Machtlos
herausfinden, wie ihm das gelungen war. Was diese Sache anging, hatte Abrexar bisher keine Verbindung zu Jalina oder einer anderen Goldenen finden können, aber das hatte nichts zu sagen.
Als Lenir später zur täglichen Besprechung des Terminplans den weißen Salon betrat, erschrak Victoria. Jaromirs bester Freund war angespannt. Er wusste genau, dass Kerstin gestern in diesem Raum gewesen war. Allein schon dieses Wissen erweckte in ihm eine tiefe Sehnsucht. Er wirkte verhärmt und abgekämpft. „Wo ist der lebenslustige, übermütige, immer gut gelaunte Lenni geblieben, den ich vor ein paar Monaten kennengelernt habe?“ , fragte Victoria sich traurig. Lenirs Gefühle strömten trotz seines verzweifelten Versuchs, sich abzuschirmen, zu ihr herüber und machten ihr Herz schwer.
Sie konnte sich nicht auf die Termine konzentrieren, die Lenir gerade vorgelegt hatte.
Sie sah sein Leid und dachte an das von Kerstin. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus und sagte leise: „Lenir, ich weiß, dass du nicht darüber reden willst. Ich sehe, dass du krampfhaft an alles andere denkst und ich werde mich hüten, deinen Geist nach Informationen zu durchsuchen. Aber ich will dich verstehen. Warum weist du Kerstin zurück? Sie will dich! Du willst sie! Warum tust du euch beiden das hier an?“
Lenir stand erstarrt vor ihr und erwog ernsthaft, sich einfach umzudrehen und zu fliehen.
Doch dann sackte er in sich zusammen. Als er den Kopf wieder hob, war sein Gesicht vor Schmerz verzerrt. Er stieß gepresst hervor: „Du hast gut Reden, Victoria! Euch schützt das unbrechbare Versprechen. Doch was wäre mit uns? Glaubst du etwa, sie würden uns auch so ein Versprechen geben? Wohl kaum! Ich habe gesehen, wozu die Goldenen und die Roten fähig sind. Ein Gefährtenpaar ist schon mehr, als sie ertragen können – ein zweites werden sie zu verhindern wissen.“ Bitterkeit lag in seinen Worten.
Er atmete tief ein und fuhr dann mühsam beherrscht fort: „Kerstin muss leben. Darum kann ich nicht mit ihr zusammen sein – ich will, dass sie lebt. Glaube mir, Victoria, würde ich auch nur den Hauch einer Chance verspüren, dass sie die Beziehung mit mir heil überstehen könnte, dann würde ich keine Minute zögern und mich ihr offenbaren! Aber das würde ihr Leben kosten. Da ich nicht mit ihr zusammen sein kann, bleibt mir nur sicherzustellen, dass es ihr gut geht. Sie wird irgendwann über mich hinwegkommen.“
Die letzten Worte hatte er mehr hervorgewürgt, als gesprochen. Victoria waren seine Gefühle voll entgegengeschlagen. Sie brachte keinen Ton heraus und still liefen ihr die Tränen über die Wangen.
Ohne ein weiteres Wort verließ Lenir den Raum.
Als die Tür des Salons zuklappte, nahm Jaromir seine schluchzende Gefährtin in die Arme. Er beruhigte sie mit dem Distanzierungszauber, aber die Traurigkeit blieb.
Weder Jaromir noch Victoria wussten, wie sie ihren Freunden helfen konnten.
Für den Rest des Tages schwebte das Problem mit Lenir und Kerstin über den Gefährten. Weder die Audienzen noch die Unterrichtsstunde bei Hoggi konnten Victoria ablenken. Zum Glück war ihr Mentor an diesem Tag so zerstreut, dass er nichts bemerkte.
Beim Erstellen der Gästeliste oder dem Entwurf der Einladungskarten war Victoria gar nicht richtig bei der Sache und kam entsprechend schlecht voran.
Nachmittags baten sie Albert zu sich in den weißen Salon und eröffneten ihm, dass sie die Hochzeit gern im Haus Brookstedt feiern wollten.
Jaromir sah seinen Butler ernst an. „Wir können selbstverständlich einen Cateringservice engagieren, es sei denn, du würdest die Bewirtung gern übernehmen.“
Alberts Augen wurden groß.
Victoria fügte schnell hinzu: „Sie bekommen natürlich Unterstützung und können so viele Köche und Servicekräfte einstellen, wie Sie für nötig erachten.“
Albert war sprachlos und hatte für einen Moment aufgehört zu denken. Jaromir legte dem erstarrten Butler die Hand auf die Schulter und sagte verständnisvoll: „Und wir sind dir wirklich nicht böse, wenn dir das zu viel sein sollte. Victoria wollte dich sowieso lieber auf die Gästeliste setzen.“
Da erwachte der Butler aus seinem Schockzustand und krächzte: „Gästeliste? Ich soll auf die Gästeliste? ... Was soll ich denn auf einer Gästeliste?“
Die Gefährten sahen, dass seine Verwirrung echt war. Er liebte seinen Job aus tiefster Seele und empfand es als Degradierung, nur eingeladen zu sein.
Jaromir grinste. „Hab ich es dir nicht
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