Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
zurück. Wer zudem ständig über seinem Limit beansprucht wird, der baut ab und ist irgendwann ausgebrannt. All das ist bekannt und doch ist es oft außerordentlich schwer, dagegen anzugehen. Denn die Ursachen sind meist tief in die Arbeitsabläufe und die Organisationskultur eingewoben und lassen sich nicht mal eben durch den erklärten Willen eines Vorgesetzten aus der Welt schaffen. Doch dann sollten Sie als Vorgesetzter wenigstens nicht dazu beitragen, dass die Überlastung weiter zunimmt.
In den Graben fahren
Sie haben Ihrem Chef gründlich erklärt, wie Sie die Sache sehen: Warum es keine gute Idee ist, so vorzugehen, wie er es plant. Sie haben gute Gründe vorgebracht, stichhaltige Argumente, Tatsachen. Er hat sich alles angehört, verständnisvoll genickt, Ihnen sogar zugestimmt – und dann weicht er doch keinen Millimeter von seinem ursprünglichen Plan ab.
Oder Ihr Chef ist "ein harter Hund". Er trifft seine Entscheidungen grundsätzlich, ohne Sie auch nur anzuhören. Denn seine Mitarbeiter betrachtet er als seine natürlichen Feinde, womit er mittlerweile sogar Recht haben könnte. Er verkündet: "Ab morgen wird das so und so gemacht. Noch Fragen?"
In solchen Fällen behelfen sich Mitarbeiter gerne mit dem Spiel "In den Graben fahren". Dabei geht es darum, die Pläne ihres Vorgesetzten so umzusetzen, dass sie scheitern. Mit andern Worte: sie genau so umzusetzen, wie er es vorgeschrieben hat. Manche nennen dieses Spiel auch "Dienst nach Vorschrift" und es ist eine der schlimmsten Demütigungen, die ein Mitarbeiter seinem Vorgesetzen zufügen kann, weil er damit nämlich zum Ausdruck bringt: "Ich erfülle alle Ihre Anweisungen und werde die Sache dadurch zum Scheitern bringen. Wenn Sie sich über meinen Willen hinwegsetzen, sind Sie machtlos."
Der Vorgesetzte hat es so gewollt
Das Unangenehme für den Vorgesetzten: Weil sich der Mitarbeiter nur an seinen Anweisungen und Vorschriften orientiert, wird es schwierig mit dem "Schuldschieben". Der Mitarbeiter hält sich ja gerade an das, was ihm sein Chef aufgetragen hat. Bitte, er hat es doch "so" gewollt. Also soll er es auch "so" bekommen.
Der Mitarbeiter nimmt gewissermaßen die Hände vom Steuer und lässt den Dingen ihren Lauf. Er verzichtet darauf, noch korrigierend einzugreifen, sozusagen gegenzusteuern, was jeder mitdenkende Mitarbeiter tut, wenn er sich im Einklang mit den Planen seines Chefs empfindet. Ich habe es schon angesprochen: Im extremen Fall muss er sogar Regeln verletzten und mehr oder minder eigenmächtig handeln, um noch im Sinne seines Chefs zum Ziel zu kommen. Das hat nichts mit Eigensinn und Aufsässigkeit zu tun, sondern im Gegenteil, der Mitarbeiter reagiert flexibel im Sinne seines Chefs und behält das Wesentliche im Auge. Führt sein Verhalten zum Erfolg, wird sein Chef das in der Regel höher einschätzen, alswenn er nur dem gefolgt wäre, was ihm ausdrücklich aufgetragen wurde. "Solche Mitarbeiter brauchen wir", wird der Vorgesetzte sagen, "Leute, die mitdenken."
Richtet der Mitarbeiter hingegen mit seiner eigenmächtigen Abweichung Schaden an, dann kann er im Zuge des "Schuldschiebens" sofort die Verantwortung aufgeladen bekommen. Ist der gute Wille erkennbar, dann kann sich der Vorgesetzte noch schützend vor seinen Mitarbeiter stellen: "Ich weiß, Sie haben es gut gemeint, Herr Möbius. Aber das nächste Mal tun Sie doch einfach, was ich Ihnen sage." Und mit überlegenem Lächeln fügt er hinzu: "Ich habe mir nämlich schon etwas dabei gedacht."
Beim "In den Graben fahren" ist es aber nun gerade andersherum – zum Nachteil des Vorgesetzten. Der Mitarbeiter hält sich raus, er tut nichts, um die Sache zu einem guten Ergebnis zu führen, also wird sie scheitern, und dieses Scheitern bleibt an keinem anderen als dem Vorgesetzten kleben.
Warum der Vorgesetzte scheitern muss
Doch wieso muss die Sache überhaupt schiefgehen? Könnte es nicht sein, dass der Chef doch Recht hat, dass sein Plan besser und durchdachter ist als das, was dem Mitarbeiter vorschwebt? Selbstverständlich könnte das sein. Der Haken bei der Sache ist nur, dass dies oft wenig ändern wird. Er wird mit seinem Vorhaben dennoch scheitern. Der Grund dafür ist, dass sich der Mitarbeiter heraushält, dass er keinen Millimeter von den Anweisungen seines Chefs abweicht. Dass er eben nicht mehr mitdenkt und nachjustiert. Darüber hinaus gibt es Bereiche, die der Chef nicht kontrollieren kann, "Zonen der Ungewissheit", wie sie die Organisationsforscher
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