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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Benden
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begann sich zu bewegen.
    „Jetzt!“ , hörte sie Hoggis Gedankenstimme.
    Victoria ließ Lenirs Gedanken und Gefühle in sich aufsteigen. Nach und nach bettete sie sie behutsam in Kerstins Geist. Gebannt beobachtete sie die Reaktion ihrer Freundin während dieses Vorgangs. Mit jeder weiteren Empfindung von Lenir entspannte sich Kerstins Miene zunehmend.
    Als die Übertragung vollständig abgeschlossen war, bat Victoria Narex, den Schlafzauber noch weiter zurückzunehmen. Sie senkte ihre eigenen Barrieren, um jede Gefühlsregung ihrer Freundin mitzubekommen und reagieren zu können.
    Nach ein paar Minuten öffnete Kerstin schläfrig ihre Augen und schloss sie wieder. Ihr Gesicht war weich, ja fast schon heiter, als sie ihre Augen erneut öffnete und schlaftrunken murmelte: „Mann, Vici – hatte ich vielleicht einen tollen Traum: Lenir liebt mich doch. Es war sooooo schön!“
    Narex hielt Kerstin in einem leichten Dämmerzustand.
    Das war eine wahre Meisterleistung, denn nach all den Stunden Schlaf in den vergangenen Tagen drängte ihr Bewusstsein mit Macht an die Oberfläche.
    Kerstin grinste selig. Lenirs Gefühle blieben präsent. Sie fanden ihre Entsprechung in ihren eigenen.
    Victoria lächelte und fragte: „Weißt du noch, was du mir damals vorm Kino beim Sushi Essen von der absoluten Liebe erzählt hast?“
    Kerstin war wirklich noch nicht wach und murmelte wohlig: „Hmmmm, nicht so wirklich…“
    „Na, die Vampirgeschichte mit der wahren Liebe“, half ihr Victoria auf die Sprünge.
    „Hmmmhmm, ach ja…“ Dann lächelte Kerstin verträumt. „Genau so fühlte sich mein Traum an... zu schade, dass er schon vorbei ist…“
    „Das war kein Traum, das ist die Wahrheit“, bemerkte Victoria ernst und bat Narex: „Nimm den Zauber jetzt ganz von ihr.“
    Kerstins Blick wurde klarer. „Kein Traum?“, fragte sie noch leicht verwirrt.
    Victoria schüttelte den Kopf. „Nein, kein Traum! Lennard liebt dich wirklich genau so, wie du es gerade fühlst… Er würde es dir gern selbst sagen.“
    Jetzt war Kerstin ganz wach. Ein Teil von ihr war wieder voller Misstrauen und wollte sofort weg von hier. Doch der andere Teil sehnte sich nach Lennard – und setzte sich durch. Sie blieb. Vorerst.
    „Wo ist er?“, fragte sie vorsichtig.
    „Weißt du das nicht?“
    Kerstin konzentrierte sich. Dann sah sie Victoria verwundert an. „Er steht im Flur … und hat Angst?“
    Victoria nickte. „Ja, er hat Angst. Angst davor, dass du ihm nicht zuhörst. Angst davor, dass du ihn nicht willst.“
    Kerstin sah sie mit großen Augen an.
    „Redest du mit ihm? Bitte!“, bat Victoria eindringlich.
    „Aber ich wollte doch weg von hier…“ , drängte sich der argwöhnische Teil Kerstins in den Vordergrund.
    Victoria sah ihre Freundin nachdrücklich an. „Wenn du mit ihm geredet hast und danach noch immer von hier weg willst, dann sorge ich dafür, dass du gehen kannst.“
    Mit diesem Versprechen lehnte sich Victoria verdammt weit aus dem Fenster. Sie hoffte inständig, dass Kerstin es nicht einfordern würde, doch sie schwor sich, es zu halten. Auf keinen Fall würde sie ihre Freundin den Goldenen auf einem silbernen Tablett servieren.
    Kerstin blickte Victoria prüfend an und suchte in ihren Augen nach Falschheit oder Verrat.
    Als sie nichts fand, nickte sie langsam. „Einverstanden“, sagte sie leise.
    Vom Flur war Lenirs unterdrückter Freudenschrei zu hören.
    Drei Herzschläge später betrat er nervös den Raum. Er wollte um keinen Preis der Welt noch einen Fehler machen.
    Er sagte nichts und lächelte sie nur schüchtern an.
    Kerstin lächelte zurück. Die eigenen Gefühle für Lennard ließen ihre Knie weich werden. Sie glaubte zu träumen und fürchtete sich vor dem Erwachen. „Dann steht bestimmt wieder der Lennard von Montag vor mir und sagt, dass er nicht mit mir zusammen sein kann.“
    Lenir schüttelte sacht seinen Kopf. „Das wird nie wieder passieren“, versprach er ihr ernst. Er griff scheu nach ihren Händen und flüsterte: „Kerstin, ich liebe dich mehr als mein Leben.“
    Als sich ihre Hände berührten, breitete sich ein wohliges Kribbeln in Kerstin und Lenir aus, das Victoria nur allzu vertraut vorkam und Erinnerungen wachrief.
    „Genauso war es bei uns auch“ , hörte sie Jaromirs zärtliche Stimme in ihrem Geist.
    Victoria lächelte, schirmte sich wieder ab und wandte sich zum Gehen.
    „Du siehst schlecht aus“, bemerkte Kerstin besorgt.
    „Konnte nicht schlafen“, antwortete Lenir rau.

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