Macht und Rebel
dreihundertfünfzig Teenies hüpfen zu irgendwelchem deutschen Techno herum; Macht, der Deutsch versteht, hört voller Interesse, dass die Musik was mit analen Freuden zu tun hat. Das fröhliche Arschloch lautet der Titel.
»Wir kriechen alle miteinander der Gegenwart in den Arsch«, denkt er.
Thong Jr. fühlt sich hier weniger zu Hause als Thong, man darf nicht vergessen, dass sie noch neu in der Gang und außerdem etwas jünger als das Publikum hier ist; das ist Thong zwar auch – also jünger –, aber die hat sich hier schon die eine oder andere Nacht vergnügt. Insgesamt wirken Macht und Rebel als Einzige wirklich fehl am Platze. Sie sind zehn Jahre älter als die Veranstalter, ein paar agile Einwandererjungs voller Community spirit mit dichtem Haar und sauberer Kleidung. Thong taucht in die Teeniemenge ein, um ihren Job zu erledigen, Jr. bleibt bei Macht und Rebel und sieht sich das Ganze vom Rande her an.
»Leute in deinem Alter, Thong, höchstens vierzehn, genauso sauer wie du, mindestens siebzig, auf keinen Fall weniger als siebzig, ja!«, ruft Macht ihr noch nach, als sie in der Menge verschwindet; er zuppelt Jr. im Takt am Pferdeschwanz, während er das sagt. Thong selbst hatte die Idee, im YOUTH AND ME »auf die Weide« zu gehen. Macht hatte sie gefragt, in welchem Jugendclub am meisten »Drogenhandel, Überdosen und Problemkids« zu finden wären, und Thong zögerte zwischen dem YOUTH AND ME und dem 6TEEN66 (das die Veranstalter nach dem Great Fire of London so getauft hatten, damit es richtig »heiß« wird), dann hatte sie entschieden, dass sie im YOUTH AND ME »am meisten Dope gekauft und die meisten Überdosen und das meiste Gevögel gesehen« hatte. Damit stand die Wahl fest.
Thong ist mindestens eine Dreiviertelstunde unterwegs, während Thong Jr., Macht und Rebel sich neben dem Eingang langweilen. Sie trinken drei Cola, teilen sich eine Tüte Chips und sehen den Jugendlichen zu, die hin und her raven. Thong enttäuscht sie nicht. Als sie aus dem Teenie-Meer zurückkehrt, hat sie mit Hilfe der Kontakte ihrer Problemfreundinnen (Rebel kennt ein paar noch vom Picknick) und einer obskuren SMS-Buschtrommelaktion neunundsiebzig sexuell gestörte Mädchen von höchstens vierzehn Jahren rekrutiert. Macht freut sich tierisch und gibt ihr zum Dank einen Zungenkuss, beugt sich zu ihr runter und legt seinen Kopf an ihren, sieht Rebel und Thong Jr. an und zitiert zum Spaß mit gespielter Teenie-Stimme Bakunin:
»No theory, no ready-made system, no book that has ever been written will save the world. I cleave to no system. I am a true seeker.«
Jr. kichert. Dann kriegt Thong noch einen Zungenkuss, und jetzt langt es ganz offensichtlich den pakistanischen Veranstaltern, denn einer von ihnen kommt drohend auf die Gruppe zu, was Macht dazu nutzt, sich als »Onkel zweiten Grades« der Mädchen vorzustellen, wonach er dem Veranstalter fünf Freikarten für DJ Bad Index' Schlachthauskonzert schenkt, für das ABSOLUT NIRGENDS AUCH NUR EINE KARTE ZU KRIEGEN IST.
Zu Hause stellt Macht fest, dass die Verantwortlichen von WEB CAM(BODIA) ihren kleinen Porno großartig finden und Teenage Sodomy and Immigrant Violence Against Globalization an dem betreffenden Tag mehr als gern unterstützen wollen.
»It's right up your alley … or, more precisely … it's gonna be right up THEIR alley«, schreiben sie in ihrer Antwortmail an Macht und bitten um weitere Informationen zwecks Vorbereitung. Macht antwortet, sie bekämen noch heute Abend das geplante T.S.I.V.A.G.-Pamphlet und einen detaillierten Zeitplan geschickt, samt allen Daten bezüglich des Überwachungsnetzwerks im PAYPLUG-Gebäude (der arme Cato hat das schließlich und endlich Fatty komplett schicken können, und der hat es an Macht weitergeleitet). Rebel und die Mädchen sitzen auf dem Designersofa und blicken auf den Riesenfernsehbildschirm.
»Was für einen Film wollt ihr, Mädels? Es wird scheißlangweilig für euch, wenn Rebel und ich arbeiten«, sagt Macht. Er steht schon in der Tür, hat die Schuhe an, fertig für einen Abstecher zur Videothek.
»Ahhh … wills'n kucken?« Thong sieht ihre Schwester sauer an.
»Ahhh … weiß nich … egal«, antwortet Jr.
»Bring einfach was … weiß nich … was Gutes«, sagt Thong.
»Ihr müsst doch wissen, was ihr sehen wollt«, sagt Macht.
»Nein … sag du was!« Thong stößt ihre Schwester in die Seite.
»Ahhh … The Dentist … «, sagt Jr.
»Also gut, The Dentist, wird gemacht!«, sagt Macht
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