Madame Fabienne
nicht auffallen. Es war nun notwendig, dass sie noch einen Moment Ruhe fand, um sich auf den Angriff vorzubereiten.
Nur so könnte sie stark sein.
Immer wieder fuhren Autos auf den Parkplatz, doch bisher wollten die meisten Leute gar nicht ins Hochhaus, sondern verschwanden in eine andere Richtung. Hoffentlich würde das auch so bleiben. Wo würde sie sich eigentlich mit Véronique treffen, falls etwas schief ginge? Das hatten sie gar nicht besprochen. In der Villa auf der Schwanthaler Allee standen noch ihre Koffer, zumindest einmal müssten sie also noch dorthin zurück; doch der Bungalow in Oppau wäre wahrscheinlich der bessere Treffpunkt.
Vielleicht sollte sie sich jetzt keine negativen Gedanken mehr machen; der Angriff würde gleich beginnen, und in ein paar Tagen hätte sie den Ärger und die Komplikationen wieder vergessen.
Sie müsste jetzt ruhig und entspannt sein. Einen Moment schloss sie die Augen und spürte dabei, wie ihr Atem tief in ihren Körper reichte. So könnte sie angreifen, so könnte sie kämpfen.
Sie sah wieder zu dem silbergrauen Mercedes: Véronique stieg nun auf der Fahrerseite aus und ging davon. Sie hatte ein schwarzes Hosenkostüm an und trug ihre roten Haare diesmal geschlossen.
Es kamen nun mehr Leute zum Eingang, und wenn jemand zu ihr sah, drehte sie sich halb weg, damit man nicht so gut ihr Gesicht sehen konnte. Hoffentlich könnte sich niemand an sie erinnern.
Ihr Handy fing nun an zu klingeln, und sie meldete sich gleich: "Ja?!"
"Achmet kommt." Véronique sprach leise, "Er fährt einen weißen Kombi."
"Ist er allein?"
"Ja."
"Gut. Bleib wachsam." Fabienne unterbrach die Verbindung, und gleich darauf konnte sie sehen, wie der Kombi heranfuhr und nah beim Hochhaus parkte. Sie schlenderte ein Stück vom Eingang weg, damit sie Achmet nicht auffiel. Sie stellte sich dicht an die Fensterfront und konnte den Parkplatz hinter sich gespiegelt auf der Scheibe sehen: Achmet stieg nun aus und strich sich mit einer Hand über seinen schwarzen Ledermantel. Was für Oberarme er hatte und wie groß sein Brustkasten war. Er ging zur Glastür, und als er schon hinein wollte, hielt er noch mal inne.
War sie ihm aufgefallen?
Offenbar, denn nun kam er in ihre Richtung: "Kann ich Ihnen helfen?"
Sie warf einen Blick über die Schulter, "Nein, nein, vielen Dank."
Er zögerte noch einen Moment und verschwand dann nach drinnen. Sie konnte sehen, wie er zu den Briefkästen ging und die Post holte. Als er beim Fahrstuhl wartete, sah er noch mal in ihre Richtung, doch sie wandte sich gleich ab, damit sich ihre Blicke nicht trafen.
Ob er sich für sie intressiert hatte? Vielleicht. Das hätte gerade noch gefehlt. Was sollte sie machen, wenn Hasan käme? Dann müsste sie wohl verschwinden.
Ihr Handy fing wieder an zu klingeln, und sie meldete sich gleich: "Ja?!"
"Es geht los. Sibel kommt mit einem Taxi. Sie ist allein."
"Gut. Sag mir Bescheid, wenn du Hasan sieht."
"In Ordnung."
Fabienne unterbrach die Verbindung und konnte gleich darauf das Taxi sehen. Es war ein beiger Mercedes, offenbar schon ein älteres Modell. Der Wagen fuhr in ihre Richtung und hielt nah beim Eingang. Auf der Rückbank saß eine Frau, die einen dunkelblauen Blazer trug. Sie hatte eine Aktentasche bei sich und war gerade dabei, in ihrem Geldbeutel nach Münzen zu suchen; offenbar wollte sie den Fahrer bezahlen.
Jetzt sah die Fremde auch für einen Moment in ihre Richtung, und sie konnte Sibel Gündesch erkennen. Endlich, der Angriff stand nun kurz bevor.
*
Didier machte den Reisekoffer auf und fing an zu packen. Wie lange würde es wohl dauern, bis der alte Gaston nach Ludwigshafen käme? Das hing natürlich davon ab, wann er losfahren würde. Und was wäre, wenn er schon in der Stadt war? Didier hielt abrupt inne und lauschte: Im Hotel blieb alles auffallend still, nur draußen brummte noch irgendwo ein Motor.
Er lief durch das Zimmer und spähte hinterm Vorhang nach unten auf die Seitenstraße. Gegenüber parkte gerade ein grüner Opel aus und fuhr davon. Man konnte sonst nur noch einen Passanten entdecken, einen alten Mann, der einen Stockschirm bei sich hatte. Graue Wolken zogen am Himmel, und wenn er sich jetzt richtig erinnerte, dann hatte man noch mehr Regen gemeldet.
Eigentlich sah alles aus wie sonst auch, oder etwa doch nicht? Natürlich, der alte Gaston war noch nicht in Lu, aber der würde kommen, und dann sollte er nicht mehr hier sein.
Irgendwie musste er ja geahnt haben, dass etwas Negatives
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