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Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)

Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)

Titel: Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Kacvinsky
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veranstalten, niemanden beeindrucken. Man kann sich endlich entspannen.«
    Seine Finger spielten mit meinen.
    »Die Natur erinnert uns daran, wer wir wirklich sind«, sagte Justin, »und genau davor haben die meisten Angst. Weil sie sich selbst nicht mehr kennen. Ständig wird ihnen gesagt, wer sie sein sollen, und dadurch haben sie nie eine Chance, es für sich allein herauszufinden.«
    »Aber haben wir überhaupt ein wirkliches Ich? Vielleicht verändern wir uns ständig.«
    »Vielleicht spielen wir ständig Theater.«
    »Aber wie sollen wir das herausbekommen?«, überlegte ich. »Wenn der Tag zu Ende ist und die Scheinwerfer verlöschen … welche von den Persönlichkeiten, die wir wie Kostüme an- und ausziehen, ist dann noch echt?«
    »Ich glaube, das wissen wir selbst nicht mehr. Da man in der digitalen Welt ja nie allein ist, braucht man nicht darüber nachzudenken.«
    »Okay, welche Lösung schlägst du vor?«, fragte ich. »Sollen wir alle ein ›Wie finde ich mich selbst‹-Seminar besuchen?«
    »Vielleicht reicht es schon, wenn wir jeden Tag zehn Minuten lang üben, uns zu mögen. Vielleicht sollten wir uns weniger vor der Meinung anderer fürchten, und erst einmal dafür sorgen, dass wir uns selbst akzeptieren können, wie wir sind. Vielleicht sollten wir uns wieder in dieses Netzwerk einklinken«, sagte er und nickte in Richtung der Welt vor dem Tunnel.
    Mir kam in den Sinn, dass ich eben vom Draußen als einem Fluchtort gesprochen hatte. Eigentlich war das widersinnig. Die Natur war nicht gerade ein Geheimversteck. Sie war für jeden zugänglich, direkt vor der Haustür. Sie wartete nur darauf, entdeckt zu werden. Aber wenn man Zeit in der echten Welt verbrachte, empfand unsere Gesellschaft das als Flucht vor der Wirklichkeit. Anscheinend musste man heutzutage erst der Wirklichkeit entkommen, um real sein zu können.

Kapitel Zwanzig
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    Ich blieb den ganzen Tag über im Bett und starrte blicklos an die Decke. Bald würde das Center mich ganz ausradiert haben. Die Albträume hörten gar nicht mehr auf, seit ich zwei Behandlungen pro Woche bekam. Gabe versprach, dass es nicht mehr lange so weitergehen würde. Ich befand mich jetzt schon fast fünf Monate im DCLA. Mein Körper war erschöpft und mein Verstand, auf den ich immer stolz gewesen war, hatte sich gegen mich gerichtet. Er war mein schlimmster Feind geworden und attackierte mich von innen. Meine Gedanken gehörten nicht länger mir selbst.
    Mir fehlte die Kraft, gegen die Träume anzukämpfen. Die Grenze zwischen Wirklichkeit und Halluzination löste sich immer weiter auf. Lange würde ich dem Center nicht mehr standhalten.
    Auf meinen Bildschirmen herrschte unaufhörlich Regen. Ich hörte ein Klopfen an der Tür und murmelte: »Komm rein.« Auch ohne den Blick von der Decke zu wenden, wusste ich, dass es Gabe sein musste. Er kam jede Nacht, sobald das Wachauge ausgeschaltet war, um für mich zu sorgen. Inzwischen war er eher mein Krankenpfleger als mein Freund und Verbündeter. Er versuchte, mir Essen und Trinken einzuflößen. Er ging mir so lange auf die Nerven, bis ich aus dem Bett aufstand und mich unter die Dusche stellte. Er zwang mich zum Handeln, zum Reden, zum Atmen. Allmählich hasste ich ihn dafür. Ich wollte nur liegen bleiben und mich auflösen.
    Jetzt stellte er ein Tablett mit einem Sandwich-Riegel und einer Saftpackung auf meinen Tisch. Ich roch das Aroma von Putenfleisch, Käse und Knoblauch, aber davon wurde mir nur übel.
    »Du solltest etwas essen.«
    Ich blinzelte zu den Regenwolken empor, die schwer und reglos über mir hingen. Seine Worte glitten an mir ab wie Wasser von Öl. Sie tropften zu Boden und verschwanden. Ich war so abgestumpft, dass ich nicht einmal nickte. Ich hatte aufgegeben. Die Treffen mit Molly waren sinnlos. Die Nächte mit Justin verschlief ich zur Hälfte. Meine Freunde machten mich nur depressiv. Sie hielten mir einen Spiegel vor, und was ich darin sah, ekelte mich an.
    »Bestimmt fühlst du dich besser, wenn du aufstehst«, sagte er, »und dich duschst.«
    Ich rieb mir über den leeren Magen. »Welchen Sinn hat das schon?«
    »Sorry, aber du siehst schrecklich aus. Eine Dusche ist mehr als nötig.«
    »Nein, ich meine ganz allgemein. Das Leben. Welchen Sinn hat das schon?«
    Gabe setzte sich auf den Stuhl neben mich. »Wir haben nur eines davon, also sollten wir es nicht verschwenden«, sagte er. »Komm schon, Maddie. Denk daran, warum du hier bist und was du erreichen willst.«
    Er streckte die

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