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Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Titel: Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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Silja unterbricht sich kurz, um dann noch leiser fortzufahren, »… also wie du deine Kundenkartei führst. Oder hast du so etwas gar nicht?«
    »Ich würde es anders nennen, aber es gibt schon Notizen zu den Herren, falls du das meinst.«
    »Genau das meine ich. Wir bräuchten nämlich dringend Informationen zu den beruflichen Kontakten der Toten vom Strand und bisher haben wir nur ein Notizbuch mit Decknamen.«
    »Und wonach sucht ihr? Nach Telefonnummern?«
    »Zum Beispiel.«
    »Vielleicht hat sie die nie gehabt, schließlich war es ja nicht ihre Aufgabe, die Kunden zu kontaktieren.« Als Silja schweigt, fährt Judith fort: »Und als Kunde würde ich auch nicht unbedingt meine Telefonnummer rausrücken.«
    »Die meisten rufen von öffentlichen Anschlüssen aus an, oder von Prepaid-Handys.« Siljas Stimme klingt verzagt. »Kennst du überhaupt die Namen deiner Kunden?«
    »Ich meistens schon, aber wir bewegen uns ja auch in der Öffentlichkeit. Ich glaube nicht, dass normale Freier ihren echten Namen nennen, wenn’s nicht unbedingt nötig ist.«
    »Und das ist es nicht, oder?«
    »Schlaues Mädchen. Natürlich nicht.«
    »Mist«, entfährt es Silja ein wenig zu laut. »Dann kommen wir auf dieser Schiene unter Umständen gar nicht weiter.«
    »Habt ihr das Handy?«
    »Du meinst, wegen der eingegangenen Anrufe?«
    Judith nickt.
    »Leider nicht. Es scheint spurlos verschwunden zu sein. Und die Anrufliste vom Telefonbetreiber hat uns nichts gebracht.«
    »Aber wenn das Telefon weg ist, wisst ihr immerhin eins: Der Mörder hatte ein Interesse daran, dass ihr die Anrufe nicht zurückverfolgen könnt.«
    »Also gehört er zu ihrem Kundenstamm«, vervollständigt Silja Judiths Satz. »Nur bringt uns diese Spur nicht weiter, deshalb brauchen wir eine andere.«
    »Was ist eigentlich aus dem verlassenen Koffer auf dem Bahnsteig geworden? Wahrscheinlich auch nichts, oder?« Als Silja nicht gleich antwortet, konzentriert sich Judith wieder auf den Vortrag des Dozenten, doch nach wenigen Augenblicken fällt ihr noch etwas ein. »Das Modell scheint es übrigens häufiger zu geben. Bei mir im Zug stand haargenau derselbe auf dem Gang.«
    »Was sagst du da?« Aufgeregt packt Silja die Freundin am Arm. »Es war vermutlich derselbe! Der Koffer war nämlich verschwunden, nachdem ich mich von dir verabschiedet hatte.«
    »Du meinst, jemand hat ihn mit in den Zug genommen?«
    »Anders kann ich mir das nicht erklären. Hast du denn gesehen, wem er gehört hat?«
    »Leider nicht. Ich habe mich aber auch nicht weiter darum gekümmert«, murmelt Judith, und irgendetwas an ihrer Stimme macht Silja misstrauisch.
    »Du verschweigst mir doch etwas.«
    Das plötzlich aufflammende Raumlicht zeigt, wie Judith rot wird. Und während der Dozent am Rednerpult weitere Details zu den Wandmalereien verkündet, flüstert sie Silja zu: »Ich habe doch erwähnt, dass ich auf dem Bahnsteig einen ehemaligen Kunden gesehen habe. Erinnerst du dich?« Als Silja nickt, fährt sie fort: »Er ist es, der den besagten Koffer in der Bahn bei sich hatte.«
    »Verrätst du mir jetzt seinen Namen«, bittet Silja eindringlich, aber Judith schüttelt energisch den Kopf.
    »Das ist völlig unmöglich. Aber lass es uns so machen: Solltest du rausfinden, dass mit dem Koffer irgendetwas nicht stimmt, dann sag mir Bescheid. Aber du musst einfach verstehen, dass ich nicht ohne guten Grund so brisante Informationen weitergeben kann.«
    Silja nickt, obwohl sie alles andere als zufrieden ist. Am Rand ihrer Vorlesungsmitschriften notiert sie sich eine dringende Aufgabe für die Sylter Kollegen: Vermisste und gefundene Koffer checken. Möglichst in ganz Norddeutschland.

Dienstag, 21. Juni, 16.13 Uhr,
Haus am Dorfteich,
Wenningstedt
    Die Stimme Jens-Uwe Behrmanns ist energisch und melodisch zugleich. Es geht etwas Bezwingendes von ihr aus, findet Fred, etwas, das nachvollziehbar macht, dass dieser Politiker so erfolgreich ist. Man möchte sich einfach gern dem Zauber seiner Stimme ergeben und alles glauben, was sie einem zuflüstert. Und im Moment hat Fred damit ganz bestimmt kein Problem, denn Jens-Uwe Behrmann scheint geradezu um seine Aufmerksamkeit zu buhlen. Dreimal hat er sich schon für die Verzögerung bei der Beantwortung von Fred Hübners E-Mail-Anfrage entschuldigt und jetzt bietet er dem Journalisten einen exklusiven Termin für ein Gespräch an – und zwar nicht etwa erst in drei Wochen, sondern gleich für morgen Abend. Er sei nämlich gerade privat auf der

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