MacKenzie 02 - Bittersuesse Qual Der Liebe
sehnsüchtigen Verse herzukommen schienen. Er entdeckte sie sofort, trotz der Dunkelheit der tiefen Fensterlaibung, in der sie saß, an den Saiten einer Laute zupfend und leise singend ... so wie sie es nachts so oft getan hatte während ihrer viel zu kurzen Ehe. Arabella.
Bekleidet mit dem pelzbesäumten Morgenmantel, den er ihr erst vierzehn Tage vor ihrem Tod geschenkt hatte, ihr schimmerndes schwarzes Haar ungeflochten, saß seine vor langer Zeit zu Grabe getragene Gemahlin dort und klimperte auf ihrer Laute und sang für ihn.
Kannst du den Tag vergessen,
den Tag, an dem wir -?
Doch ich bin eine Närrin, Geliebter,
denn leider
ist dieser Tag verblichen und verflossen.
Mit wild pochendem Herz ging Marmaduke auf sie zu, zutiefst erschüttert darüber, wie sein Herz Arabellas langes schwarzes Haar durch seidig schimmernde Locken ersetzte, die wie gesponnenes Gold aussahen.
Selbst seine Ohren verrieten ihn, indem sie danach strebten, sanftere, weichere Töne zu hören als die etwas kehligen und heiseren, die aus der dunklen Ecke kamen.
Nicht minder verräterisch war auch sein brennender Wunsch, sie aufschauen und ihn aus saphirblauen Augen anblicken zu sehen. Doch die Augen, die ihren Blick zu ihm erhoben, als er die kleine Fensternische erreichte, waren dunkel.
Die dunklen Augen eines Mannes.
James warf ihm einen mürrischen Blick zu, drehte sich dann auf dem gepolsterten Sitz der Fensterlaibung um und kehrte Marmaduke den Rücken zu, um auf die bleigraue, unendlich weite See hinauszustarren.
Auf der gegenüberliegenden Fensterbank legte Lady Rhona ihre Laute nieder. »Sir«, begrüßte sie Marmaduke, mit einem Lächeln, das ebenso freundlich war wie James' starrer Rücken abweisend.
»Mylady.« Marmaduke nickte ihr zu, noch viel zu verwirrt von dem, was nur ein grausamer Streich gewesen sein konnte, den ihm das Licht gespielt hatte, um mehr als einen bloße Höflichkeitsgruß zu äußern.
Nicht halb so anmutig und auch bei weitem nicht so schön, wie Arabella es einst gewesen war, zog die Gesellschafterin seiner zukünftigen Gemahlin den Mantel über ihren etwas molligen Schenkeln glatt. »Euer Mann, Sir Lachlan, schlummert tief und fest in den Gemächern des verstorbenen Lord Keith«, sagte sie. »Wir haben etwas Saft aus grünem Salat in seinen Wein gegeben, um ihm das Einschlafen zu erleichtern. Seine Wunde werde ich später neu verbinden.«
»Gebt Acht, dass Ihr ihn nicht zu sehr verwöhnt.« James fuhr zu ihr herum und warf ihr einen missbilligenden Blick zu. »Er hat schließlich nur eine kleine Fleischwunde.«
»Das mag ja sein, aber es gibt Momente, in denen Männer einfach verwöhnt werden wollen«, gab sie mit einem vorwurfsvollen Blick auf ihn zurück. »So wie es andere Momente gibt, in denen ein derartiges Verwöhnen völlig unangebracht wäre.«
James starrte sie mit schmalen Lippen an. Marmaduke würdigte er keines Blickes, was diesen freilich überhaupt nicht störte. Das unheimliche Prickeln in seinem Nacken war noch immer viel zu stark, um die unterschwelligen Spannungen zwischen der Freundin seiner zukünftigen Ge mahlin und Dunlaidirs glutäugi gem Erben zu beachten.
Sehr viel beunruhigender war für ihn der kurze Blick zurück auf längst vergangene Zeiten, die er lieber für immer vergessen hätte.
Er schluckte, um den bitteren Geschmack aus seiner Kehle zu vertreiben, betrachtete Rhona versonnen und versuchte, sich darüber klar zu werden, was über Arabellas Lieblingslied hinaus solch schmerzliche Erinnerungen an eine andere Zeit in ihm geweckt haben mochte.
Es war wirklich merkwürdig, denn abgesehen von dem dunklem Haar ähnelte Rhona seiner verstorbenen Gemahlin kein bisschen.
»Es ist gut, dass Ihr gekommen seid, Mylord«, wandte sie sich an ihn, und ihre glühenden Wangen und James Keiths finstere Miene schienen darauf hinzudeuten, dass sie wohl noch etwas anderes getan hatten, als Laute zu spielen und Lieder zu singen, bevor sie von ihm unterbrochen worden waren.
»Meine Herrin braucht schon lange einen Beschützer«, fügte sie mit einem raschen Blick auf James hinzu. »Ich wusste, dass ihr Schwager uns einen kühnen Ritter in glänzender Rüstung und mit einem guten Schwert bewaffnet schicken würde. Einen furchtlosen Krieger...«
»Bei Gott und allen Heiligen!« James sprang auf. »Müsst Ihr mich bis an die Grenze meiner Geduld treiben? Einen kühnen, furchtlosen Mann in glänzender Rüstung!«, äffte er sie nach und griff so brüsk nach der Laute,
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