Madame Fabienne
ziehen. Sie wehrte sich, fing an zu schwimmen und konnte schließlich das Land erreichen.
Wie war sie nur in eine solch gefährliche Situation geraten? Daran konnte sie sich nicht erinnern. Aber jetzt hatte sie es ja geschafft, oder? Sie lag auf dem Rücken und sah, wie über ihr die grauen Wolken zogen. Wie sie auf einmal fror.
War da jemand?
Sie stand wieder auf, aber man konnte ringsum nichts und niemand sehen. Auf einmal entdeckte sie in der Ferne einen Punkt, der größer wurde und auf sie zukam. Es war ein langer Wagen, der ganz schwarz war und immer noch in ihre Richtung fuhr. Schade, dass man nicht erkennen konnte, wer darin saß. Irgendwie hatte sie ein ganz schlechtes Gefühl. Sie drehte sich um, aber hinter ihr war nur der graubraune Ozean.
Sie lief ein Stück davon, und ihre Füße hinterließen Spuren im nassen Sand. Der Wind kam wieder auf und fuhr ihr durch die Haare. Wo war sie hier nur? Schließlich sah sie noch mal zurück, und nun konnte sie das dunkle Auto besser erkennen: Es war ein Leichenwagen. Der Fahrer hielt nun, und auf beiden Seiten gingen die Türen auf— man war hinter ihr her.
Sie drehte sich um und fing an zu laufen, und als sie stolperte und auf den nasskalten Sand fiel, da wachte sie auf.
Sie lag immer noch in dem halbdunklen Schlafzimmer und starrte an die Decke. Man hörte nur, wie draußen der Regen prasselte. Ganz langsam kam sie wieder auf die Beine und setzte sich auf den Stuhl vorm Spiegel: Was hatte der Traum nur zu bedeuten? Sie schloss eine Hand mehrmals zur Faust: Immerhin hatte der Schlaf ihr neue Kraft gegeben.
Gut.
Wie lange hatte sie wohl hier auf dem Boden gelegen? Wahrscheinlich nur zwanzig Minuten. Wo blieb nur Véronique? War da was?
Sie hielt inne und lauschte: Ihre Armbanduhr tickte, und draußen prasselte der Regen. Aber da war noch was: Etwas hatte sie geweckt, offenbar ein Geräusch. Waren das Schritte? Jemand war ins Haus eingedrungen, oder?
Sie lief nach draußen auf den Flur und lehnte sich mit beiden Händen aufs Geländer. Drei Männer kamen gerade die Treppe nach oben. Da bloß eine Deckenleuchte brannte, gab es nur ein schwaches Licht. Sie konnte aber trotzdem erkennen, wer die anderen waren: Jean Claude ging voraus, und auf seinem Gesicht sah man, dass er litt.
Didier Malvault folgte ihm und hielt ihm eine Pistole an den Kopf. Seine schwarzen Augen brannten, und eine Haarsträhne klebte ihm auf der verschwitzten Stirn. War er verrückt geworden? Offenbar. Den dritten kannte sie auch, aber sein Name fiel ihr jetzt nicht ein. Er war ein übler Typ und gehörte zu den Leuten, die für den alten Gaston arbeiteten. Was für eine kalte Aura von ihm ausging, der Kerl war gefährlich.
Die drei Männer blieben nun auf der Treppe stehen, und Didier starrte sie an. Als er sprach, verzog sich sein Gesicht zu einer Grimasse: "Endlich, Fabienne. Endlich."
Sie war in Gefahr und müsste Véronique zu Hilfe rufen, aber wahrscheinlich wäre dies nicht möglich, weil ihre Gedanken vom dichten Regen geschluckt würden. Sie saß hier also in der Falle, oder? So sah es jetzt zumindest aus. Aber was könnte sie denn sonst tun? Sie müsste Zeit gewinnen, irgendwie.
22
Jean Claude saß im Wagen auf der Rückbank und versuchte, den anderen unauffällig zu beobachten. Der Typ hatte immer noch eine Pistole in der Hand und starrte durch die Seitenscheibe. Die Lage war bedrohlich für ihn, und er müsste versuchen zu fliehen, irgendwie.
Dieser Hector fuhr den Audi nun bis zum Eingang und schaltete dann den Motor aus. Niemand sprach, und man hörte nur, wie der Regen prasselte. Von der Straße kam noch der Schein der Laternen, aber der größte Teil des Anwesens verschwand im Dunkeln. Manchmal bewegte sich etwas, wahrscheinlich waren es die Äste, die im Wind hin und her getrieben wurden.
Was würden die beiden wohl mit ihm machen? Auf alle Fälle was Schlimmes.
In der Villa hatte im ersten Stock noch ein Licht gebrannt, offenbar war also jemand da. Die zwei wollten Fabienne haben, und so wie es jetzt aussah, würden die beiden sie auch kriegen. Vielleicht könnte er sie irgendwie warnen, aber was würde dann aus ihm werden? Wie könnte er sich gegen die zwei wehren?
Dieser Hector drehte sich nun zu dem Kerl auf der Rückbank: "Die Sache gefällt mir nicht, Chef."
"Ich will diese Frau haben, ist das klar?!"
"Das machen wir doch für B&M, nicht wahr?"
"Natürlich." Der andere wandte sich jetzt an Jean Claude: "Hast du einen Schlüssel?"
"Nein... Ich... ich
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