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Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Titel: Mademoiselle singt den Blues - mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Kaas
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britisch, spricht hastig, seine Stimme verrät Panik. Mir ist sofort klar, dass der Verrückte wieder am Werk ist. Cyril teilt mir mit, dass er seinen Assistenten gekidnappt hat. Er ist im Büro aufgetaucht, auf den jungen Mann gestoßen, hat ihn bedroht und gefesselt und ihn gezwungen, uns anzurufen.
Letzten Endes folgt er seiner eigenen Logik. Für ihn ist Freiheitsberaubung nach Hausfriedensbruch, Bedrohung und Stalking gar nichts Besonderes mehr.
    Dieses Mal ist er gekommen, um Informationen über mich zu sammeln. Er dachte, er würde in den Schubladen der Geschäftsräume Einzelheiten und Bilder, die ihm noch fehlten, oder andere Informationen über meine Privatsphäre finden. Also hat er alles gestohlen, den Kopf voller Erpressungspläne. Bevor er geflohen ist, hat er seine Geisel freigelassen, unversehrt. Jetzt hat er die inzwischen alarmierte Polizei auf den Fersen. Der Beginn einer Verfolgung mit ungewissem Ausgang … Wirklich, ich habe die Hoffnung aufgegeben, dieses Problem, das mich schon viel zu lange an einem normalen Leben hindert, loszuwerden. Ich versuche, mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ich immer jemanden im Nacken haben werde. Dass ich immer den Atem, das Keuchen dieses Verrückten, der mich so tragisch liebt, spüren werde. Eine entsetzliche Aussicht. Aber es lässt sich nicht leugnen, dass wir in einer Sackgasse stecken, er und ich. Ich kann ihm nichts geben, und ich will ihm vor allem nichts geben. Und er, er soll mich verdammt noch mal in Frieden lassen!
    Â 
    Von meinem Verrückten, der nun aktiv gesucht wird, hängen überall Fotos. Eine Postangestellte hat ihn erkannt und sofort die Polizei angerufen. Die weiß jetzt, wo er arbeitet, und bald auch, wo er wohnt. Sie hat die Adresse seines Schlupfwinkels. Was sie findet, lässt mir das Blut in den Adern stocken: An den vier Wänden des Zimmers hängen Hunderte von Fotos von mir. Ich bin überall, ein mehrdimensionales Bild. Er hat eine regelrechte Sammlung von Bildern von mir.
    Die Polizei verfolgt ihn nicht nur wegen seiner Besessenheit.
Er wird des Betrugs und der Unterschlagung verdächtigt. Und deshalb taucht er ab. Endgültig. Soviel ich gehört habe, hat er überreagiert, als die Polizei ihn stellte. Er war auf der Stelle tot.
    Ich sollte beruhigt sein, sagen einige, jetzt, wo ich von der Bedrohung befreit bin. Unmöglich. Ich kann mich über niemandes Tod freuen, nicht einmal über seinen. Dieser Junge war krank, und seine Liebe zu mir war wie er, krank. Das ist kein Grund zu sterben, eher ein Grund, sich in Behandlung zu begeben. Und außerdem hat sich bei mir ohne mein Wissen  – wie bei vielen Opfern, die eine Bindung zu ihrem Verfolger aufbauen  – so etwas wie ein Verbundenheitsgefühl entwickelt. Sein Leben war deprimierend, sein Tod war es auch. Ich fühle mich ein bisschen verantwortlich.
    Â 
    Die Menge, die in Wallung gerät, die Fans, die Wunschtraum und Wirklichkeit verwechseln, Verhaltensweisen, die man nicht recht einordnen kann, nett oder zu nett  – die Bedrohung ist nie weit, die Grenze zwischen Fan und Fanatiker immer fließend. Manchmal zeigen sich die Zähne hinter dem Kuss des Bewunderers. Sie finden mich schön, sie lieben meine Lieder, sie kommen zu allen meinen Konzerten. Manchmal wagen sie es, mir nach der Vorstellung einen Strauß, eine Widmung, ein Briefchen zu geben. Die Fantasievollsten schreiben mir mit ihrem Herzblut Briefe, die Kühnsten machen mir Liebeserklärungen. Ich bin Menschen begegnet, die ihr Leben damit verbrachten, meins zu verfolgen. Eine Frau hatte sogar ein Patricia-Kaas-Museum in ihrem Lastwagen eingerichtet und stellte darin Dinge aus wie Mineralwasserflaschen, aus denen ich getrunken hatte. Wie einen Talisman hatte sie Pailletten von einem meiner Bühnenkleider aufgesammelt. So
etwas kann einen verwirren, erstaunen und erschrecken. Wie soll man da die Grenze erkennen? Ich kann diese unkontrollierte Liebe verstehen, aber es fällt schwer, sich nicht davor zu fürchten.
    Ein Fan kennt die Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Ein Verrückter kennt sie nicht. Weil er die Orientierung verloren hat und die Realität nach seiner Weise interpretiert. Eigentlich ein bisschen wie ein Künstler! Ein verrückter Fan ist gefährlich. Für das Objekt seiner Besessenheit und für sich selbst. Wir hatten den Beweis. Wenn die Bewunderung zu

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