Madame Fabienne
Moment brauchen, um den Wagen zu wenden. Außerdem versperrte der Mercedes immer noch den Weg zum Tor. Würde er jetzt versuchen zu fliehen, wäre er wahrscheinlich zu langsam. Und Véronique hatte eine Pistole und könnte auf ihn schießen. Ob sie das machen würde?
Er sollte es besser nicht darauf ankommen lassen.
Aber mal angenommen, er könnte doch fliehen, wie wäre das denn danach? Würde die Polizei ihm glauben? Die beiden Frauen hatten ihn zum Zweifeln gebracht— die Lage war ziemlich schwierig. Verdammter Mist.
In der Diele brannte Licht, und der helle Schein fiel durch die offene Tür auf die Stufen. So könnte man ihn wahrscheinlich von der Schwanthaler Allee aus sehen. Er ging also zwei, drei Schritte zur Seite, damit er wieder im Dunkeln stand.
Es nieselte immer noch, und er spürte die Regentropfen auf seinem Gesicht.
Véronique erschien nun auf der Schwelle und warf ihm einen prüfenden Blick zu. Sie setzte sich ihre Schirmmütze auf und kam das letzte Stück zu ihm, "Los, mach schon." Sie wies mit dem Kopf auf den Audi, "Fahr den Wagen hinter die Villa."
Er nickte nur und glitt hinters Lenkrad. Véronique machte die Tür auf der Beifahrerseite auf und breitete eine graue Decke auf dem Sitz aus. Ob sie noch immer die Pistole bei sich hatte? Wahrscheinlich, aber vielleicht könnte er sie irgendwie überwältigen und fliehen.
Und selbst wenn, was wäre später? Irgendwann würden man die beiden Leichen finden, und was wäre dann? Könnte man sie mit ihm in Verbindung bringen? Würde man die beiden Frauen verhaften, fiele doch auch sein Name. Und dann? Könnte er den Leuten plausibel machen, dass er mit der Sache eigentlich nichts zu tun hatte. Eigentlich war es doch Notwehr gewesen.
Er stellte sich vor, wie er mit einem uniformierten Sheriff sprach. Der Mann hörte zu und runzelte die Stirn, manchmal machte der andere sich auch Notizen, aber er konnte nicht sehen, was da geschrieben wurde. Da lief doch irgendwas schief. Jean Claude fing an, mit den Händen durch die Luft zu fuchteln. Er wollte dem anderen erklären, dass Fabienne eine... eine...
Vor seinem geistigen Auge sah er wieder, wie Fabienne aus dem Dunkeln in den Streifen Licht trat: Es gab Blutflecke auf ihrer weißen Bluse, und ihre Augen loderten, als wären es Luken zu einem Ofen. Ihr Gesicht verzog sich zu einem hämischen Grinsen, und als sich ihr Mund öffnete, kamen diese langen Eckzähne zum Vorschein.
Ein Zittern lief ihm durch den Körper.
"Hej, was ist denn?"
Er konnte nichts sagen.
"Los, mach schon." Véronique saß auf dem Beifahrersitz und zeigte in die Richtung, in die er fahren sollte. "Die Zeit ist knapp."
"Alles klar", er nickte, Schweiß stand ihm jetzt auf der Stirn. Er stellte die Wischer ein und fuhr ganz langsam los. Die Scheinwerfer hatte er absichtlich ausgelassen, damit man sie nicht so einfach sehen konnte. Er wandte sich wieder an Véronique: "Wir werden Spuren auf dem Gras hinterlassen. Der Untergrund ist ganz nass von dem vielen Regen."
"Das lässt sich nicht ändern. Wichtig ist, dass..." Sie brach ab. Im Gesicht war sie auffallend blass, und sie sah gerade aus durch die Windschutzscheibe.
Ob sie das extra machte, um seinen Blick zu meiden. Er räusperte sich, "Wichtig ist, was?"
"Du weißt schon." Sie wies mit dem Kopf zur Villa, "Du weißt schon, was verschwinden muss."
Ja, das dämmerte ihm auch allmählich. Er lenkte den Audi weiter in den dunklen Garten hinein. Hier und da standen kahle Bäume, deren Äste und Zweige jetzt wie Gliedmaßen oder Knochen aussahen. Außerdem gab es noch die Flussnymphen, diese Skulpturen aus weißgrauem Marmor. Einige von ihnen starrten in ihre Richtung, aber er mied ihre Blicke. Am Nachthimmel zogen helle Wolkenfelder, und manchmal konnte man den zunehmenden Mond sehen.
Jean Claude ließ die Scheibe auf seiner Seite ein Stück weit nach unten, und wenn der Wind aufkam, trieb es feinen Regen auf sein Gesicht. Man konnte nun die Rückseite der Villa sehen: Im Salon brannte eine der Stehlampen und gab ein bisschen Licht. Fabienne erschien auf der überdachten Terrasse und zeigte ihm an, wie weit er noch nach hinten fahren konnte. "Stopp, das reicht."
Er stellte den Motor ab und stieg schließlich aus. Der Audi stand mit seinem Heck ganz nah bei der Glastür. Von der Straße oder von den benachbarten Häusern konnte man nicht hierher schauen. Niemand könnte beobachten, was sie in den Wagen einluden. So weit wäre es also geschafft, aber der schwierige Teil lag
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