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Madrapour - Merle, R: Madrapour

Madrapour - Merle, R: Madrapour

Titel: Madrapour - Merle, R: Madrapour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Anlaß künftigen Gedenkens in Erinnerung zu behalten, obwohl wir alle, wie Robbie sagt, »so wenig Zukunft vor uns haben«. Ich habe nicht die Zeit, mir weitere Fragen zu stellen.
    »Kommen Sie«, flüstert die Stewardess. Ihre Finger umschließen die meinen, und sie zieht mich hoch.
    Ich stehe auf meinen Beinen. Ich wanke nicht einmal. Ich habe überhaupt keine Empfindung von Schwäche.
    Meine Hand haltend, zieht mich die Stewardess in den Mittelgang der Touristenklasse, ich folge ihr fast im Laufschritt und fühle mich außerordentlich beschwingt, meine Füße berühren kaum den Boden. Im Heck bleibt die Stewardess stehen, zieht einen kleinen Schlüssel aus ihrer Tasche und öffnet eine niedrige, schmale Tür, die ich nur gebückt passieren kann.
    Es ist eine Kabine. Zunächst setzt mich ihre ungewöhnliche Größe nicht in Erstaunen, und doch hätte ich mir als erstes die Frage stellen müssen: Wie hat man eine so weitläufige Kabine im Heck der Maschine unterbringen können?
    Der unangemessene Stil der Möbel hätte ebenfalls meine Aufmerksamkeit erregen müssen, vor allem ein mächtigerPlüschsessel in Altgold, der keineswegs am Boden befestigt ist; die Stewardess schiebt ihn vom Bett ab, um sich einen Weg zu bahnen, bevor sie mich in dem Sessel Platz nehmen läßt. Erstaunlicher noch an einem solchen Ort ist das Bett, ein riesiges Doppelbett, und ich frage mich sofort, wie es durch die Türöffnung oder durch die Einstiegsluke am Heck gelangen konnte. Auf keinen Fall durch das Kabinenfenster, wo die Stewardess den kleinen Vorhang zuzieht, ebenfalls in Altgold. Sie schließt ihn mit solcher Sorgfalt, als ob uns jemand aus dem nächtlichen Wolkenmeer beobachten könnte. »So ist es gemütlicher«, sagt sie und sieht mich lächelnd an.
    Ihre zarten Finger gleiten über meinen Hals. Sie geht an mir vorbei und schiebt an der Tür – die mir jetzt so klein erscheint, daß ich auf allen vieren kriechen müßte, um nach draußen zu gelangen – den vergoldeten Riegel vor.
    Bis auf die Trennwand hinter dem Bett ist die ganze Kabine mit altgoldenem Samt ausgeschlagen, auch die Decke und ein Wandschrank, dessen Tür die Stewardess öffnet. Darin ist eine Kleiderablage, unten rechts entdecke ich einen kleinen Kühlschrank. Die Stewardess hängt ihre Uniformjacke auf einen Bügel, wendet sich dann zu mir und sagt mit einem freundschaftlichen Lächeln: »Hier ist es schön. Sie sollten Ihre Jacke ausziehen.«
    Aber sie läßt mir dazu nicht die Zeit. Die Knie gegen meine Knie gepreßt, beugt sie sich vor und hilft mir, die Arme aus den Jackenärmeln zu ziehen.
    Sie hängt meine Jacke sorgfältig auf einen der Bügel. Ich sehe sie an. Ohne Uniformjacke wirkt sie noch kleiner, ihr Busen noch fülliger.
    Die Stewardess öffnet den kleinen Kühlschrank unter der Kleiderablage, holt eine Flasche Whisky heraus, schraubt den Verschluß ab und gießt den Inhalt in ein Glas, das sie mir reicht.
    »Aber ich trinke keinen Alkohol«, sage ich.
    »Trinken Sie«, sagt sie mit einem Lächeln. »Das wird Ihnen sehr guttun.«
    Ich gehorche. Das große geriffelte Glas faßt sich kühl an in meiner rechten Hand und behagt mir; sobald ich zwei, drei Schluck getrunken habe, scheint mein Körper aufzuleben. Ich bin überrascht. Ich habe nie eine solche Wirkung des Alkoholsgespürt. Mir kommt der absurde, romantische Gedanke, daß sie mir einen Liebestrank einflößt, und ich frage halb im Scherz, halb im Ernst: »Was gibst du mir zu trinken, Circe?«
    Sie antwortet nicht. Und ich bemerke mit Erstaunen, daß sie vor mir kniet und dabei ist, meine Krawatte zu lösen: ich glaubte, sie stünde noch an der Kleiderablage und glättete ihre Bluse auf dem Bügel.
    In diesem Moment habe ich den Eindruck, daß jemand uns zwei beobachtet. Mich in dem Plüschsessel sitzend, das halbgefüllte geriffelte Glas in der Hand, und die Stewardess kniend zu meinen Füßen, die Krawatte, die sie mir abgebunden hat, um den Hals und mit ihren zarten Fingern, deren leichte Berührung mir unendlich wohltut, die ersten Knöpfe meines Oberhemdes öffnend.
    Ich drehe den Kopf nach rechts und ertappe mich, wie ich uns, sie und mich, in dem Spiegel beobachte, der die gesamte Wand hinter dem Bett einnimmt, das Bett und die ganze Kabine in der Länge verdoppelnd. Und ich stelle wiederum fest, daß ich sehr, sehr liebevolle Augen habe, deren treuer Hundeblick eine Frau erweichen könnte. Aber noch immer fühle ich dieselbe Überraschung und denselben Schmerz in mir: es

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