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Maedchenlose

Titel: Maedchenlose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Augusti
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ein freundliches Gesicht machen, wie es Adda that, sonst kann sie ja nicht wissen, daß du ihr gut bist.« –
    Man brachte Noras Gepäck ins Zimmer, und sie begab sich ans Auspacken und Einrichten. »Willst du mir helfen, liebe Erna?« fragte sie freundlich, »trage dies Päckchen hierhin und dies dorthin; wenn ich alles allein thun soll, wird es mir zu schwer.« Erna war sehr bereit und that unermüdlich, was ihr aufgegeben wurde; ihre blassen Wangen röteten sich ein wenig, und ihr Gesicht sah heller und kindlicher dabei aus. Aber bei den schnelleren Bewegungen trat auch der Fehler ihres Ganges deutlicher hervor, und Nora begriff wohl, daß dieser Anblick Frau v. Westheim immer einen Stich ins Herz geben mußte.
    Später, als das junge Mädchen mit den einzelnen Gliedern des Hauses besser bekannt wurde, fragte sie einmal die Haushälterin nach dem verstorbenen Kinde. »Ach, liebes Fräulein«, sagte die gute Alte mit Thränen in den Augen, »unsere Adda hätten Sie sehen sollen! zwei verschiedenere Kinder sind nicht zu denken, als diese beiden waren. Sie war so schön – Gottes Engel könnte nicht schöner sein, und dabei solch ein lustiges Vögelchen, gut und freundlich gegen jedermann. Sie war unserer gnädigen Frau ihr Abgott, sie mußte sie immer um sich haben; natürlich waren dann beide Kinder bei ihr, denn Adda ließ nicht von Erna, sie liebten sich wie Zwillinge. Auf einmal, es ist nun wohl ein Jahr her, da erkrankte Erna am Scharlachfieber, und die Kinder wurden ganz getrennt, wegen der Ansteckung. Aber Adda weinte und bat, sie wollte nur einmal zu ihrem Schwesterchen gehen, und endlich ließ die Wärterin sie herein; da flog sie auf die Kranke zu und küßte sie. Nach drei Tagen bekam Adda auch das Scharlachfieber, und eine Woche darauf war sie tot. Wir dachten alle, die gnädige Frau würde den Verstand verlieren, so außer sich war sie; sie lag auch lange krank, und als sie wieder aufstand, da war sie ganz verändert, viel ernster und strenger, und zu Hause konnte sie es gar nicht mehr aushalten, sondern ging oder fuhr alle Tage aus. Niemand durfte ein Wort von dem verstorbenen Engelskinde sprechen, und seit der Zeit konnte sie die arme kleine Erna nicht mehr leiden; sie meint wohl, das Kind sei schuld an Addas Tode.«
    Siebentes Kapitel.

Kleine Freuden.
    Einige Wochen waren verstrichen, Nora hatte sich mit ihrem neuen Leben und seinen Pflichten vollkommen vertraut gemacht. Sie und Erna waren ein unzertrennliches Paar und lebten größtenteils in einer kleinen Welt für sich, welche außer ihren Zimmern auch den schönen schattigen Garten umfaßte, in dem sie täglich manche Stunde zubrachten. Die Liebe und das Vertrauen des Kindes hatte sie sich schon am ersten Tage erworben, sie waren ihre größte Freude; mit Rührung sah sie, wie das verschlossene Gemüt sich allmählich aufthat; mit Staunen beobachtete sie die oft seltsamen Ideen, welche in der Stille des kleinen Köpfchens gekeimt waren und nun kraus und bunt ans Licht traten. So wenig die Natur für Ernas Äußeres gethan hatte, so reich hatte dieselbe sie mit innern Gaben ausgestattet; sie lernte mit einem Eifer und Verständnis, welche für Nora selbst ein energischer Sporn zum Weiterstreben wurden, und reichlich fühlte sich diese für jede Mühe belohnt, wenn Erna einmal nach Kinderart hell aufjubelte oder ihr leises musikalisches Lachen ertönen ließ. Frauv. Westheim war mit Noras Leistungen zufrieden und sagte ihr zuweilen einige anerkennende Worte über den günstigen Einfluß, den sie auf Erna ausübe; im übrigen aber blieb sie ebenso kühl und zurückhaltend gegen das junge Mädchen, wie in der ersten Stunde. Nur zu den Mahlzeiten erschien Nora im Familienzimmer, wo ihr der Herr des Hauses, ein stattlicher Mann, dem die rabenschwarzen Haare besser zu Gesicht standen, als seiner kleinen Tochter, stets mit großer Höflichkeit begegnete; doch selten entspann sich ein allgemeines Gespräch, an dem sie hätte teilnehmen können, und wenn geladene Gäste erschienen, wurde sie niemals zugezogen. Doch fehlte es ihr keineswegs an Zeiten der Muße; in der Morgenstunde, die Erna regelmäßig bei ihrer Mutter verbrachte, oder abends, wenn jene früh zur Ruhe gegangen war, traten keine Ansprüche an sie heran, sie konnte lesen, schreiben oder sonst treiben, was sie wollte.
    Jeden Tag sagte sich Nora, daß sie Grund habe, dankbar und zufrieden zu sein, und doch wollte oft ein Gefühl tiefer Entbehrung, heißer Sehnsucht sie überschleichen. Sie

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