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Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Titel: Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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scheint die ganze Aktion ein echtes Abenteuer zu sein.
    »War einer von Ihnen schon mal in einem Tresorraum?«, will er wissen.
    Die Ermittler schütteln die Köpfe.
    »In jeder dieser Türen gibt es zwei Schlösser, wie Sie sehen. In das eine gehört der Schlüssel der Bank.« Er steckt in das Fach mit der Nummer 117 einen kantigen schlicht wirkenden Schlüssel, den er vor wenigen Minuten aus einem verschlossenen Schrank an der Rückwand des Schalterraums genommen hat. »In das andere Schloss kommt jetzt Ihr Schlüssel. Beziehungsweise der des Schrankfachmieters.«
    Während Silja einen Latexhandschuh überzieht und den Schlüssel vorsichtig aus der Tüte holt, redet der Filialleiter weiter.
    »Ich nehme mal an, ich darf nicht sehen, was Sie gleich entdecken werden, oder?«
    »Ich fürchte nicht«, antwortet Bastian. »Das ist bei Ihren anderen Kunden doch auch so, oder?«
    »Selbstverständlich. Ist es in Ordnung, wenn ich im Vorraum warte? Sie werden den Inhalt ja sicher mitnehmen wollen. Dann kann ich anschließend noch zurück zu meiner Mannschaft.« Er zupft am Ärmel seiner grellgrünen Bowlingjacke. »Wäre ja blöd, wenn die unseren Turniersieg ohne mich feiern.«
    »Wir brauchen wahrscheinlich nicht mehr als fünf Minuten«, antwortet Bastian. »Ich mache ein paar Fotos, und wir nehmen den Inhalt dann mit. Es sei denn, wir stoßen auf irgendetwas sehr Ungewöhnliches, dann würde ich die Spurensicherung anfordern.«
    Der Filialleiter, der sich schon umgedreht hat und auf dem Weg in den Vorraum ist, bleibt abrupt stehen.
    »Ungewöhnlich? Also wenn Sie jetzt Leichenteile finden oder so etwas? Meinen Sie das?«
    Silja zieht scharf die Luft ein und denkt, der hat ganz bestimmt zu viele Fernsehkrimis gesehen, aber Bastian antwortet freundlich und ohne jede Ironie: »Genau. So etwas wäre zum Beispiel ein Fall für die Spurensicherung.«
    Als Silja den Schlüssel im Schloss dreht, zittert ihre Hand ganz leicht. Die Safetür öffnet sich ohne jedes Geräusch. Innen steckt eine Stahlbox, die nur wenige Millimeter kleiner ist als der Schrankraum. Langsam zieht Silja die Box heraus.
    Im Inneren liegt ein Bündel Geldscheine. Mehr nicht.
    Enttäuschung malt sich auf den Gesichtern der Ermittler.
    »Scheiße«, entfährt es Sven leise. »Das hilft uns jetzt echt nicht weiter.«
    Silja stülpt auch über ihre zweite Hand einen Latexhandschuh, nimmt die Hunderteuroscheine heraus und zählt sie schnell durch.
    »… 17, 18, 19 … huch, was ist denn das?«
    Zwischen dem 19. und dem letzten Schein liegt ein kleiner weißer Zettel, auf dem in der rechten oberen Ecke das Logo der Bank prangt. Auf dem Zettel stehen einige hastig hingeworfene Sätze:
    Falls mir etwas passiert, dann war es Jens. Das ganze Geld ist von ihm, nur für zwei Tage Rasieren. Bis zum Freitag soll ich noch mal 5000 bekommen. Aber die Haare sind ja schon ab, und ich habe ein bisschen Angst.
    Fassungslos sehen sich die drei Kommissare an. Niemand sagt ein Wort, bis schließlich Silja murmelt: »Sie hat es geahnt.«
    »Dreh mal den Zettel um«, fordert Bastian jetzt flüsternd. »Da haben sich noch irgendwelche anderen Buchstaben durchgedrückt.«
    Auf der Rückseite steht tatsächlich noch etwas. Schief und fast unleserlich reihen sich wenige Worte aneinander, als seien sie schnell oder vielleicht sogar widerwillig hingeschrieben worden.
    Ich liebe ihn ja, aber er sagt, er kann sich nicht von seiner Frau trennen. Das hat er schon vor zwei Jahren gesagt, deswegen habe ich mir Hubert gesucht. Ich dachte, Jens wird vielleicht eifersüchtig. Aber er war nur erleichtert. Jetzt schläft er gar nicht mehr mit mir. Will immer nur rasieren. Lieber Gott, hilf mir!
    »Das kann nicht sein«, stöhnt Silja verhalten. »Bitte sagt mir, dass ich träume.«
    In einer spontanen Geste streicht ihr Bastian kurz über die Wange. Dann räuspert er sich schnell und holt eine schmale Papiertüte aus der Tasche, spreizt sie auf und hält sie der Kollegin unter die Nase. Während Silja Geld und Zettel hineingleiten lässt, sagt Bastian leise: »Marga Mönchinger stand unter enormem Druck, das ist ganz offensichtlich. Zuerst hat sie wohl nur einen Hinweis für den Ernstfall geben wollen, aber dann hat sie wahrscheinlich gemerkt, dass es ihr hilft, etwas aufzuschreiben, dass es sie entlastet, was weiß ich. Und gleichzeitig hat sie sich vielleicht geschämt, auch wenn es nur vor sich selbst war. Da hat sie den Zettel eben umgedreht und schnell noch etwas dazugeschrieben.

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