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Männer unerwünscht (German Edition)

Männer unerwünscht (German Edition)

Titel: Männer unerwünscht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Köster
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ich in einer fremden Umgebung! Träumte ich immer noch? Ich rieb meine Augen , und plötzlich fiel es mir ein: Ich hatte die erste Nacht in meinem neuen Heim verbracht.
    Es war fünf Uhr morgens. Ich hätte noch anderthalb Stunden schlafen könne, aber das erschien mir unmöglich nach diesem furchtbaren Alptraum. Die Sonne war im Begriff aufzugehen, und die Vögel vor me i nem Fenster sangen die ersten Liedchen des Tages. Was für ein Unterschied zu meiner Stadt wohnung! Da fiel einem das Aufstehen ja richtig leicht.
    Ich schwang die Beine über die Bettkante und lief ins Bad. Meine Schwestern schliefen noch, und ich bemühte mich, geräuschlos meine Morgentoilette zu verrichten . Schon zog ich mir Jeans, Pullover und Jacke an und verschwand durch die Hintertür nach draußen. Dankbar für mein festes Schuhwerk (Boots aus echtem Leder aus einem vernünftigen Schuhhaus) lief ich querfeldein durch die taufeuchte Landschaft.
    Die Blätter raschelten unter meinem Schritt, und das Gras war so weich wie ein dicker Teppich. Me i ne Wanderung führte mich vorbei an großen Gehöften, in denen das Brummen der Melkanlagen auf eifriges Tun der Bewohner hindeutete. Am Waldrand sah ich vier Rehe. Um sie nicht zu stören, bewegte ich mich vorsichtig weiter.
    Dummerweise hatte ich keine Uhr dabei . Mein Zeitgefühl sagte mir allerdings, dass ich mich auf den Rückweg machen musste, wollte ich pünktlich bei Bruno erscheinen. Suchend sah ich mich um. Weit und breit waren nur Wiesen und Bäume . Kein Haus, kein Hof, nichts. Natur pur. Und Kühe. Jede Menge Kühe.
    Ich hatte die Orientierung verloren, und als ich mich ein paar Mal um mich selbst gedreht hatte in der Hof f nung, einen Anhaltspunkt zu entdecken, wusste ich überhaupt nicht mehr, in welche Richtung ich mich we n den musste. Panik überkam mich, mein Herz raste. Vor meinem geistigen Auge erschien die Schlagzeile in der Tageszeitung: „Junge Frau spurlos verschwunden. Wer hat Doris Sack zuletzt gesehen? (Abbildung meines gruselig en Passfotos von vor sieben Jahren). Sie war bekleidet mit einer Jeanshose, einem roten Pullover, einer abgetragenen schwarzen Jacke und robusten Schuhen. Die Ermittlungen laufen auf Hochto u ren. Ist Doris Sack einem Verbrechen zum Opfer gefallen?“
    Nein – in diese Wildnis verirrte sich niemand, nicht mal ein Krimineller. Nur meine Wenigkeit. Doris s ack versuchte durch einen Frühmorgen-Marsch ihr seelisches Gleichgewicht wiederherzustellen. Dabei g e riet sie vom Wege ab und verirrte sich. Und wenn sie nicht gefunden ward, dann wandert sie noch heute.
    Doch halt, was war denn das? In weiter Ferne sah ich eine Silhouette. War es ein Mensch, der sich quer über die Wiese durch den Frühdunst auf mich zu bewegte? Angestrengt starrte ich in die Richtung, doch es dauerte noch eine ganze Weile, bis ich das Wesen erkennen konnte. Die große Weide war mit K ü hen bevölkert, und immer wieder verdeckte eines dieser Viecher die Sicht auf die hoffentlich menschliche Gestalt.
    Er kam näher, war offensichtlich Landwirt – und er sah gut aus. Zwar trug er kniehohe Gummistiefel und einen grünen Overall mit der Aufschrift „Milk-Master-Melkanlagen“, aber das tat seine r Erscheinung keinen Abbruch. Er war groß, breitschult rig, hatte wellige, hellbraune H aare und ein sympathisches Lächeln, das seine ebenmäßigen Zähne entblößte. Ein Bild von einem Mann würde meine Mutter sagen. Plötzlich stand er vor mir, und wir fragten gleichzeitig: „Was tun Sie denn hier?“ Daraufhin lachten wir beide. Seine eben erwähnten schönen Zähne blitzten. Er hatte einen Dreitagebart. Hmm, ich mag so was.
    „Ich habe einen Morgenspaziergang gemacht“, antwortete ich, als wäre es eine Selbstverständlic h keit für mich, morgens um sechs durch die Gegend zu wandern.
    „Machen Sie so was öfter?“ , fragte er, und ich meinte Bewunderung aus dem Tonfall heraushören zu können.
    Dorissack ist keine Aufschneiderin. „Nein, es ist das erste Mal“, gab ich zu. „Ich bin gestern hierher gezogen. Vorher wohnte ich mitten in der Stadt, da waren solche Unternehmungen nicht möglich.“ Nicht in der Form. Dort läuft einem in aller Herrgottsfrühe gewiss nicht ein solches Prachtexemplar über den Weg. Nur ein paar verschlafene Penner, die ihren Aufwachschnaps trinken und einige abgehetzte Gestalten auf dem Weg zur Arbeit.
    „Aha“, sagte Supermann. Plötzlich ergriff er meine Hand (Kinder, nein, hatte der muskulöse Pra n ken!) und zog mich hinter sich her.

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