Macht und Rebel
fernhalten. Spürt denn sonst niemand dieses Unbehagen, wenn er dasitzt und kaut und kaut und schluckt und schluckt? Wenn er mehrmals pro Tag irgendwelches organische Material in sich hineinstopft? Rebel findet, das gagging der Pornoindustrie ist die gültigste Gesellschaftsmetapher der Jetztzeit. Ja, es erscheint ihm als eine Metapher, dass all diese Sachen irgendwo reingestopft werden, wo sie nicht hingehören. Er spürt zu jeder Zeit die Allgegenwart des todöden, halbschlappen, heterosexuellen Penis, zu jeder Zeit, sogar in seiner eigenen Speiseröhre. Anyway; hier bitte, er wacht auf:
Ich wache um zwei Uhr nachmittags auf, nach einem halben Tag (der Nacht hätte sein sollen) mit vollkommen abgefahrenen, wilden Naziträumen. Ich kann mich wirklich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so viel am Stück gelesen habe. Von ein Uhr nachts bis sieben Uhr früh habe ich Mein Kampf gelesen. Tolle Lektüre. Muss ich sagen. Fühlte mich – wie soll ich sagen – zum ersten Mal seit Jahren »inspiriert«. Ich war so begeistert, dass ich ein paar von seinen Reden im Netz zusammensuchte, sie las und jede Menge Ideen für Reden hatte, für die ich seine nur umzuschreiben brauchte. Danach überraschte ich mich insinnig, denn ich SCHRIEB nicht nur zwei Reden, sondern DRUCKTE sie auch aus und LAS sie durch, OHNE dass mir allzu übel wurde. So viel Aktivität, es war fast, als träte ich aus mir heraus und sähe mir von oben zu. Man glaube es oder nicht. Aber wenn man auf Sätze wie diese:
Anders aber ist dies bei einem Reiche, das aus nicht gleichen Völkern zusammengesetzt, nicht durch das gemeinsame Blut als vielmehr durch eine gemeinsame Faust gehalten wird.
… oder auf diese:
Ist nicht jede geniale Tat hier auf dieser Welt der sichtbare Protest des Genius gegen die Trägheit der Masse?
… oder auf Äußerungen wie diese:
Es gibt Wahrheiten, die so sehr auf der Straße liegen, dass sie gerade deshalb von der gewöhnlichen Welt nicht gesehen oder wenigstens nicht erkannt werden. Sie geht an solchen Binsenwahrheiten manchmal wie blind vorbei und ist auf das höchste erstaunt, wenn plötzlich jemand entdeckt, was doch alle wissen müssten. Es liegen die Eier des Kolumbus zu hunderttausenden herum, nur Kolumbusse sind eben seltener anzutreffen.
So wandern die Menschen ausnahmslos im Garten der Natur umher, bilden sich ein fast alles zu kennen und zu wissen, und gehen doch mit wenigen Ausnahmen wie blind an einem der hervorstechendenen Grundsätze ihres Waltens vorbei: der inneren Abgeschlossenheit der Arten sämtlicher Lebewesen dieser Erde.
Schon die oberflächliche Betrachtung zeigt als nahezu ehernes Grundgesetz all der unzähligen Ausdrucksformen des Lebenswillens der Natur ihre in sich begrenzte Form der Fortpflanzung und Vermehrung. Jedes Tier paart sich nur mit einem Genossen der gleichen Art. Meise geht zu Meise, Fink zu Fink, Feldmaus zu Feldmaus, Hausmaus zu Hausmaus, der Wolf zur Wölfin usw.
… aufbauen kann, so wird doch ganz offensichtlich noch der leerste Geist, die ausgehöhlteste Persönlichkeit mit Schaffensdrang geboostet. Mein Post-Millenniums-Hirn schnallt gar nicht ganz, was mir da passiert ist.
Ich feiere meine Naziträume, indem ich eine Maschine Kaffee aufsetze. Zum ersten Mal seit langem. Die Kaffeemaschine war letzthin nicht zugänglich, wegen der von der Scheißsalatgurke im Abfall ausgelösten Paranoia. Ich HÄTTE das Grundprinzip begreifen müssen: Essen gehört in den Mund, NICHT in den Hintern. Dieser Logik zuwiderzuhandeln, rächt sich eben. Feldmaus mit Feldmaus.
Jetzt merke ich es zwar nicht, da ganz offenbar ICH die Ursache des Problems bin, aber als ich gestern zur Tür hereinkam, nachdem ich mit Fotti über Politik gesprochen hatte, und bevor ich anfing, Mein Kampf zu lesen, merkte ich, dass in meiner Wohnung ganz genau die Art Geruch herrscht wie in der Männersauna, wenn da ein Häufchen Männer über sechzig zusammenhockt und wonach riecht, ja, nach Altmännerhintern, EGAL wie sauber und frisch geduscht sie sind. Das war deprimierend. Mich beschlich der Verdacht, jene Salatgurke habe irgendwie meine Wände mit Darmgeruch imprägniert, aber ich wehrte ihn ab und versuchte, der Wahrheit ins Auge zu sehen: Gurke oder nicht Gurke, meine Wohnung würde GARANTIERT stinken, und wenn ich auch mit Dr. Schneider Geruchskillertampons in sämtlichen Körperöffnungen herumliefe, zu jeder Tages- und Nachtzeit – nein, warum es weiter leugnen: Ich bin
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