Männer unerwünscht (German Edition)
Auseinandersetzung im Gange. Ein männliches Wesen im Haus, auch wenn es nur übergangsweise beherbergt wurde, bedeutete eine gewaltige Modifikation in unserem Leben. Dessen waren wir uns alle bewusst. Unser Leitsatz „Kein Mann über diese Schwelle“, von uns allen bisher vehement vertreten, wurde plötzlich außer Kraft gesetzt.
Ich verließ meine Schwestern, um mich umzuziehen. Die dreckigen Stinkeklamotten warf ich mit s amt den Schuhen in die Waschmaschine, gab reichlich Waschmittel dazu und schaltete auf 60 Grad. Ein Lob dem Erfinder dieser unermüdlichen, technischen Haushaltshilfe.
Die Debatte zog sich bis in die Nacht hin. Fazit: Angelo durfte bleiben, bis er halbwegs wieder bei Kräften war. Dann musste er sofort abreisen. Sofort! Der Ausnahmezustand wurde über unsere Wohng e meinschaft verhängt. Kurzfristig.
Ich versuchte, in Steffs Gesicht zu lesen. Sie hatte Angelo nie ganz vergessen, das hatte sie mir vor kurzem gestanden. Aber sein damaliges Verschwinden würde sie ihm nie vergeben. Sein plötzliches Aufta u chen musste ihre Gefühle gehörig durcheinandergebracht haben.
Bestimmt würde Angelo schneller genesen, wenn Steff sich ihrer Liebe zu ihm bekannte. Wohlwei s lich behielt ich diese Vermutung für mich. Ich überließ meine Schwestern wiederum ihrer Diskussion und gesellte mich zu unserem Gast in die Stube. Dessen Augen waren halb geschlossen. Als er mich erblickte, öffnete er sie ganz und winkte mir fröhlich von seinem Kissenlager aus zu. Ich schloss die Tür hinter mir und setzte mich neben ihn auf den Fußboden.
„Wie kommt’s, dass du einen Rückfall erlitten hast?“ , wollte ich wissen. „Heute Mittag ging’s dir doch prima.“
„Ganz einfach“, wisperte Angelo. „Sie wollten mich raus werfen , auf der Stelle. Wenn nötig mit G e walt! Ich hatte keine andere Chance, als mir in einem unbeobachteten Moment den Finger in den Hals zu rammen und anschließend den Ohnmächtigen zu spielen. Hättest sehen sollen, wie ich direkt neben meinem Erbro chenen zu Boden ging! Auf einmal waren die wildgewordenen Furien sogar besorgt um mich.“
„Ich hab mir schon so was in der Art gedacht. Wie lange willst du das Theater durchziehen? Hier matt in den Kissen liegen und ‚Aua‘ stöhnen?“
„So lange, bis Steff mit mir spricht . Bisher wollte sie mich nicht mal anhören. Nur geschimpft hat sie und mir üble Beleidigungen an den Kopf geworfen.“
„Und wenn sie sich weigert?“
„Dann bleib ich hier liegen. Irgendwann wird sie mir sagen, ob sie mich noch will oder nicht.“
„Und wenn sie nicht mehr will?“ , bohrte ich.
„Dann räume ich sofort das Feld“, versprach er. Davon war ich nicht so ganz überzeugt. Angelo war kein Typ, der sich schnell geschlagen gibt.
Am nächsten Vormittag holte Holger mich zum Reiten ab und betätigte die Hupe des Flitzers zum Zeichen seiner Ankunft. Allzu gern verließ ich die Weltuntergangsstimmung im Haus und zog mir schnell alte Sachen an. Als ich zu seinem Auto ging, folgte mir meine Schwester Uschi. Förmlich richtete sie an den Doc die Bitte, nach „unserem Patienten“ zu sehen.
Es war Gesetz, dass nur Ärztinnen unser Heim betreten durften. Weil aber unser Leitsatz ohnehin derzeit aufgehoben war, kam es auf einen Mann mehr oder weniger nicht mehr an. Schließlich war der Doc gerade vor Ort und Angelos Gesundheitszustand erschreckend ernst.
Als Holger seine Arzttasche von der Rückbank fischte, wisper te ich ihm zu: „Er ist sehr krank, ve r standen?“ Verstört tauchte er auf und ich entband ihn mit einem kräftigen Rippenstoß von weiteren Fragen.
Alle Schwestern gruppierten sich in Erwartung der Diagnose um den Kranken, während Holger eine gründliche Untersuchung durchführte. Rita sah schnell weg, als Angelo sein T-Shirt auszog, damit der Arzt ihn mit dem Stethoskop abhorchen konnte.
Holger wusste nicht so recht, was er mit Angelo anfangen sollte. Ich suchte seinen Blick und starrte ihn durchdringend an. Er murmelte dann und wann ein schlau klingendes „Hmmm“ und räusperte sich au s
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