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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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gesagt, ich soll die Jacob freilassen, und dann hat er dem Mönch einfach das Messer … in den Rücken gerammt.«
    Sie fanden Kramers regungslosen Körper in der Kammer, in der den zum Tode Verurteilten ihre letzte Mahlzeit gereicht wurde. Er lag halb auf dem Bauch, halb auf der Seite, und eine Blutlache bildete sich unter seinem Leib, die langsam größer wurde.
    »Ein Problem weniger«, sagte Arnulf trocken.
    Richard blickte ihn strafend an, doch er zuckte nur gleichgültig die Achseln. Da fiel Richards Blick auf die Hände des Inquisitors. Die Finger zuckten leicht. »Er ist nicht tot!« Er steckte sein Schwert wieder weg und ungeachtet der Tatsache, dass sein Kopf es ihm heimzahlen würde, ließ er sich neben dem Mann auf ein Knie sinken und beugte sich zu ihm hinab. Er tastete nach dem Pulsschlag, und tatsächlich fand er ihn, schwach zwar, aber einigermaßen regelmäßig. »Holt jemanden, der ihn versorgt!«, befahl er Dengler.
    Der Lochwirt stand einfach nur da und glotzte.
    »Macht schon!«, raunzte Mullner ihn an, und da endlich kam Leben in ihn. Er nickte, warf sich herum und verschwand in der Dunkelheit.
    Richard stemmte sich mühselig in die Höhe. Er hatte recht gehabt mit seiner Vermutung, dass ihm das Hinknien nicht gut bekommen würde. Sein Kopf protestierte dagegen, indem er mehrfach auf seinem Hals rotierte. Zumindest fühlte es sich so an. Richard suchte Halt an der Wand, atmete tief durch.
    »Sie sind in die Lochwasserleitung!«, hörte er Arnulfs Stimme durch das langsam verklingende Dröhnen in seinen Ohren.
    »Ich will eine Erklärung für das alles hier!«, verlangte Hofer.
    Richard griff sich eine der Talglampen von einem Vorsprung und leuchtete damit dem Mann ins Gesicht. »Dr. Spindler glaubt, Katharinas Jungfräulichkeit beschützen zu müssen«, sagte er. »Mit allen Mitteln. Darum hat er sie befreit.«
    Hofer blinzelte irritiert. »Jungfräulichkeit. War Frau Jacob nicht verheiratet?«
    Grimmig nickte Richard. »Sie ist keine Jungfrau mehr.«
    Schon seit ihrer Kindheit nicht!
    Er unterdrückte diesen Gedanken, fuhr stattdessen fort: »Und wenn Spindler das herausbekommt, besteht die Gefahr, dass er auch sie tötet.«
    Als sei die Lochwasserleitung Arnulfs Reich, bewegte er sich hier unten mit der größten Sicherheit, und so übernahm er wie selbstverständlich die Führung. Während der Stadtrichter zurückgeblieben war, um die Büttel zur Unterstützung zu rufen und auch, um sich um Kramer zu kümmern, eilten Mullner und Hofer mit Donatus, dem Nachtraben und Richard Seite an Seite durch die feuchten und finsteren Gänge.
    Dann zitterte ein Schrei durch die Gänge, und Richard gefror das Blut in den Adern. »Katharina!«, flüsterte er.
    »Nur ein Schmerzensschrei!«, sagte Arnulf ruhig.
    Richard zwang sich zur Besonnenheit. Er richtete alle Hoffnung darauf, dass Kramer es nicht mehr geschafft hatte, Spindler zu erzählen, dass Katharina längst keine Jungfrau mehr war! Angespannt bohrte er die Nägel seiner Finger in die Handflächen.
    »Sie lebt!« Ganz ruhig war Arnulfs Stimme, aber in seinen Augen loderte es grell.
    Donatus war ein paar Schritte vorausgegangen und an einer Kreuzung stehengeblieben, an der sich zwei verschieden breite Gänge trafen. »Wo sind sie lang?« Lauschend legte er den Kopf schief, um zu ergründen, wohin sie sich wenden mussten.
    Arnulf trat neben ihn. Er hatte das Schwert in der Hand, die Spitze zeigte gen Boden. »Los!«, hörte Richard ihn murmeln. »Schrei noch mal, damit wir dich finden können!«
    Aber seine Bitte wurde nicht erhört. Seine Lippen waren ein schmaler Strich, als er sich zu Richard umdrehte. »Ich kann nicht sagen, in welche Richtung sie gegangen sind.«
    »Was bedeutet das, was Kramer eben gesagt hat?«, fragte Spindler ein zweites Mal.
    Verzweifelt wehrte Katharina sich gegen den eisenharten Griff, mit dem er ihr Handgelenk umklammerte, doch als sie einen Blick in seine Augen warf, die im Licht der Fackel glühten, als brenne das Feuer der Hölle hinter seiner Stirn, da gab etwas in ihr nach. Bis eben hatte sie noch versucht, sich einzureden, dass sie sich in einem furchtbaren Alptraum befand, dass Spindler – ihr warmherziger, kluger Beichtvater Jakob Spindler – unmöglich der Mörder mehrerer Menschen sein konnte. Doch jetzt, da er sie herrisch anstarrte und eine Antwort auf seine Frage verlangte, da wusste sie, dass es keinen Sinn hatte, sich noch länger etwas vorzumachen.
    »Es bedeutet das, was es bedeutet«, sagte sie in

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