und kam ins Rollen — nur sprang der Motor leider trotzdem nicht an. Kaum wurde die Straße wieder eben, so blieb der Wagen schwer und endgültig stehen und zeigte nicht die geringste Absicht mehr, seine Besitzerin
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