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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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»Sagen wir, ich hatte gehofft, der Lochwirt wäre ein paar unverhofften Goldmünzen nicht abgeneigt.« Er ließ von dem Beutel ab und nestelte zwei Schlüssel aus seiner Hosentasche. »Aber er reagierte empört, als ich ihn bestechen wollte. Für eine Generalabsolution allerdings hat er mir dann das hier gegeben.« Er hielt die Schlüssel der Reihe nach in die Höhe. »Der eine ist für Eure Zelle. Der andere für die Lochwasserleitung.« Er legte den Kopf schräg, um zu lauschen. Irgendwo in den Tiefen der verwinkelten Gefängnisgänge ertönten Schritte, doch sie waren weit entfernt. Jemand hustete in einer der Nachbarzellen, sonst war es fast unheimlich still. »Kommt jetzt!« Spindler griff erneut nach ihr. »Lasst uns diesen unwirtlichen Ort verlassen!«
    Diesmal nahm Katharina seine Hand. Die Berührung seiner Haut ließ einen ängstlichen Schauer über ihren Leib rieseln. Würde dies von nun an jedes Mal so sein, wenn sie ein Mann anfasste? »Richard!« Der Name schlüpfte über ihre Lippen, ohne dass sie es wollte.
    Spindler, der sich schon halb abgewandt hatte, um sie aus der Zelle zu ziehen, drehte sich wieder um. Das Licht von draußen beleuchtete die eine Hälfte seines Gesichtes, und die tiefen Linien, die um seine Augen lagen, gaben ihm etwas Düsteres, das sie dort noch nie zuvor gesehen hatte. Sie wollte sich ihm entziehen, doch er hielt sie fest.
    »Was ist mit ihm?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf. »Bringt mich nur hier raus!« Auf einmal wollte sie nichts sehnlicher, als diese kalten, elenden Mauern endlich hinter sich zu lassen.
    Spindler zog sie mit sich. »Das tue ich, Kind. Das tue ich! Ich beschütze Euch!«

27. Kapitel
    Donatus schloss sich ihnen an. Während Richard, Arnulf und er von Heilig-Geist in Richtung Lochgefängnis liefen, erzählte Richard den beiden atemlos, was er soeben von Mechthild erfahren hatte.
    »Spindler hat Rotgerber und all die anderen umgebracht. Er glaubt offenbar, Katharina auf diese Weise beschützen zu müssen.«
    Heftig schüttelte Donatus den Kopf. In seiner Miene stand eine Bestürzung, die ihn um Jahre älter zu machen schien.
    »Doch!« Mechthilds Beichte lastete auf Richards Seele wie ein Felsbrocken. Er hätte seinen rechten Arm dafür gegeben, diese Last wieder loszuwerden. Doch er wusste, dass er schweigen würde, schweigen musste, wenn er Katharina vor den schrecklichen Dingen bewahren wollte, an die sie sich offenbar – zum Glück – nicht mehr erinnern konnte. Er spürte, wie das Fieber in seinem Körper wütete, ihm die Kraft raubte, gleichzeitig zu laufen und zu reden. »Glaubt mir einfach«, keuchte er.
    Arnulf nickte. »Verrat mir eines«, meinte er. »Warum haben wir es so eilig, ins Lochgefängnis zu kommen, wenn Spindler doch Katharina beschützt?«
    Wegen Heinrich Kramer!
    Richards Herz schlug eine Volte, und er konnte nicht weiterreden. Mit zusammengebissenen Zähnen konzentrierte er sich aufs Laufen. »Später!«, presste er zwischen den Zähnen hervor.
    Sie rannten durch das Engelswirtsgässlein und vorbei am Plobenhof. Im Stillen betete Richard, dass Spindler und Heinrich Kramer sich nicht in diesem Moment dort unten begegneten. Denn die Geschichte, die der Inquisitor Spindler über Katharina zu erzählen hatte, hätte sie in tödliche Gefahr gebracht.
    Richard spürte, wie seine Kehle eng wurde.
    Lieber tot als geschändet, dachte er bitter. Oh Gott, Katharina! Wie ein Kind führte Spindler Katharina an der Hand aus der Zelle hinaus und einen Gang entlang, der sie in einen kleinen Raum führte. Hier, das wusste Katharina noch von früher, als der Vorgänger des jetzigen Lochwirtes ein enger Vertrauter von ihr gewesen war, wurde den zum Tode Verurteilten ihre letzte Mahlzeit gereicht. Ihr Blick fiel schaudernd auf einen kleinen Tisch aus dunklem Holz und mit kunstvoll gedrechselten Beinen. Ob Tobias auch hier gesessen hatte, bevor sie ihn zum Rabenstein gekarrt hatten?
    Spindler hatte eine Talglampe von einem der Mauervorsprünge genommen. Ihr Schein huschte über Wände, Boden und die niedrige Decke.
    Irgendwo in der Ferne erklangen Schritte. Katharina blieb stehen, ein Ruck ging durch ihre Schulter, als Spindler sie weiterziehen wollte.
    »Kommt doch!« Er klang ungeduldig, angespannt.
    »Wohin so eilig?« Die Stimme erklang, bevor ihr Besitzer um die Gangecke gebogen war.
    Katharina sank das Herz. Heinrich Kramer. Mit vor der Brust verschränkten Armen trat er vor ihnen in den Schein ihrer Lampe.
    Katharina sah Dr. Spindler

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