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Macht: Thriller (German Edition)

Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David G.L. Weiss
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Privatschüler auf Abwegen. »Bruder« hier, »Bruder« da, trotzdem wirkten sie wie Muttis Lieblinge. Szombathy verkniff sich ein Lachen, schüttelte den Kopf und lugte zurück zur letzten Hausecke. Zwei breitschultrige Typen in dunklen Anzügen blieben wie angewurzelt stehen, ein weißer und ein schwarzer.
    Der Dunkelhäutige tat völlig unbeteiligt. Seiner Provinzposse fehlte nur noch, dass er zu pfeifen anfing. Der Weiße war nicht viel talentierter. Er juckte sich am Hinterkopf und fand das Schaufenster neben ihm plötzlich hoch interessant. Nur blöd, dass da ein Wirtshaus war, und es hinter der Scheibe außer leeren Tischen und Stühlen nichts zu sehen gab.
    Gernot vermied jeden Augenkontakt und machte Meter so schnell es ging. Den Impuls draufloszurennen, gestattete er sich nicht. Szombathy überwachte seine Schritte, das Vor und Zurück seiner Schuhe. Er hatte das Gefühl, trotz aller Anstrengung auf der Stelle zu treten. Der Pulsschlag hämmerte gegen sein Innenohr, und das Hemd wurde nass vom Schweiß. Es war wie im Albtraum. Gernot hob den Kopf, stierte vorwärts und wurschtelte sich an den Entgegenkommenden so höflich es ging vorbei. Die U-Bahn-Station kam näher.
    Die Fußgängerampel über den Mariahilfer Gürtel sprang auf Rot, und der Verkehr brauste auf drei Spuren nordwärts vorbei. Gernot fluchte. Er schob sich an den Luftguckern vorbei und bearbeitete den Druckknopf auf dem Ampelmast, um das Verkehrslicht wieder zum Umschalten zu drängen. Nichts geschah. Außer, dass die Blechlawine auf der Fahrbahn wegen Überlastung zum Erliegen kam. Pkws und Kleinlaster standen kreuz und quer auf dem Zebrastreifen. Rien ne va plus!
    Gernot sah sich nach allen Seiten um. Keine Spur von den Schlipsträgern. Aber er war überzeugt, dass sie noch da waren, versteckt in irgendeinem Hauseingang. Er fasste den Entschluss, sprang auf die Fahrbahn und schlängelte sich durch Motorhauben und Heckklappen auf die andere Seite. Anfahrende Autos bremsten, Hupen blökten und Fäuste und Mittelfinger wurden aus Seitenfenstern gestreckt. Gernot strebte unbeirrt weiter. Er überquerte die Straßenbahnschienen und pferchte sich durch die Schwingtüren in das Jugendstilgebäude zwischen den Stadtbahnbögen.
    An den Aufgängen zu den Gleisen zögerte Gernot einen Moment. Er fand es schließlich taktisch klüger, nicht erwartungsgemäß heimwärts zu fahren, sondern erst einen Zug in die Gegenrichtung zu nehmen und zu checken, ob ihm wirklich jemand folgte.
    Im Stiegenaufgang stockten auf halber Höhe seine Schritte. Da war wieder diese Ahnung in seinem Nacken. Mit flauem Magen drehte er sich um. Die Anzugträger nahmen die ersten Stufen nach oben.
    Donnergrollen wurde laut, und Gernot hastete weiter. Eine U-Bahn fuhr in die Station ein. Die Wagentüren gingen auf, und ein Schwall Passagiere ergoss sich auf den Perron und die Stufen hinunter. Über die Schulter verfolgte Gernot, wie die zwei Männer auf der linken Seite der Stiege nach oben wollten. Beide pflügten gegen den Strom, dann wurden sie von der Woge Menschen erfasst und mitgespült. »Bitte rechts gehen«, kommentierte Gernot süffisant, sprintete über den Bahnsteig und sprang durch die sich schließende Tür in den nächstbesten Waggon. »Zurücktreten, bitte. Zug fährt ab!«, krächzte es aus den Stationslautsprechern. Die U-Bahn fuhr los.
    Szombathy presste sein Gesicht gegen das Fenster in der Tür. Das Schachbrettmuster des Stationsbodens und die Gusseisensäulen der Bahnsteigüberdachung huschten vorbei. Der Blick zurück auf den entvölkerten Bahnsteig zeigte die Anzugträger. Mit wilden Gesten verliehen sie ihrem Ärger Ausdruck, die U6 nach Floridsdorf verpasst zu haben.
    Gernot ließ die Schultern hängen, grinste und wischte mit dem Sakkoärmel den Dampffleck weg, den er an die Tür geschnauft hatte. Vielleicht war alles nur Einbildung, bloßer Zufall, und er wurde gar nicht verfolgt. Aber Gabriel war tot. Und das war eine Tatsache.
    Szombathy hangelte sich von Haltegriff zu Haltegriff durch die U-Bahngarnitur. Die anderen Fahrgäste wandten ihre Augen wieder von ihm ab, vertieften sich aufs Neue in ihre bunten kleinformatigen Gratiszeitungen. Andere schwelgten mittels Kopfhörern oder Handydisplays sowieso in anderen Sphären. Gernots Minute war verstrichen. Er ließ sich auf den freien Sitzplatz neben einem Mädchen mit schwarzen Lippen und lila Haaren plumpsen und lächelte sie an.
    Das Mädchen erwiderte sein Lächeln, und das Metall um und in ihrem

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