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Madrapour - Merle, R: Madrapour

Madrapour - Merle, R: Madrapour

Titel: Madrapour - Merle, R: Madrapour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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körperliche Liebe ist auch eine Meditation über den Tod.«
    In diesem Moment erhascht die Assistentin meinen Blick, der auf ihr ruht, und sagt wütend: »Paß auf, dieses Schwein mit dem Affengesicht versteht Hindi.«
    Der Inder wendet sich mir zu.
    »Sie dürfen mir glauben«, sagt er auf englisch, und seine dunklen Augen funkeln jäh, »daß ich die Beschreibung, die meine Assistentin von Ihnen gibt, nicht billige.«
    Sein Blick verweilt auf mir mit komplizenhaftem Lächeln. Seit er mich in flagranti beim Mogeln überraschte, hat er die feindselige Haltung mir gegenüber aufgegeben. Seine Augen funkeln erneut. Völlig gelassen, als ob die verrinnenden Minuten nicht mehr zählten, und mit einer – für sein Teil überraschenden – Vertraulichkeit fährt er auf englisch fort: »Meine Assistentin ist viel zu fanatisch: sie liebt den Haß.«
    »Ha!« schreit die Assistentin, und ihr üppiger Busen wogt, als ob sie keine Luft bekäme.
    Den Arm ausgestreckt, den Finger auf einen bestimmten Punkt gerichtet, öffnet sie den Mund, ohne daß ein Laut über ihre Lippen kommt.
    »Was ist?« fragt der Inder schneidend.
    Und die Zunge der Assistentin scheint sich plötzlich zu lösen. Sie schreit, den Zeigefinger noch immer auf jenen Punkt gerichtet, in wahnsinniger Erregung: »Sieh mal! Sieh mal! Da ist etwas! Dort! Dort!«
    Der Inder dreht sich um, und ich sehe nach oben. Beiderseits des Vorhangs zur Pantry verkünden die Leuchttafeln an der Wand in zwei Sprachen auf die friedlichste Weise der Welt, so als handelte es sich um eine normale Zwischenlandung:
     
    BITTE ANSCHNALLEN!
    FASTEN YOUR SEAT BELTS!
     
    Seltsamerweise provoziert diese Ankündigung keinerlei Wortwechsel unter uns, und ich entdecke auf den verkrampften Gesichtern meiner Reisegefährten nicht das geringste Anzeichen einer Erleichterung. Es will uns vorerst noch nicht gelingen, wieder Mut zu fassen und die Resignation abzustreifen. Dabei steht außer Zweifel, daß der Inder, der weder ein Lösegeld noch die Freilassung von Gefangenen gefordert hat, das Flugzeug ohne größere Probleme verlassen wird und daß Michou am Leben bleibt. Der Flug wird also fortan seinen normalen Verlauf nehmen können. Doch obwohl sich alles zum Guten zu wenden scheint, bleiben wir mißtrauisch dem Schicksal gegenüber wie auch unserem Reiseziel.
    Die Stewardess bricht als erste das Schweigen. Sie sagt mit berufsmäßiger Routine, nach Normalisierung der Lage gleichsam ihre Rechte an Bord wieder wahrnehmend: »Schnallen Sie sich bitte fest.« Und sie wiederholt in ihrem zwitschernden Englisch:
“Please, fasten your seat belts.”
    Ich gehorche. Ich verhake die Metallteile der Schnalle ineinander. Es klickt, und dieses Klicken gibt mir ganz plötzlich die Empfindung, wieder in die Realität hineinzugleiten.
    Mrs. Boyd muß die gleiche Empfindung haben, denn ihr rundes Gesicht bekommt einen rosa Hauch, sie beugt sich zu Mrs. Banister und sagt leise mit einem Seufzer: »Gott sei Dank, dieser Alptraum ist zu Ende.«
    Der Inder hört es, und als ob ihn dieser Optimismus ärgerte, sagt er streng: »Er ist für mich zu Ende. Für Sie aber, die Sie an das
Rad der Zeit
gekettet bleiben, geht er weiter.«
    Er beläßt es bei diesen Worten, und niemand hat Lust, ihn um eine Erklärung zu bitten – am allerwenigsten Mrs. Boyd. Im übrigen erachtet man im Flugzeug die Zeitspanne zwischen dem Anschnallen und der Berührung mit dem Boden als geringfügig, weil sie mit dem ängstlichen Warten auf die Landung ausgefüllt ist.
    Der Inder beugt sich vor und befiehlt seiner Assistentin auf Hindi, das Paar zurückzurufen. Sie tut es ohne die geringste Diskretion, indem sie den Vorhang zur Touristenklasse brutal aufzieht und ihre rücksichtslose Geste mit kehligen Lauten begleitet.
    Manzoni erscheint als erster (ohne Zweifel hat er weniger in Ordnung zu bringen). Die Assistentin, die den Revolver auf ihn gerichtet hält, weicht angewidert zurück, als fürchtete sie, von ihm gestreift zu werden. Aber Manzoni bleibt auf der Schwelle stehen, ich möchte beinahe sagen: er pflanzt sich dort auf, groß, wohlproportioniert, widersinnig elegant in seinem weißen Anzug und die Krawatte mit solcher Sorgfalt zurechtrückend, als hinge die Zukunft der Welt davon ab. Sicher bleibt er dort stehen, um auf Michou zu warten oder um sie so lange vor unseren Blicken zu schützen, bis sie ihre Kleider wieder in Ordnung gebracht hat. Doch während er uns mit seinen etwas ausdruckslosen Augen des verwöhnten Kindes

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