Machtlos
die Runde, „wollen wir es darauf ankommen lassen oder wählen wir den sicheren Weg?“
„Sicher würde ich nicht gerade sagen“ , mischte sich Abrexar ein. „Wenn sich herausstellen sollte, dass Noran recht hat, dann nimmst du uns den wirkungsvollsten Schutz, indem du die Zahl der Gefährten klein hältst. Falls die Tore sich tatsächlich öffnen, wer soll sie dann wieder versiegeln?“
„WIR!“ , gab Jalina entschlossen zurück. „Unsere Zahl ist groß. Wir sind nicht geschwächt wie vor siebenhundert Jahren. Und wir müssen uns nicht erst formieren. Es gibt eine Prophezeiung, meine Freunde.“ Sie hielt kurz inne und fuhr dann mit tragender Gedankenstimme fort: „«Wenn das unfassbare Dunkel nach uns greift, wird das Licht der Versammlung heller strahlen und uns den Weg aus der Finsternis weisen.» … Schon einmal hat der Große Rat der Goldenen euch aus der Finsternis geführt und ich verspreche euch heute, dass wir das wieder tun werden!“
48. Der Atem des Todes
Abrexar saß mit Mandolan, Narex, Hoggi und Lenir am Tisch des weißen Salons. Kerstin wachte an Victorias Bett über die Gefährten. Es war Mittwoch, der Tag nach der Versammlung der Drachen. Keiner der fünf hatte Alberts köstliches Frühstück angerührt, während Abrexar von der Sitzung berichtete.
Der alte Schwarze rieb sich müde die Augen. „Immerhin hat Noran darauf bestanden, Benan und Naira mitzunehmen. Jalina wollte das erst nicht zulassen, doch Noran verwies darauf, dass jedes Volk das Recht hat, seine Angelegenheiten selbst zu regeln und Benan ist ein Weißer. Jalina wollte es nach ihrer gelungenen Machtdemonstration gestern wohl auf keine Niederlage ankommen lassen.
Sie hat den Notstand nicht wieder aufgehoben und ich vermute, dass sie auch nicht vorhat, das in den nächsten Wochen zu tun. Sie wird diese Zeit nutzen, um sich noch stärker in die Belange der Völker einzumischen. Da aber zurzeit keine unmittelbare Gefahr besteht, muss sie sehr vorsichtig sein. Wenn ihre Entscheidungen jetzt zu einschneidend sind, werden sich die Drachen wehren. Natürlich hat sie deutlich gemacht, dass sie Norans Entscheidung, Benan und Naira an ihrer Bindung arbeiten zu lassen, für gefährlich hält. Jalina ist ganz sicher noch nicht fertig mit den Gefährten.“
„Und was können wir dagegen tun?“, fragte Lenir kämpferisch. Er würde sich niemals von Kerstin trennen lassen.
Abrexar lächelte traurig. „Im Moment können wir gar nichts tun. Es ist Jalina gelungen, unter den Drachen großes Misstrauen zu säen. Sie hat die alte Angst vor den Dämonen so geschürt, dass viele von ihnen alles tun würden, nur um sicherzustellen, dass sie nicht von den dunklen Wesen heimgesucht werden. Wenn Jalina ihnen weismachen würde, es könnte helfen, bei Vollmond wie ein Huhn zu gackern, dann würde in diesen Nächten bald niemand mehr schlafen können.“
Er zuckte hilflos mit den Schultern. „Nein Lenni, aktiv etwas tun können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Wir müssen warten, bis sich die Wogen geglättet haben und die Drachen wieder für vernünftige Argumente zugänglich sind.
Meine Leute sind im Dauereinsatz. Sie sammeln so viele Informationen, wie sie können und verbreiten dezent die Wahrheit über den Zustand der Tore, um die Drachen zu beruhigen. Doch das braucht Zeit und wir müssen genau wissen, wie die Stimmung ist, um den richtigen Moment zum Gegenangriff abzupassen.“
„Gegenangriff?“, fragte Mandolan hoffnungsvoll, „Hast du endlich etwas gefunden, was die Glaubwürdigkeit der Goldenen erschüttern könnte?“
Abrexar schüttelte den Kopf. „Nein, leider noch nicht. Ich habe zwar jede Menge Vermutungen, doch kann ich keine davon beweisen. Nach der Sitzung hat sich der Widerstand in den Ruinen der schwarzen Zitadelle getroffen, um sich neu zu formieren. Wir haben Jahrhunderte lang recherchiert und gesammelt – irgendeine These wird sich beweisen lassen. Auch da sind meine Leute dran. Wir werden etwas finden.“ Seine Stimme klang nicht so zuversichtlich, wie sie hätte klingen müssen.
„Und was ist mit Victoria?“, fragte Hoggi leise.
Abrexar seufzte tief. „Offiziell an eine grüne Heilerin zu kommen, ist nach gestern ausgeschlossen.“
„Dann hat uns Lexia also tatsächlich verraten“, stellte Mandolan ruhig fest.
„Es sieht danach aus“, gab Abrexar zu. „Sie wird hier so schnell wohl nicht mehr auftauchen. Jedenfalls hat mir einer meiner Agenten berichtet, dass sie nach ihrem Bericht bei ihrer
Weitere Kostenlose Bücher