Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon
Gefühl erfassen. Das war seine Theorie.
In einem längeren Interview lobte Ove Sprogøe die amerikanischen Filme jener Zeit wie »Die Reifeprüfung« dafür, dass sie nicht um den heißen Brei herumredeten.
»Ich muss immer dort sein, wo ich das Gefühl habe, es passiert etwas Neues. Aber wenn ich aus einem zutiefst pessimistischen Film wie Godards ›Weekend‹ komme, mache ich zu und finde die Welt trostlos. Der Film hat einen großartigen Appell an alle modernen Menschen, und es ist wunderbar, dass uns Godard einen Schock nach dem anderen versetzt, aber ich mache zu. Ich bewundere auch Truffaut, der einfach das Recht haben möchte, seine Filme zu den Menschenkomödien zu machen, die sie sehr wohl sind. Ich sehe auch das Großartige in Dreyers Drama ›Gertrud‹, habe aber ein anderes Temperament und finde, dass er nicht nur zehn oder zwölf Filme hätte machen sollen. Ich finde, er hätte sich auch erlauben sollen, ein paar Torheiten zu begehen und uns auf diese Weise mit noch mehr und vielleicht wärmeren Werken zu bereichern. Ich möchte lieber, dass sich ein John Ford in einem Stoff herumwälzt und prächtige warme Komödien schafft und dann zwischendurch auch mal wieder große gültige Kunstwerke.« Ove hoffte immer, dass ihm die Filme Inspiration für seine eigene Arbeit sein würden. »Je mehr wir ins Kino gehen und sehen, was sie im Ausland machen und welche Atmosphäre Funken sprühen kann, desto mehr muss es sich auf unserer Netzhaut festsetzen, damit wir irgendwann daraus schöpfen können.«
1969 half Ove Sprogøe sogar, »Flesh« von Paul Morrisey zu importieren, an den sich die großen Verleihgesellschaften nicht herantrauten, weil ihnen das Porträt einer heroinsüchtigen Prostituierten zu provokant erschien. Gemeinsam mit anderen Künstlern versuchte Ove, den Film mit begleitendem Vortrag im Odd-Fellow-Palast unterzubringen. Doch das wurde von der Polizei verboten. Dahinter steckte die etablierte Kino-Branche. Blitzschnell gründete man einen Filmklub, bei dem man für nur 50 Øre Mitglied werden konnte, und führte den Film vier Tage später an selber Stelle vor 650 Menschen vor. Der finanzielle Verlust der Veranstaltung belief sich auf rund 5000 Kronen, doch kulturell und politisch war diese Aktion ein Erfolg.
Diese Provokation brachte die Initiatoren des Filmklubs vor Gericht: 300 Kronen Strafe für jeden, 166,67 Kronen pro Mann für die Gerichtskosten oder Gefängnis. Einer entschied sich fürs Gefängnis, Ove und die anderen zahlten.
Obwohl Ove zunehmend um Autogramme gebeten wurde, blieb er selber auch immer ein Fan. Bei einem seiner Sommerurlaube in Paris Mitte der sechziger Jahre sah er plötzlich eines seiner ganz großen Idole. Er saß mit Jørgen, Sven und Henning in einem Straßencafé hinter einer halboffenen Glastür. Plötzlich sprang er von seinem Stuhl auf, so dass dieser umfiel. »Kommt, da ist er!«, rief er, zog die drei Jungen auf die Straße hinaus und rannte los. Die Jungs hatten keine Ahnung, was los war. Sie liefen über mehrere Boulevards und durch etliche Nebenstraßen und landeten in einem Hinterhof. Da stand wie ein aufgescheuchter Hahn – Jacques Tati. »Entschuldigung, Monsieur Tati, es ist eine Ehre für mich, Ihnen zu begegnen! Dürfte ich wohl ein Autogramm bekommen?«, stammelte Ove in einer Mischung aus Französisch und Dänisch hervor. Und er bekam es. Ove erzählte später, dass er Tati an seinem charakteristisch wiegenden Gang mit langen Schritten erkannt habe. Später kam Jacques Tati ein paar Mal nach Dänemark. Unter anderem zur Vorpremiere von »Playtime« 1968 im Palladium-Kino. Als der Film 1969 auch den Bodil-Preis für den besten nicht-dänischen Film erhielt, war Ove Sprogøe auserkoren, den Preis an Tati zu überreichen, und in seiner Rede erzählte er von dieser ersten Begegnung mit dem großen Komiker. Das Publikum lachte, ob mehr über Tati, der hinter Oves Rücken Faxen machte und seine bekannte Pantomime des eitlen Tennisspielers gab, oder über diese Episode … ist nicht bekannt.
Ove freute sich auch, als ihm Henning das Autogramm von Gene Kelly beschaffte, und gab ihm einen Ehrenplatz im Haus. »Ich liebe Musicals, und wenn ich eins von diesen guten alten gesehen habe, bin ich so glücklich, dass ich auf der Straße tanze«, gestand er einmal, »dann fühle ich mich so wahnsinnig talentiert und denke, jetzt kann ich auch genug, um richtig gut zu sein.«
Im Sommer 1962 gab Eartha Kitt ein längeres Gastspiel im Glassaal im Tivoli.
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