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Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Titel: Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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hat die Augen geschlossen, im Radio läuft ein Kultur-Feature. Jetzt ertönt das Zeitzeichen, es ist 14 Uhr, Halbzeit der Mittagspause, in einer Stunde wird die nächste Patientin erscheinen. Manfred Pabst seufzt. Er weiß jetzt schon, dass er Kopfschmerzen von deren immer gleichen Klagen bekommen wird. Er will auch keine Nachrichten hören, lieber noch ein Mozart-Klavierkonzert auf der CD. Aber dafür müsste er aufstehen, und dazu fehlt ihm die Kraft. Selten sind ihm seine alltäglichen Verrichtungen so schwer gefallen.
    Die Frauenstimme aus dem Radio reißt Manfred Pabst aus seinen matten Gedanken. Sie klingt aufgeregt, fast schon freudig erregt, dabei ist es doch sicher ein trauriger Hintergrund, der zu der Meldung Anlass gibt.
    »Auf Bitten der örtlichen Polizeibehörden senden wir eine Vermisstenmeldung. Seit der Nacht von Donnerstag, den 16. Juni, auf Freitag, den 17. Juni, wird die Sylterin Marga Mönchinger vermisst. Sie hat in der fraglichen Nacht das Westerländer Einfamilienhaus, in dem sie mit ihrem Mann lebt, gegen 24 Uhr mit einem Rollkoffer verlassen und wurde danach nicht mehr gesehen.«
    Mist, denkt Pabst, jetzt ist dieser Mönchinger doch zur Polizei gelaufen und hat charakterschwach, wie er ist, alles Weitere in deren Hände gelegt. Ob er wohl auch schon von dem rätselhaften Unbekannten berichtet hat, dem seine Schwester in eben jener Nacht die Tür geöffnet hat?
    »Marga Mönchinger ist 27 Jahre alt, mittelgroß, schlank und hat auffällig rote überschulterlange Haare. Sachdienliche Hinweise, die zur Auffindung der Vermissten führen können, nimmt jede Polizeidienststelle entgegen. Nun die Nachrichten …«, setzt die Moderatorin ihre Durchsage fort.
    27 Jahre alt? Mittelgroß und schlank? Auffällig rote überschulterlange Haare?
    Hat er da richtig gehört? Manfred Pabst steht auf, geht zum Radio und schaltet es aus. Er blinzelt mehrmals, reibt sich dann die Augen und setzt sich wieder auf die Liege. Wird er jetzt etwa schizophren? Das ist doch die Beschreibung der Toten, die in der fraglichen Nacht am Westerländer Strand ermordet worden ist. Der Sylter Anzeiger hat eine ganzseitige Meldung darüber gebracht. Erst aus dieser Meldung hat er selbst doch erfahren, dass das rote Biest tatsächlich eine Prostituierte war, dass Hubert Mönchinger sie also bezahlt haben muss für ihre Nacktfotos vor seinem Wagen – und für anderes vermutlich auch.
    Und jetzt soll Mönchingers verschwundene Ehefrau eine Doppelgängerin der Toten sein? Eine junge, schöne Rothaarige, die noch lebt? Und alles, was Mönchinger ihm in endlosen Therapiegesprächen vorgegaukelt hat, könnte vielleicht doch der Wahrheit entsprechen? Das kann nicht sein. Nein, das widerspricht jeder Logik!
    Welchen perfiden Streich spielt ihm da seine Einbildungskraft?
    Manfred Pabst bemüht sich sehr um Konzentration. Er wird doch wohl noch in der Lage sein, diese neuen Fakten in sein Bild von der Wirklichkeit zu integrieren. Er ist nicht verrückt, sondern im Gegenteil intelligent und ausgesprochen kombinationsstark. Er hat sich nur zeitweise verwirren lassen und ein wenig den Überblick verloren, aber jetzt wird er alles wieder ordnen, die Fakten in neuem Licht besehen und zu einer Theorie finden, in der es keine Widersprüche mehr gibt.

Dienstag, 21. Juni, 14.05 Uhr,
Zwischen den Hedigen,
Westerland
    Mit einer wütenden Bewegung stellt Christa Mönchinger ihr Radio aus. Jetzt ist es also öffentlich, und alle wissen, dass ihr Bruder von dieser Schlampe verlassen worden ist. Es kann keine Stunde dauern, bis die erste Nachbarin unter irgendeinem Vorwand vorbeikommen wird, um Näheres zu erfahren. Natürlich wird sie sich nach dem Gemütszustand Huberts erkundigen, vielleicht sogar nach seinem Aufenthaltsort.
    Was soll seine Schwester dann sagen?
    Hubert sitzt in einer dreckigen kleinen Zelle der Westerländer Polizeidienststelle und steht unter Verdacht, in der letzten Woche die Doppelgängerin seiner Frau ermordet zu haben?
    Wohl kaum.
    Sie muss alles tun, um den Verdacht von ihrem Bruder abzulenken. Aber sie darf dabei keinen Fehler machen. Keinesfalls darf sie alles erzählen, was sie über jene verdammte Nacht wirklich weiß. Sie muss es raffiniert anstellen und den Verdacht geschickt auf jemand anderen lenken. Und sie weiß auch schon, auf wen. Das Bild dieses mysteriösen nächtlichen Besuchers hat sie noch ziemlich deutlich vor Augen und im Gegensatz zu ihrer bisherigen Aussage erinnert sie sich auch daran, dass

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