Madonna
hat. Ihn zur Preisgabe der Hexe zu bringen, die ihm den Dämon gesandt hat, wird noch um einiges schwieriger werden.«
»Aber Ihr könnt das?«
Der Mönch lächelte kühl. »Es ist mein täglich Brot, mein Bester!«, sagte er.
Der Stadtrichter zögerte. »Was braucht Ihr?«
»Lasst den Nachrichter kommen«, sagte der Mönch.
Der Nachrichter!
Tobias erzitterte. Sie würden ihn foltern. Er hatte keine Ahnung wieso, aber sie würden ihn foltern, weil sie unbedingt diesen Namen wollten.
Namen!
Niemals darfst du jemandem erzählen, was geschehen ist, hörst du mich? Mein Name darf nicht fallen …
Hohl klang die drohende Stimme in seinem Kopf wider.
Den Namen einer Hexe wollten sie.
Aber er kannte gar keine Hexe. Er schüttelte den Kopf. Was hatte das zu bedeuten? Das Gespräch fiel ihm ein, das dieser Silberschläger mit Katharinas Nachbarin geführt hatte. Katharina! Wollten sie sie? Doch warum? Tobias kannte niemanden, der freundlicher und besser zu ihm gewesen war als sie.
»Das geht nicht!«, hörte er den Stadtrichter sagen.
»Wie meint Ihr das?«, erkundigte sich der Mönch. Er klang ungehalten.
»Um eine Folter anzuordnen, braucht es mindestens drei Ratsherren. Das kann ich auf keinen Fall allein tun.«
Der Mönch stieß ein ungeduldiges Seufzen aus. »Euch ist schon bewusst, dass Nürnberg eine große Gefahr …«
»Eben!«, fiel der Stadtrichter ihm ins Wort. Seine Blicke huschten jetzt ängstlich umher. »Eine große Gefahr für die Stadt bedingt, dass sich der Rat damit befasst!«
»Wie lange wird es dauern, die Männer zusammenzurufen?«, fragte der Mönch.
Die Augen des Stadtrichters quollen vor. »Unverzüglich?«
»Natürlich!«, zischte der Mönch ihn an.
Er zuckte zurück. »Selbstverständlich. Nun. Ich muss Männer zu ihnen schicken. Ein, zwei Stunden, denke ich, wird es auf jeden Fall dauern!«
Wieder seufzte der Mönch. »Was steht Ihr dann hier noch herum?«
Der Stadtrichter fuhr zusammen, fast salutierte er. »Nat … Ich …« Ohne ein weiteres Wort stürzte er aus der Zelle und war im nächsten Moment verschwunden. Von Ferne nur konnte Tobias ihn nach Dengler rufen hören.
»Dieser Einfaltspinsel!« Die Stimme des Mönches hallte dumpf von den Wänden des Lochgefängnisses wider.
Er und Bürgermeister Silberschläger hatten Tobias’ Zelle ebenfalls verlassen, kaum dass der Stadtrichter fort war. Sie hatten die Tür wieder verschlossen und standen jetzt draußen auf dem Gang.
»Ich weiß nicht, warum Ihr so ungeduldig seid!«, warf Silberschläger ein. Es war das erste Mal, seit Tobias eingekerkert worden war, dass er das Wort ergriff. Seine Stimme hatte einen seltsam heiseren Klang. »Früher oder später wird Katharina …«
»Ich weiß, ich weiß«, lenkte der Mönch ein. »Aber ich habe Jahre darauf gewartet, diese Hexe in die Finger zu bekommen. Meine Geduld ist einfach am Ende.«
»Gebt nicht mir die Schuld! Ich habe getan, was Ihr …«
Eine Art Knurren unterbrach ihn, und Tobias standen bei diesem Geräusch die Haare zu Berge. Je länger er diesen Mönch reden hörte, umso weniger war er davon überzeugt, es mit einem Menschen zu tun zu haben. Da war etwas in diesen hellblauen Augen …
Katharina, dachte er. Sie wollen Katharina.
Aber warum?
Genau diese Frage schien sich auch Silberschläger zu stellen, denn er krächzte nun: »Was habt Ihr eigentlich gegen diese Hexe?«
Er erhielt keine Antwort. Stattdessen meinte der Mönch: »Kommt. Ich halte diesen Gestank hier unten nicht mehr aus. Lasst uns an die frische Luft gehen, solange Flechner braucht, um die Stadträte herzuholen!«
Während die beiden sich entfernten, wurden ihre Stimmen immerleiser. Das Letzte, was Tobias hören konnte, war, wie Silberschläger meinte: »Nun redet schon! Ihr hegt fraglos einen tiefen Groll gegen sie.«
Und der Mönch antwortete mit einem wütenden Lachen. »Groll ist gut! Ich will sie in den Flammen sterben sehen!« Dann fiel eine schwere Tür hinter ihnen zu und schnitt die nächsten Worte ab.
Tobias verharrte einen Moment regungslos mitten in seiner Zelle. Erst als das Zuschlagen der Tür in den langen Gängen verhallt war, ging er zu der Pritsche. Er setzte sich darauf, starrte in die undurchdringliche Finsternis, dann seufzte er und legte sich der Länge nach hin. Einen Arm über die Augen gelegt, begann er zu beten.
Er bat Gott um Vergebung für sein Vorhaben, sich in die Pegnitz zu stürzen. Ein weiteres Vergehen, dachte er, das er der schier unendlich langen Liste
Weitere Kostenlose Bücher