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Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Titel: Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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den Ästen der Bäume. In der Mitte eines jeden erschien Rodolphes Gesicht. Es wurden mehr und mehr, und sie kamen näher, drangen in sie; alles verschwand. Sie erkannte die Lichter der Häuser, die von fernher strahlten im Nebel.
    Ihre Lage tat sich ihr wieder auf, wie ein Abgrund. Sie keuchte, dass ihr die Brust fast zersprang. Dann, in einem heroischen Anfall, der sie beinah fröhlich stimmte, rannte sie den Hügel hinab, ging über den Steg für die Kühe, den kleinen Pfad, die Allee, die Markthalle, und stand vor dem Laden des Apothekers.
    Niemand war da. Sie wollte schon eintreten; doch beim Schellen der Glocke konnte jemand kommen; und durchs Gatter schlüpfend, den Atem anhaltend, die Mauern entlangschleichend, gelangte sie bis an die Küchenschwelle, wo auf dem Herd eine brennende Kerze stand. Justin, in Hemdsärmeln, trug gerade einen Teller hinaus.
    »Ah! sie sind beim Abendessen. Ich warte.«
    Er kehrte zurück. Sie klopfte ans Fenster. Er kam heraus.
    »Den Schlüssel! den von oben, wo die …«
    »Was?«
    Und er starrte sie an, verwundert über die Blässe ihres Gesichts, das sich weiß abhob vom schwarzen Hintergrund der Nacht. Sie dünkte ihn außergewöhnlich schön und erhaben wie ein Gespenst; ohne zu begreifen, was sie wollte, ahnte er Furchtbares.
    Doch sie drängte mit leiser Stimme, einer weichen, schmelzenden Stimme:
    »Ich will ihn! gib ihn mir.«
    Durch die dünne Wand hörte man das Geklapper der Gabeln auf den Tellern im Esszimmer.
    Sie behauptete, sie wolle Ratten umbringen, die raubten ihr den Schlaf.
    »Ich muss aber Monsieur holen.«
    »Nein! bleib hier!«
    Dann, in gleichgültigem Ton:
    »Ach was! das ist nicht nötig, ich sag’s ihm später. Komm, leuchte mir!«
    Sie trat in den Flur, von dem die Tür zum Laboratorium abging. An der Wand hing ein Schlüssel mit dem Schildchen Giftküche .
    »Justin!« rief der Apotheker ungeduldig.
    »Los!«
    Und er folgte ihr.
    Der Schlüssel drehte sich im Schloss, und sie lief schnurstracks zum dritten Wandbrett, so gut lenkte sie ihre Erinnerung, griff nach dem blauen Glasbehälter, riss den Deckel ab, tauchte ihre Hand hinein, zog sie gefüllt mit einem weißen Pulver hervor und begann gierig zu essen.
    »Halt!« schrie er und stürzte sich auf sie.
    »Sei still! sonst kommt jemand …«
    Er war verzweifelt, wollte rufen.
    »Sag ja nichts, sonst fällt alles zurück auf deinen Herrn!«
    Dann ging sie fort, mit einem Schlag besänftigt, und fast im heiteren Bewusstsein einer erfüllten Pflicht.

    Als Charles, fassungslos über die Nachricht von der Pfändung, heimgekehrt war, hatte Emma das Haus gerade verlassen. Er schrie, weinte, wurde ohnmächtig, aber sie kam nicht zurück. Wo mochte sie sein? Er schickte Félicité zu Homais, zu Monsieur Tuvache, zu Lheureux, in den Lion d’or , überallhin; und dazwischen, wenn seine Angst nachließ, sah er seinen Ruf zerstört, ihr Hab und Gut verloren, Berthes Zukunft ruiniert! Aus welchem Grund? … nicht ein Wort! Er wartete bis abends um sechs. Als er es nicht länger aushielt, und weil er sich einbildete, sie wäre nach Rouen gefahren, ging er schließlich hinaus auf die Landstraße, lief eine halbe Meile weit, begegnete niemandem, wartete und machte kehrt.
    Sie war zurück.
    »Was ist geschehen? … Warum? … Erklär’s mir! …«
    Sie setzte sich an ihren Sekretär und schrieb einen Brief, den sie langsam versiegelte, während sie noch Datum und Uhrzeit hinzufügte. Dann sagte sie in feierlichem Ton:
    »Lies ihn morgen; bis dahin, bitte, stell mir keine einzige Frage! … Nein, keine einzige!«
    »Aber …«
    »Oh! lass mich!«
    Und sie legte sich lang ausgestreckt auf ihr Bett.
    Ein bitterer Geschmack im Mund weckte sie. Verschwommen gewahrte sie Charles und schloss wieder die Augen.
    Sie belauerte sich neugierig, um zu merken, ob sie Schmerzen spürte. Nein! noch nichts. Sie hörte das Ticken der Pendeluhr, das Knistern des Feuers und Charles, der neben ihrem Lager stand und atmete.
    »Ach! so schlimm ist der Tod gar nicht!« dachte sie; »ich schlafe ein, und dann ist alles vorbei!«
    Sie trank einen Schluck Wasser und drehte sich zur Wand.
    Der scheußliche Tintengeschmack blieb.
    »Ich bin durstig! … oh! ich bin so durstig!« seufzte sie.
    »Was hast du bloß?« sagte Charles und reichte ihr ein Glas.
    »Nichts, gar nichts! … Mach das Fenster auf …, ich ersticke!«
    Und sie wurde von einer so plötzlichen Übelkeit befallen, dass sie kaum Zeit hatte, nach ihrem Taschentuch unterm

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