Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Maedchenmoerder Ein Liebesroman

Titel: Maedchenmoerder Ein Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
Vom Netzwerk:
Gabriella nicht in der Weise durchziehen konnte, die er offensichtlich geplant hatte, sondern gezwungen war zu improvisieren. Auch wenn er sich an der Oberfläche nichts anmerken ließ: Der Patron von Nîmes-Marguerittes hatte ihn aus dem Tritt gebracht.
    Kurz hatte ich sogar gehofft, mein Peiniger wäre so irritiert, dass er einfach die zehn oder zwanzig Kilometer zum Pont du Gard zurückfahren und die beiden Italienerinnen dort absetzen würde. Doch kaum saßen wir im Auto - ich vorn, die anderen Mädchen hinten - wurde klar, dass er andere Absichten hatte. Er wählte nicht die Richtung, aus der wir kurz zuvor gekommen waren, sondern fuhr in Richtung Marseille, also exakt jene Strecke, die wir am Morgen, auf unserem Weg von Arles zum Pont du Gard , genommen hatten. Als er die Autobahn verließ und den Schildern » Parc Naturel Régional de Camargue « folgte, begann ich zu ahnen, was er vorhatte. (Ponyreiten war es sicher nicht...)
    Die beiden Italienerinnen wirkten zum ersten Mal beunruhigt. Wenn ich es richtig verstand, tischte ihnen mein Peiniger das Märchen auf, dass er sich spontan umentschieden habe und das Shooting lieber in der Natur machen würde. Und welch großartigere Kulisse könne es dafür geben, als die Camargue mit ihren weißen Pferden, schwarzen Stieren und pink Flamingos. Auch ihre Sorgen, wie sie je wieder zur Reisegruppe zurückfinden sollten - warum hatten sie sich diese Sorgen nicht früher gemacht! - wischte er mit einem galanten » Non c’è problema « beiseite.
    Gabriella rang sich schnell zu der Einstellung durch, ihre »verdammte Gruppe« und ihre »verdammten Eltern«, die sie zu dieser »verdammten Reise« gezwungen hätten, würden den Schrecken, dass sie beide verschwunden waren, absolut verdienen. Schließlich böte sich die Gelegenheit, ein Shooting mit einem berühmten Fotografen machen zu können, nicht alle Tage. (Ich denke, dies muss der ungefähre Inhalt des Vortrags gewesen sein, den Gabriella ihrer zögerlicheren Freundin hielt.) Und als die ersten Flamingos auftauchten, die tatsächlich wie im Kölner Zoo auf einem Bein standen (jedoch ganz und gar nicht pink waren, sondern eher weiß - ich habe gehört, im Zoo kippen sie den armen Tieren irgendwelche Farbstoffe ins Futter, damit sie pink leuchten) -, als die ersten dieser schlaksigen Vögel in den Tümpeln rechts und links der Straße auftauchten, vergaß auch Alessia ihre Skrupel. Nun schnatterten sie gleichzeitig auf meinen Peiniger ein. Mich sprachen sie ein einziges Mal an. Wenn ich das englische Kauderwelsch richtig entschlüsselt habe, wollten sie wissen, ob ich Model sei. Bevor ich selbst etwas erwidern konnte, hatte mein Peiniger mich zur » supermodella tedesca « erklärt. Dem weiteren Verlauf des Gesprächs konnte ich ohne größere Schwierigkeiten folgen. (Und ich garantiere Ihnen, selbst wenn Sie kein Wort Italienisch verstehen und auch niemals Latein gelernt haben - auch Sie hätten erraten, worüber gesprochen wurde, wenn jedes dritte Wort » Vogue «, » Versace « und » Gisele Bündchen « war. (Wobei ich eine Weile brauchte, bis ich begriff, wer mit » Dschisälä Bundkén « gemeint war.))
    Da ich ohnehin keine Möglichkeit mehr sah, dem Schicksal in die Speichen zu fassen, begann ich, die toten Hasen zu zählen, die am Straßenrand lagen. Irgendwann kam ich zu dem Schluss, dass sie unmöglich alle von Autos überfahren worden sein konnten. Die winzige Nebenstraße, die mein Peiniger eingeschlagen hatte und die immer zwischen Sumpf und » Etang « (eigentlich »Teich«, in diesem Fall aber eher »Brack«) entlangführte, war nämlich alles andere als dicht befahren. Seit einer ganzen Weile schon war uns kein anderes Auto mehr begegnet. Als ich den großen Raubvogel entdeckte, der neben einem besonders übel zugerichteten Hasenmatsch hockte, war mir die Sache klar.
     
     
    Das Erste, was mir auffiel, als wir aus dem Wagen stiegen, war der Gestank. Nun stinkt das Mittelmeer immer ein wenig - weshalb ich den Atlantik bevorzuge -, aber der Geruch auf dem schmalen Deich, der die verschiedenen Etangs voneinander trennte, war schlimmer als alles, was ich bislang am Mittelmeer gerochen hatte. Das Brackwasser rechts und links der Schotterpiste, die den Deich in seiner gesamten Breite einnahm - ohne zu zögern war mein Peiniger an einer Stelle abgebogen, an der » ACCÈS INTERDIT « stand -, das Brackwasser rechts und links der Schotterpiste war von einer braun-weiß-grünlichen Kruste überzogen, und wenn

Weitere Kostenlose Bücher