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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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wie er schluckte, und weil sie nicht wollte, dass er aussprach, was sie in diesem Moment beide dachten, weil sie um jeden Preis verhindern wollte, dass er sagte: »Ja, und ich habe deinen Mann umgebracht!«, sprach sie eilig weiter: »Ich habe mich im letzten Jahr viel damit beschäftigt, was für eine Frau angemessen ist, die sich im Stand der Witwenschaft befindet.«
    Richard umfing sie fester. Als er ihr antwortete, spürte sie seinen Atem durch ihre Haare streichen. »Ich würde sagen, angemessen ist, wieder zu heiraten.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Die Kirche sagt etwas anderes …« Sie verstummte. Das war doch alles nur vorgeschoben!, dachte sie. Es war nicht die Kirche, die sie hinderte, aus vollem Herzen ja zu sagen. Es war etwas anderes, etwas, das tief in ihrem Leib saß. Wenn sie nur wüsste, was …
    »Katharina!« Er setzte sich jetzt vollends auf und lehnte den Rücken gegen die Wand. »Wovor hast du Angst?«
    Langsam schüttelte sie den Kopf, und dann sah sie dabei zu, wie er schweigend gegen die Wand über dem Bett starrte und seinen Gedanken nachhing. Als er den Blick wieder auf sie richtete, war das Brennen in seine Augen zurückgekehrt.
    »Halt mich einfach nur fest«, bat sie.
    Und das tat er.

22. Kapitel
    Er wusste nicht, wie lange er sie im Arm hielt, während sie wieder einschlief, und obwohl ihn die Schulterwunde schmerzte, rührte er sich nicht.
    Sie hatte ihn erneut abgewiesen, und anders als damals, als er Nürnberg verlassen hatte deswegen, empfand er diesmal keinen Groll. Was war es nur, das sie so sehr quälte, dass sie offenbar körperliche Schmerzen litt? Er wehrte sich dagegen, aber er konnte es nicht verhindern, dass seine Gedanken zu dem Gespräch mit Arnulf und Sibilla zurückkehrten.
    Dämonen. Schatten, die einen ansprangen. Irrsinn. War er eine Krankheit? Oder wurde er von Dämonen erzeugt, die der Teufel aussandte?
    Arnulf schien zumindest in Betracht zu ziehen, dass Katharina eine Hexe war, eine Annahme, so wahnwitzig, dass Richard allein beim Gedanken daran hätte brüllen mögen. Was aber, wenn jemand anderes Katharina verhext hatte? Wenn die Schmerzen, die sie litt, von einem Dämon kamen …
    Er schloss die Augen. Er selbst hatte so lange unter seinen früheren Dämonen gelitten, dass die Vorstellung ihm nicht fremd war.
    Seine Dämonen.
    Ein ganz anderer Gedanke durchzuckte ihn eisig. Was, wenn sie eben vor ihm zurückgeschreckt war? Wenn sie im Moment der innigsten Vereinigung einen Blick auf sein wahres Selbst erhascht hatte und darüber in Entsetzen ausgebrochen war?
    Seine wirren Gedankengänge wurden unterbrochen, weil Katharina sich in seinen Armen bewegte. Ihr Kopf schlug von einer Seite auf die andere, und Richard zog sie fester an sich, um sie vor dem Alptraum zu bewahren, der sie quälte.
    Doch es war vergeblich.
    »Nein!«, flüsterte sie. »Nicht! Das tut so …« Sie verstummte, weilRichards Hand sich unwillkürlich fester um ihren Arm geschlossen hatte. Ein leises Wimmern drang zwischen ihren Lippen hervor.
    »Katharina!« Ganz sanft sprach er, dicht an ihrem Ohr.
    Sie zuckte zusammen. Im nächsten Moment öffnete sie die Augen.
    »Alles ist gut. Ich bin bei dir!«
    Sie schien ihn nicht richtig wahrzunehmen. Ihr Blick wirkte verschleiert, und das flackernde Licht der Kerze ließ ihre Pupillen bodenlos erscheinen. »Tu mir nicht weh«, bat sie erneut.
    Die Worte zerrissen schier sein Herz. »Das tue ich nicht.« Er legte auch noch den anderen Arm um sie und wartete, bis sie wieder eingeschlafen war.
    Er selbst fühlte sich, als würde er niemals wieder schlafen können.
    Als er zu sich kam, stand er am geöffneten Fenster. Eisige Nachtluft drang herein und umfloss seinen nackten Körper, sodass er vor Kälte mit den Zähnen klapperte.
    Er erinnerte sich, dass er geträumt hatte. Ein Schwert war in seinem Traum vorgekommen und eine Frau, die mit einem Entsetzensschrei zu ihm herumgefahren war. Blut war zwischen ihren Beinen hervorgeflossen, und er hatte den Blick nicht davon abwenden können. Doch dann hatte er den Blick gehoben, hatte der Frau ins Gesicht gesehen. Sie hatte Katharinas Züge gehabt.
    Jetzt hob er die rechte Hand vor das Gesicht. Sie war zur Faust geballt, gerade so, als halte er noch immer das Schwert ihn ihr.
    Er schluckte schwer und wandte sich zu Katharina um. Sie schlief jetzt friedlich. Die Decke war halb zu Boden gerutscht und verdeckte nur noch eines ihrer Beine und ihre linke Körperhälfte. Im Licht des durch das offene Fenster

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