Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
Chuck.
Chuck starrte auf das Spielzeug in Danis Hand, und im Lichtkegel der Taschenlampe leuchtete das Weiß in seinen Augen wie Monde.
»Zeig es uns!«, bellte Mitch. Chuck deutete auf eine Gasse, die sich hinter dem Gebäude entlangzog. Dani leuchtete mit der Taschenlampe in die entsprechende Richtung und befahl ihm, sich in Bewegung zu setzen.
Nach etwa zehn Metern blieb er an der Außenwand des Gebäudes stehen. Auf dem Zementboden lag ein Bretterhaufen, unter dem Ratten hervorgehuscht kamen, als Dani mit der Taschenlampe darauf leuchtete. Der Zementboden war rissig und nass. Chuck deutete auf die Stelle.
Sie richtete den Lichtstrahl auf den Teddy in Chucks Hand, griff danach und fuhr mit den Fingern über den Fleck. Dann verstand sie: Der Fleck auf dem Teddy war kein Schmutz. Es war Blut. Wieder betrachtete sie die Stelle auf dem Boden, die Chuck ihnen gezeigt hatte, doch es hatte zu stark geregnet. Selbst wenn Chuck den Teddy in einer Blutlache gefunden hatte, hatte Regen sie weggewaschen und –
»Dani.«
Mitch packte ihr Handgelenk und lenkte die Taschenlampe auf die Seitenwand des Gebäudes. Danis Blick folgte dem Lichtkegel, und es drehte sich ihr der Magen um.
Das war Blut.
35
M itch hörte, wie Dani aufkeuchte, und seine Gedanken überschlugen sich. Das Gebäude bestand aus roh behauenen Holzbrettern, die mittlerweile verwittert waren. Wegen des überhängenden Dachs war seit Jahren kein Regen mehr auf die Seitenwand gefallen. Die Flecken konnten ebenso gut Farbreste, Schlamm, Spritzer eines verschütteten Getränks sein.
Blödsinn. Es war Blut.
Dani starrte auf die Wand, und ihr Arm wurde stocksteif. »Hier ist es passiert«, sagte sie benommen. »Chuck hat den Bären hier auf dem Boden gefunden. Sieh mal, da sind Blutspuren. Und auch dort, an der Wand …«
Mitch ließ sie reden und behielt unterdessen Chuck im Auge, der nun drei Schritte hinter ihr stand, während sie im Licht der Taschenlampe die Flecken betrachtete. Chuck starrte mit irrem Blick auf den Teddy. Seine Augen waren so groß wie Untertassen. Er zitterte. Doch er wirkte auch ziemlich wütend.
»O nein«, sagte Dani.
Mitch blickte in ihre Richtung. Dani hatte sich vorgebeugt, das Gesicht auf Schulterhöhe dicht vor der Wand. Der Lichtkegel zitterte auf der Holzwand. »Was ist los?«
»Neeiin«, stöhnte sie.
»Dani.« Mitch ging zu ihr, bewegte sich aber rückwärts, um gleichzeitig Chuck im Auge zu behalten. Rasch wandte er den Kopf zu Dani um. »Was hast du –«
In diesem Augenblick stürzte sich Chuck mit einem Schrei auf Dani. Als Mitch sah, dass er ein langes Brett in der gesunden Hand hielt, sprang er mit einem Satz auf Chuck zu. Mit einer Hand schlug Mitch ihm das Brett aus der Hand, mit der anderen zog er seine Smith & Wesson. Und schleuderte Chuck mit Wucht gegen die gegenüberliegende Wand.
»Weg da, Arschloch!«, rief Mitch und hielt ihm die Waffe unters Kinn gedrückt. Der Mann wimmerte und ließ sich an der Wand hinabgleiten. Mitch hielt ihn in Schach und sah zu Dani hinüber. »Alles klar?«
»O mein Gott«, keuchte sie. Auch sie hielt ihre Waffe in der Hand, während die Taschenlampe heruntergefallen war und über den Boden rollte. Sie musste die Waffe gezogen haben, als sie herumgewirbelt war, aber jetzt stand sie da und starrte Mitch an, als traute sie ihren Augen nicht.
Dani hob die Taschenlampe auf und hielt sie wieder auf einen bestimmten Punkt an der Wand gerichtet. Mitch trat näher heran, behielt jedoch Chuck im Visier.
»Was ist los?«, fragte er, aber kaum hatte er die Worte ausgesprochen, hatte er es auch schon entdeckt. Über einem Schwall Blutspritzer an der Wand hatte sich etwas an einem knorrigen Brett verhakt: blondes, gelocktes Haar.
Mia erschrak, als das Handy klingelte. Lieber Gott, es war schon spät. Ging es um Nika?
Sie blickte aufs Display. »Fulton, was willst du?«, fragte sie.
»Schaff den Doktor heran«, sagte er. »Ich glaube zwar, dass sie nur so tut, als ob, aber ich werde hier nicht den Geburtshelfer spielen. Das Mädchen kann nicht mehr aufrecht stehen. Sie hat Krämpfe und brüllt. Hol den Doktor.«
Mia schloss die Augen. Gott sei Dank. Sie musste fertig werden, und nun würde sie Nikas Haare noch rechtzeitig bekommen. Kristinas Perücke würde am Sonntag fertig sein.
»Ich hole ihn«, versprach sie. Es war kein Problem, die Wehen einzuleiten, wenn Nika tatsächlich nur so tat, als ob. »Ich hole ihn noch heute Nacht.«
Es war schon kurz nach zwei, als Mitch
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