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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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waren die Sehnen in dem Gelenk nicht gerissen.
    Der Wirt und sein Bruder führten die Truppe in den Schankraum, wo rasch ein gutes Dutzend Talglichter entzündet wurde und die Versammlung in warmes Licht tauchte.
    »Setzt Euch!«, forderte Richard Dietrich auf und schob ihm mit dem Fuß einen dreibeinigen Schemel hin, den er unter einem der Tische hervorgeholt hatte.
    Der Spielmann gehorchte. Sein Gesicht war inzwischen noch blasser geworden, und Richard musste schlucken, als er daran dachte, was er dem Mann gleich antun würde. Sein Blick suchte den des Wirtes.
    »Braucht Ihr Branntwein?«, fragte der.
    Richard unterdrückte ein belustigtes Schmunzeln. »Für mich allenfalls«, gab er zur Antwort. »Wenn wir diesen Mann, so blass, wie er ist, jetzt auch noch betrunken machen, weiß ich nicht, was geschieht. Nein, was ich brauche, ist ein wenig Hilfe Gottes.«
    Dietrich erbleichte, und um ihm Mut zu machen, lächelte Richard ihn an. »Gut«, meinte er dann. Behutsam griff er nach Dietrichs unnatürlich abstehendem Unterarm und betrachtete das verdrehte Ellenbogengelenk.
    Es gab keine offenen Stellen, was, für sich genommen, schon einmal beruhigend war. »Wie ist das passiert?«, fragte er.
    »Ich bin von einem Heuboden gesprungen«, erklärte Dietrich. Er sprach durch zusammengebissene Zähne. »Blöderweise bin ich ausgerutscht und mit dem Arm auf eine Kante gestürzt.«
    Nachdenklich nickte Richard. »Ich muss die Knochen auf Brüche abtasten, das wird weh tun.«
    Dietrich holte tief Luft. Dann nickte er tapfer. »Wenn Ihr mir nur helfen könnt.«
    Richard fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. So vorsichtig, wie es möglich war, tastete er über Elle und Speiche des Unterarms, dann über den seitlich weit hervorstehenden Gelenkkopf. Während der gesamten Untersuchung biss Dietrich schweigend die Zähne zusammen, doch als Richard das Gelenk selbst berührte, stöhnte er gequält auf.
    »Es sieht recht gut aus«, sagte Richard. »Soweit ich es feststellen kann, scheint nichts gebrochen zu sein.« Behutsam umfasste er nun Ober- und Unterarm. »Ich zähle bis drei«, sagte er. »Dann renke ich es wieder ein.«
    Dietrich schloss kurz die Augen. Dann öffnete er sie wieder, blickte Richard ins Gesicht. Richard konnte ihm ansehen, dass er Angst hatte, aber gleichzeitig war da auch ein großer Ausdruck von Vertrauen in seinem Blick. Hoffentlich war es gerechtfertigt.
    »Seid Ihr so weit?« Richard war sich der besorgten Mienen der anderen Spielleute überaus bewusst, und ihm war nicht ganz klar, wen er mit dieser Frage eigentlich ansprach. Dietrich nickte.
    »Eins«, zählte Richard. Über Dietrichs Kopf hinweg begegnete sein Blick dem des Hünen, und er erkannte, dass der Mann Bescheid wusste, was er vorhatte. Er konnte nur hoffen, dass Dietrich ahnungslos war.
    »Zwei«, sagte er und beförderte das ausgerenkte Gelenk mit einem harten Ruck wieder an Ort und Stelle.
    Dietrich jaulte auf. »Mistkerl!«, schrie er. »Ihr habt gesagt auf drei!« Er war auf die Beine gesprungen und funkelte Richard zornig an, doch gleich darauf erschien ein erstaunter Ausdruck auf seinem Gesicht. »He!« Prüfend bewegte er das Ellenbogengelenk. »Es tut kaum noch weh!«
    Richard lächelte. »Das war Absicht«, erklärte er. »Ihr durftet Euch nicht verkrampfen.«
    »Ich …« Dietrich ging auf, wie er Richard soeben tituliert hatte, und flammende Röte überzog sein Gesicht. »Es tut mir leid«, murmelte er. »Ich wollte Euch nicht beschimpfen …«
    Richard winkte ab. »Ihr hattet alles Recht der Welt dazu.«
    Auf dem Gesicht des Hünen war ein erleichtertes Strahlen erschienen. »Wirt!«, rief er. »Bringt für diesen Mann Wein. Wir müssen auf dieses Wunder anstoßen!«
    Reuther wirkte nicht eben glücklich über diese Bestellung, und der Hüne schien es zu bemerken. »Wir können zahlen«, beruhigte er den Mann, und zum Beweis, dass es stimmte, was er sagte, griff er in seine Hosentasche, beförderte einen Geldbeutel hervor und schüttete eine Handvoll Münzen daraus in seine flache Hand.
    Reuther nickte. Er sah noch immer mürrisch aus, aber er ging nun, das Verlangte zu holen. Wahrscheinlich, dachte Richard, fragte er sich, woher die Spielleute das Geld hatten.
    Der Hüne schlug Richard auf die Schulter, was diesen halb in die Knie gehen ließ. »Setzt Euch!«, forderte er ihn auf. »Wir sind Euch zu großem Dank verpflichtet! Seid Ihr sicher, dass Ihr keine Bezahlung wollt?« Er hielt ihm die Münzen unter die Nase, als sollte

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