Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon
Familie nach einem genauestens ausgearbeiteten Plan die Füße wund. Jeder neue Tag begann damit, dass Ove und Eva den Pariser Stadtplan auf ihrem Bett im Hotelzimmer ausbreiteten und die Unternehmungen bekanntgaben. Nichts wurde dem Zufall überlassen, selbst die Metrostation für den Kauf neuer Fahrscheine wurde bestimmt. Und dann gab es einen Schnaps. Als sie gerade mal Teenager waren, bekamen die Jungs zum ersten Mal einen kleinen Stahlbecher mit Fernet Branca als rituellen Start in den Ausflugstag.
Nachmittags gingen sie gern ins Kino, um sich neue Filme oder seltene alte Klassiker anzuschauen, oder sie machten in einem Straßencafé Rast, wo sie einen Amer Picon – Bitter – tranken. Außerdem musste Ove unbedingt Kunst sehen. Er liebte besonders die Galerien um den Place Saint Michel im 6. Arrondissement. Nicht selten wurden dieselben Galerien mehrmals besucht, während Eva und Ove lebhaft diskutierten, ob sie genug Geld hätten, das eine oder andere Bild zu kaufen.
Beendet wurde der Tag mit gutem französischem Essen. In den ersten Tagen aß man obligatorisch Pfeffersteak und Jakobsmuscheln. Wenn die beiden Haus- und Hofgerichte absolviert waren, machte man sich einen Sport daraus, bei jedem Restaurantbesuch etwas Neues auszuprobieren.
Die Kinder liebten das. Sie erhielten eine Erziehung in Großstadtferien, die ihrer Zeit voraus war. Damals fuhren die meisten Dänen nach Schweden oder Norwegen, und Sven und Jørgen waren immer sehr stolz, wenn sie in der Schule erzählen konnten, dass sie diesmal Kuttelsuppe oder Schafshirn probiert hatten.
Freunde fürs Leben
Dirch und Ove lernten sich schon 1946 kennen. Dirch Passer war gerade zur Marine einberufen worden, als er und Ove vor der Allee-Bühne, dem heutigen Betty Nansen Theater, aufeinandertrafen. Der dänische Jerry Lewis, dessen Leben verfilmt wurde und unter dem Titel »Dirch, der traurige Clown« 2011 Deutschland-Premiere hatte, sagte damals von sich selbst: »Ich bin zu lang und zu merkwürdig. Ich werde bestimmt kein Schauspieler.«
»Das ist doch völliger Quatsch! Natürlich musst du weitermachen, du Blödmann!«, redete Ove auf ihn ein, er begleitete ihn zu mehreren Aufnahmeprüfungen an der Schauspielschule. Als Dirch einmal mit Texten aus John Steinbecks Stück »Von Mäusen und Menschen« vorsprach, in dem sie 15 Jahre später zusammen auf der Bühne stehen sollten, wurde er angenommen. Dirch war Ove immer dankbar, dass er ihm im rechten Moment Mut gemacht hatte.
Als Straßenbahnfahrer und Schaffner im Film »Im Königshain« begannen Ove Sprogøe und Dirch Passer ihren Siegeszug als beliebtestes Komikerpaar der fünfziger Jahre. Ihr Lied »Immer kommt eine Straßenbahn und ein Mädchen dazu« gilt auch heute noch als einer der herausragendsten Augenblicke in dieser Partnerschaft. Schon damals pfiffen die Dänen fröhlich die Melodie.
Und beide wussten, was sie aneinander hatten. Ove ließ Dirch improvisieren und die Situationen herstellen und schloss sich, so gut er konnte, daran an. Einmal sollten die beiden netten Kerle laut Drehbuch einem Mann beim Tapezieren helfen. Ove dachte, dass sie sich einfach damit begnügen könnten, die Tapete anzubringen, aber Dirch machte aus der Szene ein Kabinettstück absurder Komik mit Leimquaste und Tapetenrollen.
Oft wurde Ove gefragt, ob es ihn nicht störe, dass Dirch alle Aufmerksamkeit erhielt, doch er verneinte. Er wusste, dass eine Rolle als »straight man« genauso wichtig war. Das bestätigt auch Ghita Nørby: »Du kannst nicht die ganze Zeit allein auf dem Platz herumsausen. Du brauchst jemanden, der dir die Vorlage liefert, und den Ball für den Torschützen in die richtige Ausgangsposition zu bringen, ist genauso schwer, wie ihn nachher ins Tor zu jagen. Das Timing zwischen beiden muss ganz genau stimmen, sonst funktioniert das nicht. Dirch und Ove waren gleichberechtigt, sie waren voneinander abhängig. Was Ove übrigens sehr liebte, muss ich dazu sagen. Die beiden hatten ein Verständnis und eine Liebe füreinander, die ihresgleichen suchte, deshalb waren ihre Texte so gut aufeinander eingespielt und wurden immer besser. Dirch war ohne Ove nicht komisch.«
Hin und wieder verlor selbst der beherrschte Ove die Fassung. Ove und Lone Hertz sollten eine Liebesszene spielen, und Dirch hatte nur den Satz zu sagen, dass er auf die Toilette müsse. Diesen Satz wandelte er bis ins Unendliche, bis er am Schluss sagte: »Ich gehe jetzt mal Toilette machen.« Er war dann auf der Toilette und
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