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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Benden
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gewesen. Victoria hatte ihm später erzählt, dass er so etwas wie Respekt für die Gegner, insbesondere für Jaromir, empfunden hatte und Tylarr seine Niederlage gönnte. Er war eher einer von der ruhigeren Sorte, wenn so etwas bei den Roten überhaupt gab.
    Grimmarr bemerkte Abrexars Blick und deutete lächelnd auf Krann. „Darf ich dem Truchsess der Schwarzen meinen neuen Adjutanten vorstellen? Das ist Krann. Aber du kennst ihn ja sicher … Ich dachte mir, es kann nicht schaden, wenn ein junger König einen erfahrenen Berater hat.“ Dann sah er Abrexar wieder an und fragte: „Und was sagst du zu unserem Angebot?“
    „Was?“, fragte Abrexar irritiert. Er hatte sich von Krann so ablenken lassen, dass er gar nicht bemerkt hatte, dass ihm die drei Krieger anboten, Victoria ihre Astralkraft zu spenden. Ohne Bedingungen. Ohne Hinterhalt. Ohne Haken.
    Abrexar meinte nachdenklich: „Dein Angebot ist uns sehr willkommen. Aber dir ist schon klar, dass du dich damit nicht gerade beliebt bei Jalina machst.“
    Grimmarr lachte schallend. „Alter Knabe, wir stehen beide ganz oben auf ihrer Abschussliste. Oder beanspruchst du den Platz etwa für dich allein? So schnell wirst du mich da nicht los, denn Jalina hat schon vor Wochen beschlossen, dass ich kuschen oder verschwinden muss. Da ich nicht vorhabe zu kuschen…“
    Er grinste lässig und zwinkerte Abrexar zu. „Ich vertraue darauf, dass sie in der Prophezeiung einen Übersetzungsfehler hat und dass es nicht «das Licht der Versammlung», sondern «das Licht der Verbindung» ist, was uns aus der Finsternis führt. Also, wo darf ich meine Astralenergie spenden?“
    Abrexar nickte und deutete auf das Herrenhaus. „Kommt mit. Hoggi wird dankbar sein, denn ihr verschafft ihm etwas Zeit.“
    Grimmarr sah ihn fröhlich an und meinte: „Ich kann noch mehr von meinen Jungs schicken… Es haben sich etliche freiwillig gemeldet, nachdem mein Entschluss bekannt wurde. Ich wollte nur nicht mit einer halben Armee hier auftauchen… dachte, das könnte für Verwirrung sorgen.“
    Abrexar lächelte müde. „Ein weiser Entschluss, Grimmarr. … Wir könnten vier Rote pro Stunde brauchen, später dann auch gern mehr.“
    Jegliche Belustigung wich aus Grimmarrs Gesicht.
    „Und du hast recht, Grimmarr“, meinte Abrexar trocken. „Ich habe die vier Nächte seit dem Angriff nicht mehr geschlafen – ich bin wohl etwas dünnhäutig.“
    Besorgt betrachtete Hoggi Victorias regungsloses Gesicht. Er zog seine goldene Taschenuhr aus der Westentasche: zehn Uhr. Es war Mittwochabend. Der Unfall war jetzt fünf Tage her. Victorias Körper war am Ende. Die Astralenergie floss nun fast genauso schnell aus ihrem Körper, wie die Roten sie hineinpumpten. Der letzte Spender hatte gerade leise die Tür hinter sich geschlossen. „Naja, zumindest hat er versucht, sie nicht zuzuknallen.“ Der nächste würde in wenigen Minuten kommen.
    Hoggi lächelte. „Es ist ja merkwürdig und ich weiß, dass es nicht sein kann, aber ich kann mich des Eindrucks nicht verwehren, dass die Energie, die die Roten spenden, wilder ist als die von den anderen. Und Tujanas grüne Kraft war sanft und beruhigend. Meine Energie schien fast schon neugierig in die Zellen zu strömen und die von Lexia war irgendwie gebieterisch. Die Kraft des Blauen hat Victorias Meridiane gekühlt und die der Schwarzen war von bedingungsloser Treue.“ Er kicherte und schüttelte seinen Kopf. „Ich werde wohl so langsam verrückt! Energie ist Energie, egal von wem sie kommt. … Und doch…“
    Er schloss seine Augen. Als er sie schließlich wieder aufschlug, blickte er durchs Fenster nach draußen in die Dunkelheit. Heute war der erste Dezember und der erste Schnee rieselte. Ungewollt zuckten die Bilder vom Tag des Unfalls durch seine Erinnerungen: Victoria wie sie von Schneeflocken umtanzt wurde und dann noch immer brennend in Jaromirs Vorderläufen zusammensackte. Entsetzen keimte wieder in ihm auf. „Ich war überzeugt, sie wäre tot.“
    Er seufzte und sah zu Jaromir rüber. Der Junge war seit dem Vormittag nicht mehr erwacht. „Vielleicht ist das auch besser so. Wenn mein Zauber nicht gelingt, dann treiben die beiden einfach sanft rüber zu den Ahnen. Sie haben schon so viel kämpfen müssen. Viel zu viel für so junge Leute. Sie haben ihren Frieden verdient.“
    Dann holte er tief Luft und schüttelte entschlossen die düsteren Gedanken ab. Er griff nach Victorias Hand und sagte streng: „Nein, meine Schülerin, heute wird

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