Macht: Thriller (German Edition)
wieder aus Lilly rauskam, bezweifelte Josephine angesichts des Astronauten und der Mandalas aber immer mehr. Immerhin hatte das Mädchen auch Gabriels Nachricht geschrieben. Gabriel musste einen besonderen Draht zu Lilly und in ihre für Außenstehende verschlossene Welt gehabt haben. Was Gabriel gewusst hatte, wusste das Kind, und umgekehrt. Das hatten mittlerweile auch Gabriels Mörder begriffen. Der Schlüssel zu Gabriels Geheimnis steckte in dem blonden Kopf des Mädchens! Warum sonst hätten sie Lilly entführen oder töten wollen? Lilly jetzt auf sich allein gestellt zu lassen, erschien ihr falsch und grob fahrlässig. »Sie sind mit Lilly überfordert?!«
»Mein Mann und ich … Mein Mann und ich … Wir haben Angst vor ihr!« Oma Gerber schluchzte. Sie schnellte vor und hielt mit beiden Händen Josephines Finger umklammert. »Bitte! Bitte, denken Sie jetzt nichts Schlechtes über uns!«
»Das steht mir nicht zu.« Josephine streifte Frau Gerbers Hände ab, stand auf und trat ans Fenster. »Die letzte Entscheidung trifft der Chefinspektor. Soviel ich mitbekommen habe, möchte er Lilly und Sie in das Zeugenschutzprogramm aufnehmen.«
33
I an Thorpe trat auf die Stumpergasse hinaus und sah sich nach allen Seiten um. Das Taxi, das ihm Wotruba hatte rufen lassen, wartete bereits. Thorpe hastete über den Gehsteig vor der Polizeiinspektion und schlüpfte durch die Lücke zwischen den parkenden Autos. Er öffnete die Hintertür und ließ sich auf der Beifahrerseite in die Lederpolsterung fallen. »Zum Naturhistorischen Museum!« Thorpe kontrollierte die Rück- und Seitenspiegel. Aus den Boxen leierte orientalische Musik. »Bitte, machen Sie das leiser! Oder doch besser ganz aus!« Thorpe spähte aus dem Heckfenster. Die Polizeiinspektion wurde immer kleiner, nichts Verdächtiges war zu sehen. Traffic as usual . Thorpe hörte den Taxilenker murren. Der Sikh nuschelte etwas in seinen Bart, aber die Sitar-Klänge verstummten.
» Dhanwaad! «, sagte Thorpe.
» Not at all!« Der Sikh zeigte seine weißen Zähne. Der Akzent seines Fahrgastes war unverkennbar. »Sie sind Amerikaner? Und Sie sprechen Panjabi?«
»Sprechen, mein Freund, ist übertrieben, wie Sie selbst hören können. Man kommt halt so rum in meinem Job.« Thorpe machte eine wegwerfende Handbewegung und machte es sich bequem.
» You fool me once, shame on you. You fool me twice, shame on me! « Aiakos startete den Motor des Golfklasse-Mietwagens in der Allerweltsfarbe, legte den ersten Gang ein und folgte dem Taxi. Er konnte sich Zeit lassen, die Mercedes E-Limousine mit den gelb-violetten Werbefolien von Radio Wien an jeder Seite war nicht so leicht aus den Augen zu verlieren. Wie hatte die Type von der Mietwagenfirma noch gemeint? »Schauen Sie, wenn ich einen Mercedes fahren will, nehm ich mir ein Taxi!« Aiakos schmunzelte, drehte das Radio lauter und trommelte den Takt auf das Lenkrad. Ja, ja, so war das eben: Andere Länder, andere Sitten! In Wien waren Taxis weder einheitlich eierschalenfarben noch Yellow Cabs . Das sollte Ian das nächste Mal bedenken, wollte er hierzulande diskret unterwegs sein. Sofern es für Thorpe überhaupt ein nächstes Mal gab. Die Zeichen für den Ami standen grade ziemlich schlecht.
Das Taxi bog aus der Bellariastraße in die Nebenfahrbahn am Burgring ein. Aiakos blieb an der Kreuzung stehen und wartete an der Haltelinie eine Ampelphase ab. Bei Burgring 7, dem Seiteneingang des Naturhistorischen Museums, stieg Thorpe aus und begrüßte eine Brünette, die Bürokleidung trug. Die Ampel sprang wieder auf Grün. Zwei Autos zurück hämmerte jemand auf die Hupe. Aiakos hatte genug gesehen und fuhr weiter auf die Ringstraße. Er umrundete via Doktor-Karl-Renner-Ring und Volksgartenstraße das Palais Epstein und lenkte den Mietwagen in die Parkgarage unter dem Museumsquartier gegenüber den zwei großen Museen am Maria-Theresien-Platz.
Aiakos stellte den Wagen ab und holte sein iPad aus dem Handschuhfach. Er aktivierte den Web-Browser, loggte sich in das mSpy Control Panel ein, öffnete das Fenster mit dem Dashboard und klickte in der Menüleiste auf » View Location «. Das GPS-Tracking in Echtzeit begann. Thorpe und sein Smartphone bewegten sich innerhalb des Naturhistorischen Museums. Aiakos durchsuchte die Protokolle und Aktivitäten von Thorpes BlackBerry und konnte nachlesen, dass die Brünette Ulrike Moosbrugger hieß, für die Abteilung Archiv und Wissenschaftsgeschichte arbeitete und Thorpe vor einer Stunde
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