MacKenzie 01 - Der Verfuehrer Im Kilt
jetzt nicht mehr liebevoll getragen und gehalten, sondern lag auf einem Bett von solch exquisiter Weichheit, dass es nur eine Wolke sein konnte.
Es war bestimmt ein Traum.
Aber auch ein Albtraum, denn die gespenstische Gestalt des zweiköpfigen Mannes erschien wieder, und wenn auch nur in den dunkelsten Nischen ihres Geistes.
In der Hoffnung, dieses Furcht erregende Bild zu vertreiben, rollte sie sich im Bett zusammen und hielt die Augen fest geschlossen. Sanfte Hände berührten sie, strichen manchmal über ihre Stirn oder hielten igendetwas, das sich kühl anfühlte, an ihre Wangen.
Wer immer es auch sein mochte, hob hin und wieder ihren Kopf an und träufelte kühles Wasser auf ihre ausgedörrten Lippen. Oder half ihr, kleine Schlucke Wasser zu trinken, bis Schlaf sie wieder übermannte.
Und dann versank sie noch tiefer in der Dunkelheit und nahm von ihrer Umgebung nichts mehr wahr.
Die lodernden Flammen waren verschwunden. Ebenso die teuflische Gestalt mit den zwei Köpfen. Auch von dem Geschrei und den Flüchen war nichts mehr zu hören.
Nichts blieb, nur eine allumfassende Stille und die Dunkelheit.
Und das tröstliche Gefühl ihrer Hand, die schlaff und kalt zwischen zwei größeren, wärmeren Händen lag.
Starke Hände, sanft und tüchtig. Und auch vertraut erschienen sie ihr, diese Hände, und dennoch fremd/weil ihre Berührung ihr das unbestreitbare Gefühl vermittelte, dass dem Besitzer dieser Hände etwas an ihr lag.
Sehr viel sogar, denn wann immer sich der Nebel klärte, waren die Hände da. Oft hielten sie sie nur fest, und manchmal massierten sie ihre Finger, wie um die Kälte daraus zu vertreiben.
Einmal, als die Dunkelheit ein wenig nachließ, warf sie einen kurzen Blick auf den Besitzer dieser Hände. Es war Duncan, ihr Mann. Aber als sie noch einmal hinsah, ließ der Nebel sein Gesicht verschwimmen, so dass sie sich nicht sicher sein konnte.
Mit einem Seufzer, der so schwach war, dass sie ihn selbst nicht hörte, überließ sie sich der Dunkelheit. Es war angenehm und ungefährlich, durch eine Traumwelt zu schweben, in der ihr Ehemann über sie wachte.
Eine Welt, in der er ihre Hände in seinen hielt und sie zärtlich streichelte.
Als würden sie geliebt.
Als würde sie geliebt.
Aye, für eine kleine Weile zumindest würde sie in diesem Niemandsland bleiben, zwischen dem Ort, woher ihre Visionen kamen, und der kalten, erbarmungslosen Welt, in der sie nicht mehr war als eine Ehefrau, die zwar begehrt, aber nicht geliebt wurde.
Das beschlossen, ließ sie sich in die weiche Federmatratze ihres Bettes sinken - denn sie wusste natürlich, dass es ein Bett und keine Wolke war - und genoss die liebevollen Aufmerksamkeiten ihres Mannes, der neben ihr saß und sie umsorgte, als empfände er etwas für sie.
Als liebte er sie.
Ein zufriedener kleiner Seufzer entfloh ihren Lippen, als er plötzlich wieder ihre Finger zu reiben begann. Sie würde ihn morgen, wenn ihr Kopf nicht mehr so benebelt war, vor dem Mann mit den zwei Köpfen warnen.
Aber vorher würde sie so lange wie nur möglich seine überraschend sanften Berührungen genießen.
Morgen war noch Zeit genug.
Niemand könnte etwas daran auszusetzen haben, wenn sie sich ein paar Stunden das Gefühl gönnte, so zu tun, als liebte ihr Mann sie.
14
Linnet erwachte in einem Raum, der in Halbdunkel gehüllt war. Schwaches Sonnenlicht sickerte durch die geschlossenen Fensterläden und warf lange blaugraue Schatten auf den Boden und die Tapisserien an den Wänden. Offenbar war es später Abend. Gütiger Himmel, sie hatte aber viele Stunden geschlafen seit ihrer erschreckenden Vision im Arbeitszimmer!
Ein leerer Stuhl stand neben ihrem Bett, ein stummes Zeugnis dafür, dass wirklich jemand dort gesessen, ihre Hand gehalten und sie getröstet hatte, als sie so unruhig geschlafen hatte, gequält von Albträumen von einem zweiköpfigen Mann, umringt von Flammen.
Könnte diese mitfühlende Seele, die sich so liebevoll um sie gekümmert hatte, ihr Mann gewesen sein?
Sie wagte es kaum zu hoffen.
War Duncan MacKenzie, der Furcht erregende, mächtige Schwarze Hirsch von Kintail, überhaupt zu solch enormer Sanftheit fähig? Oder machte sie sich etwas vor und versuchte nur, ihre vagen Erinnerungen an die dunklen Stunden nach der gespenstischen Vision ihren geheimsten Wünschen anzupassen?
Sie setzte sich im Bett auf, rieb ihre pochenden Schläfen und versuchte, nachzudenken. Konnte Duncan wirklich so besorgt um sie sein? Oder hatte sie
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