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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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irgendeinerFlüssigkeit zu füllen, die sich in einem halbhohen Fass an der Rückwand der Schankstube befand. »Seid Ihr auf dem Weg nach Nürnberg oder kommt Ihr gerade von dort?«
    Richard stand noch einen Moment unschlüssig vor dem Tisch. Sein Blick fiel auf den hageren Mönch, der ihm nun die linke Seite zugewandt hatte und dessen Lippen sich beim Lesen lautlos bewegten. Richard hatte sich eben gesetzt, als Reuthers Tochter schon mit einem dampfenden Teller aus der Küche kam. Mit gesenktem Blick stellte sie das Essen vor Richard hin. Als er ihr zulächelte, errötete sie heftig und kicherte unterdrückt. Eilig, ohne ihm den Rücken zuzuwenden, zog sie sich zurück und stieß sich dabei die Hüfte an der Ecke der Theke.
    »Giesela!«, stöhnte Reuther auf dem Weg zu Richards Tisch. Ihm war anzumerken, dass er sich für die Ungeschicklichkeit seiner Tochter schämte. »Sie ist ein tollpatschiges Ding! Ihr habt mir meine letzte Frage noch nicht beantwortet«, sagte er und stellte einen irdenen Becher vor seinen Gast hin.
    »Ich bin auf dem Weg nach Nürnberg«, erklärte Richard. Der Wirt schenkte ihm aus dem Krug ein. Wein, stellte Richard fest, und er machte sich darauf gefasst, dass sich nach dem ersten Schluck sein Gaumen zusammenziehen würde. Seitdem er sich an die sonnenprallen Trauben der Toskana gewöhnt hatte, kam ihm jeder Tropfen, der diesseits der Alpen ausgeschenkt wurde, sauer vor. Doch er wurde angenehm überrascht. Der Wein war nicht im mindesten sauer, sondern von einer angenehm herben Süße, die Richard noch nie zuvor gekostet hatte. Er machte eine anerkennende Miene.
    »Schmeckt er Euch?« Reuther lachte erfreut. »Ich mache ihn selbst, nicht aus Trauben, sondern aus Kirschen. Die Leute kommen von weit her, um ihn zu trinken, das kann ich Euch sagen!«
    Richard nahm noch einen zweiten Schluck. Aus dem Augenwinkel sah er, dass auch der Mönch seinen eigenen Becher an die Lippen hob, und er prostete ihm zu.
    Der Mönch nickte freundlich. Dann klappte er sein dickes Buch zu. »Was treibt Euch nach Nürnberg?«, fragte er.
    Richard zuckte die Achseln. Aus einem Grund, den er selbst nicht näher hätte benennen können, verspürte er nicht die geringste Lust, sich mit diesem Menschen zu unterhalten. »Persönliche Angelegenheiten«, antwortete er ausweichend.
    Über das Gesicht des Mönches flog ein Schatten. Dann jedoch verzog sich sein Gesicht zu einem freundlichen Lächeln. »Habt Ihr etwas dagegen, wenn ich mich zu Euch setze?« Ohne auf eine Antwort zu warten, erhob er sich und kam an Richards Tisch.
    Genug von der klösterlichen Einsamkeit?, dachte Richard bei sich, sprach es jedoch nicht aus, sondern wies dem Mönch mit dem Kinn einen Platz zu. Der ließ sich auf den bezeichneten Stuhl fallen. Sein Buch ließ er, wo es war. Richard ertappte sich dabei, dass er sich fragte, was es für Texte enthielt.
    »Interessiert es Euch?«, fragte der Mönch.
    Richard lächelte. Er fühlte sich durchschaut. »Wenn ich ehrlich bin, ja.«
    »Nun, es ist ein noch recht neuer Text von einem Mann namens Henricus Institoris.« Mit einem Glitzern in den Augen, das Richard zeigte, wie viel Besitzerstolz er tatsächlich empfand, schaute der Mönch zu dem Buch hinüber. »Ich bin sicher, in wenigen Jahren wird es sehr weit verbreitet sein.«
    »Wovon handelt es?« Er fragte aus Höflichkeit, denn die Nennung des Verfassernamens hatte ihm längst gesagt, worin der Inhalt des Buches bestand. Und in seinem Magen hatte sich ein Knoten gebildet deshalb.
    Der Mönch lehnte sich zurück. Gleich würde er anfangen zu dozieren, das konnte Richard seiner zufriedenen Haltung ansehen. »Es heißt Malleus Maleficarum .« Er machte eine Pause, die so lang war, dass Richard sich zum Sprechen genötigt sah.
    »Der Hexenhammer!«, murmelte er.
    Der Mönch hob erstaunt die eine noch vorhandene Augenbraue. »Ihr kennt es bereits?« Mit neu erwachtem Interesse betrachtete er Richard.
    Der zuckte die Achseln. »Ich habe einige Erfahrungen mit … dem Thema, das er behandelt.«
    »Wie überaus bemerkenwert!« Neugierig beugte sich der Mönch ein wenig vor. »Wie ist Euer Name?«
    »Richard Sterner.«
    Der Mönch runzelte die Stirn. »Ich bin … Heinrich Kramer.« Er langte über den Tisch und bot Richard die Hand.
    »Der Verfasser des Hexenhammers?« Richard war sich nicht sicher,ob er diesem Mann Glauben schenken konnte. Dennoch schlug er ein. Sie schüttelten sich die Hände, und es war deutlich, dass der Mönch sich darüber

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