Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)
hingen Körbe voller Papayas, Mangos und Bananen. In anderen befanden sich Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch und Avocados. Wachsende Nahrung, lebende Nahrung. Zum ersten Mal bemerkte ich einen Bilderrahmen aus Treibholz und ein Fotomobile aus Ästen und Zweigen im Flur.
Ich wanderte durch die Seitentür und sah in der Ferne das aufgewühlte Meer mit seinen wogenden Wellen. Mir wurde klar, dass mein Wunsch aus der Regennacht mit Justin wahr geworden war: Das Wasser war gekommen, hatte mein altes Leben weggewaschen und den ganzen Dreck fortgespült. Aber dazu war noch mehr nötig gewesen als die Kraft der Elemente, nämlich Freunde, Liebe, Hilfsbereitschaft. Gemeinsam besaßen sie eine Stärke, gegen die selbst ein Tsunami nicht ankam.
Die Abende werden fast immer mit Spielen zugebracht. Elaine hat das ganze Haus damit vollgestopft. Brettspiele, Kartenspiele, Fantasiespiele. Von Thomas habe ich Cribbage gelernt und Elaine hat mir Schach beigebracht. Oft liest jemand bei Kerzenlicht eine Geschichten vor. Oder wir erfinden neue Geschichten. Es gibt keinen Fernseher. Die Abende fühlen sich viel ausgefüllter an, weil wir selbst für unsere Unterhaltung sorgen.
Heute haben wir auf der Eingangsveranda gesessen, um in den Sternenhimmel zu schauen. Die Wissenschaft kann uns fast alle Fragen beantworten – welche Konstellationen es gibt, wie weit entfernt sie sind, wieso die Sterne leuchten, warum manche heller sind als andere, weshalb sie verglühen. Aber mir ist es lieber, nicht alles ganz genau zu wissen. Ich habe Lust, meine eigenen Theorien zu entwickeln.
Überall um mich herum sehe ich Licht. Die Sterne am Himmel gehen nahtlos in die Stadtlichter von Eden über, die sich den Hügel hinunter ausbreiten. Alles beginnt sich zu verknüpfen und verschmilzt zu einer Einheit.
Kapitel Achtundzwanzig
----
Justin sagte nicht mit Worten, dass ich Zeit brauchte, um über alles hinwegzukommen. Stattdessen gab er mir einfach Gelegenheit, mich zu entspannen. In den folgenden Tagen lernte ich, meinen Kopf freizubekommen und mein Leben wieder zu genießen. Dazu brauchte ich keine Medikamente. Auch Mollys Gegenmittel war überflüssig. Ich musste nur die richtige Perspektive finden.
Justin und sein Vater arbeiteten an Befreiungsplänen für das DCLA und banden Gabe per Videokonferenz mit ein, um einen virtuellen Bauplan des Centers zu erstellen. Sie rekonstruierten die einzelnen Flure, die Lage der Gebäude im Hof, die Maße des Elektrozauns … sie diskutierten über die U-Bahn-Schächte wie Ärzte vor einem chirurgischen Eingriff, die jede Arterie genau platzieren wollen, bevor sie das Skalpell zücken.
Justin ließ mich an dieser Arbeit nur ein paar Stunden täglich teilnehmen, denn das DCLA im Computer nachzubauen, versetzte mich zwangsweise dorthin zurück. Wahrscheinlich wollte er meine Heilung nicht gefährden. Ich brauchte Zeit, um mich auch seelisch aus meiner Gefangenschaft zu befreien, und Justin half mir dabei.
Nach drei Tagen in Eden hatte ich die halbjährige Zeit im Center schon fast aus meinem Gedächtnis verdrängt. Zumindest fühlte sie sich weit entfernt an wie ein anderes Leben. Man vergisst seine Probleme nur allzu leicht, wenn man vor ihnen weglaufen kann. Man vergisst, dass es anderen Leuten schlecht geht, wenn das eigene Leben perfekt, bequem und ungefährlich ist. Man gerät in Versuchung, für immer in diesem sicheren Kokon zu bleiben.
Es war ein sonniger Nachmittag und ich schnappte mir eine Packung bunte Kreide und ein paar Gedichtbände von Elaines Buchregal im Wohnzimmer. Elaine war gerade dabei, Tulpen an den Rand der Straße zu pflanzen, die ihren Garten begrenzte. Ich gesellte mich dazu und hockte mich mit den Büchern auf den Rasen. Im Schneidersatz blätterte ich durch die Gedichte, las zufällige Passagen und markierte meine Lieblingsseiten.
Als ich zwischendurch aufschaute, stellte ich fest, dass Elaine mich unter dem Rand ihres Strohhuts musterte.
»Du bekommst langsam wieder Farbe im Gesicht«, ließ sie mich wissen.
Ich nickte. »Mir geht es besser«, sagte ich. »Aber ich versuche noch, den Rest meiner Psychomacken abzuschütteln.«
»Oh, nicht doch«, sagte sie und klopfte die Erde um einen grünen Stängel fest. »Ein bisschen Verrücktheit hat noch keinem geschadet. Glaub mir, von drei Leuten ist mindestens einer verrückt. Und die anderen zwei sind Schwindler.«
Ich lachte und gab zu, dass sie wahrscheinlich recht hatte. »Du scheinst aber mit beiden Beinen auf dem Boden zu
Weitere Kostenlose Bücher