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Maenner in Freilandhaltung

Maenner in Freilandhaltung

Titel: Maenner in Freilandhaltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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reichte, um meinen Magen nervös rebellieren zu lassen. Ich fühlte mich eigenartig schuldig, so als hätte ich sowohl Simon als auch Jan hintergangen. Warum eigentlich?, fragte ein leises Stimmchen in meinem Inneren trotzig. Schließlich bist du mit keinem der beiden zusammen. Es war ja auch gar nichts passiert, wenn man von dem Beinahekuss mit Jan einmal absah.
    »Hallo, Jan!« Daniel, der ein paar leere Flaschen in den Händen hielt und offenbar gerade für Getränkenachschub sorgen wollte, war unbemerkt hinter mich getreten. »Du bist unsere Rettung. Wir grillen gerade und werden es allein niemals schaffen, die Unmengen an Fleisch zu verdrücken, die Louisa eingekauft hat. Wie sieht’s aus – hilfst du uns?«
    »Jetzt überfall den armen Jan doch nicht so. Er hat bestimmt schon was vor. Ich kann die Würstchen und das Fleisch auch einfrieren«, machte ich einen verzweifelten Versuch, das Aufeinandertreffen von Jan und Simon zu verhindern.
    »Nein, ist schon okay. Ich bleibe gern. Außerdem habe ich Hunger wie ein Bär.«
    »Na toll«, log ich tapfer, während Jan mit seinen vierbeinigen Begleitern bereits an mir vorbeispazierte.
    Um keine Revierstreitigkeiten aufkommen zu lassen, wie Jan es nannte, band er seine Hunde unter Ernies wachsamem Blick im hinteren Teil des Gartens an einem Kirschbaum fest. Ja, mit den Revierstreitigkeiten und Besitzansprüchen war das so eine Sache ...
    Obwohl ich mir alle Mühe gab, genau das zu vermeiden, ergab es sich, dass ausgerechnet Jan und Simon am Tisch nebeneinandersaßen. Zum Glück war schon bald das Fleisch fertig. Mit vollem Mund konnte man – gute Manieren vorausgesetzt – nicht reden. Und Daniel und Jan waren tatsächlich so wohlerzogen, dass sie schweigend mampften. Als ich die beiden so nebeneinandersitzen sah, begann ich unwillkürlich, sie zu vergleichen. Rein optisch ein klares Unentschieden. Attraktiv waren sie beide, jeder auf seine Art. Ich musste an Christophers Edelsteinsammlung denken, die er wie seinen Augapfel hütete. Simon wirkte perfekt poliert, Jan hingegen kantig und ungeschliffen. Allerdings hatte Jan den Heimvorteil auf seiner Seite. Obwohl Simon für seine Verhältnisse leger in Jeans und Polohemd gekleidet war, kam er mir hier wie ein Fremdkörper vor. Offenbar war ich aber die Einzige, die das so empfand, denn Simon selbst sah völlig entspannt aus und ließ es sich mit gesundem Appetit schmecken.
    Mein Magen hingegen war, abgesehen von einer kleinen Scheibe Baguette, immer noch leer. Ich stand so unter Strom, dass ich beim besten Willen nichts runterbekam.
    Jedes Mal, wenn Simon oder Jan ihren Teller leer gegessen hatten und Anstalten machten, ihr Besteck zur Seite zu legen, sorgte ich für Nachschub. Aber irgendwann musste sogar ich einsehen, dass kein Wurstzipfel mehr in sie hineinpasste.
    Seufzend lehnte Simon sich in seinem Stuhl zurück. »Puh, bin ich voll. Ich glaub, ich platze gleich.«
    Jan rieb sich den Bauch. »Geht mir ähnlich.«
    Satt und zufrieden sahen die beiden Männer sich an. Offenbar war man sich nicht unsympathisch.
    »Prost.« Simon hob sein Bierglas an den Mund.
    »Prost.« Auch Jan nahm einen tiefen Schluck.
    Allerdings stand zu befürchten, dass ihre Kommunikation nicht immer so pointiert und auf das Wesentliche beschränkt bleiben würde. Wenn sie jetzt noch gemeinsam zwei oder drei Bier zischten, würde es garantiert nicht lange dauern, bis sie sich miteinander verbrüderten und sich gegenseitig ihr halbes Leben erzählten.
    Ich dachte angestrengt nach, welches unverfängliche Gesprächsthema ich anschneiden könnte. Möglichst irgendetwas, für das sich sowohl Jan als auch Simon interessierten. Aber außer meiner Wenigkeit wollte mir ad hoc nichts einfallen ... Allerdings fiel es mir auch schwer, mich zu konzentrieren, denn aus dem Augenwinkel sah ich, dass Rebecca sich auf die Armlehne von Daniels Stuhl gesetzt hatte und ununterbrochen auf ihn einredete. Daniel hörte ihr aufmerksam zu und nickte ein ums andere Mal wie ein Wackeldackel zustimmend mit dem Kopf. Was Rebecca wiederum dazu ermunterte, ihre Hand wie zufällig auf Daniels Schulter zu legen.
    »Leute, was haltet ihr von einem kleinen Fußballspiel?!«, versuchte ich, die Bagage von ihren Stühlen aufzuscheuchen. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ausgerechnet ich jemals einen solchen Vorschlag machen würde. Aber irgendwann musste wohl jeder mal Opfer bringen. »Nach der ganzen Futterei kann ein bisschen Bewegung bestimmt nicht

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