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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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Fuß eben von der Stufe genommen und sich halb umgewandt, als hinter ihm die Haustür geöffnet wurde. Hoffnung stahl sich in sein Herz, und es bedurfte eines kurzen Moments, bis er es wagte, sich wieder umzudrehen.
    Vor ihm, barfuß und in einem Nachtgewand aus weißem Leinen, stand Katharina.
    Sie hatte aus dem Fenster geschaut, weil sie nicht schlafen konnte. Das schlechte Gewissen wegen Tobias’ Verschwinden hielt sie wach und auch die Sorge um Richard. Lange war sie rastlos in ihrem Zimmer auf und ab gewandert. Als sie merkte, dass ihre Schritte die anderen Frauen störten, war sie ans Fenster getreten und hatte einfach nur blicklos auf die Straße gestarrt.
    Bis er aufgetaucht war.
    Sie erkannte ihn sofort, obwohl das Licht des Mondes nur kurz auf ihn fiel, als er um die Ecke bog. Und als er sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite hinstellte und zu ihr heraufschaute, war ihr erster Gedanke: Er sieht mich!
    Aber er machte keinerlei Anstalten, zu ihr zu kommen, also eilte sie so rasch, wie sie konnte, nach unten zur Haustür. Dort angekommen jedoch verließ sie der Mut. Sie stand einfach nur hinter der Tür und fühlte sich, als seien ihre Füße plötzlich im Boden verwurzelt.
    Dann gab sie sich einen Ruck. Sie riss die Tür auf, und da war er. Im Fortgehen begriffen.
    Langsam nur, fast zögerlich, drehte er sich zu ihr um und sah sie an.
    Ihr Herz machte einen Satz.
    »Richard!«, sagte sie sehr leise.
    Er stand regungslos da und schaute sie an, und es kam ihr vor, als sauge er ihren Anblick in sich auf wie ein Verdurstender das lebensspendende Wasser. In seinen Augen lag wieder dieser brennende Ausdruck, den sie früher so gefürchtet hatte. Doch es gelang ihr, den Gedanken daran zur Seite zu schieben. Ihr gesamter Körper, jede Faser ihres Herzens sehnte sich danach, von ihm in den Arm genommen zu werden.
    »Du bist da!«, murmelte sie.
    Da senkte er den Kopf. Es wirkte wie das Eingeständnis einer Niederlage. Als er wieder aufschaute, lag ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen.
    Mit zwei langen Schritten überwand er die Stufen des Haussteins, packte Katharina und zog sie an sich. Mit solcher Kraft drängte er sie rückwärts in den Flur, dass ihr der Atem wegblieb. Er schlang die Arme um ihren Oberkörper, grub seine Finger in ihre Haare, und dann küsste er sie mit einer Leidenschaft, aus der zugleich Gier und Verzweiflung sprachen.
    Sie spürte, wie ihre Knie nachzugeben drohten, doch er hielt sie, drängte sie mit dem Rücken gegen die Wand, und in diesem Moment verkrampfte sich ihr Unterleib. Sie erstarrte. Er fuhr zurück, Schrecken in den Augen.
    »Verzeih!«, flüsterte er heiser. »Oh Gott, verzeih!« Er wich zurück, tastete nach der Klinke der Haustür, und sie wusste, wenn sie jetzt nicht reagierte, wenn sie ihn jetzt nicht aufhielte, würde sie ihn vielleicht niemals wiedersehen.
    Sie griff nach seiner Hand. »Alles ist gut!«, wisperte sie. Dann zog sie ihn in Richtung Treppe. »Komm.«
    Als sie ihre Kammertür hinter sich verriegelt hatte, drehte sie sich zu ihm um und begann, die Verschnürung ihres Nachthemdes zu öffnen. Er stand da, seine Augen voller Ungläubigkeit. Sie ließ das Nachthemd zu Boden fallen, und er schluckte. Noch einmal nahm sie seine Hand, zog ihn zu ihrem Bett und ließ sich rücklings darauf nieder.
    Ihr Herz jagte. Einen Wimpernschlag lang lauschte sie in sich hinein, fürchtete, dieser sengende Schmerz könne wiederkommen, doch er kam nicht. Sie sah Richard in die Augen.
    »Bist du sicher?«, fragte er. Seine Finger tasteten nach seinem Gürtel.
    Sie wusste, dass jedes Zögern ihn verjagen konnte. Also nickte sie. »Kann ich dir vertrauen?«
    »Ja.« Ganz rau klang seine Stimme jetzt. Er öffnete seinen Gürtel, stieg aus der Hose. Und dann ließ er sich neben ihr auf das Bett sinken. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch sie kam ihm zuvor.
    »Tu mir nicht weh«, flüsterte sie.
    Kurz schloss er die Augen, schüttelte den Kopf. Seine Hand berührte ihr Knie, wanderte weiter nach oben.
    Katharinas Herz setzte einen Schlag aus.
    Richards Lippen näherten sich ihren. Sehr sanft küsste er sie, ließ seinen Mund an ihrem Kiefer entlangwandern und ihren Hals hinab. Sein Atem strich über ihre Haut, und sie schloss die Augen.
    Sie spürte, wie er sich auf die Ellenbogen stützte. Einmal zog er Luft durch die Zähne, weil seine Schulterwunde ihm Schmerzen bereitete, doch als sie die Augen wieder aufschlug, war sein Gesicht ganz dicht vor dem ihren.

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