Männer unerwünscht (German Edition)
teilnehmen konnte.
Meine Schwester Bärbel hatte eine Einladung von Victoria erhalten, das Wochenende in trauter Zweisamkeit in deren Stadtwohnung zu verbringen. Sie wollte sich gleich auf den Weg machen. Karl war überraschenderweise bis Sonntagnachmittag abwesend und Victorias Bude deshalb sturmfrei.
Somit würde ich die nächsten zwei Tage ganz allein im WG-Haus sein. Auch mal was Feines! In herrlicher Ruhe und Ungestörtheit wollte ich lesen, faulenzen, entspannen und lauter ungesunde Sachen essen, die ich mir schon auf Vorrat zugelegt hatte. Endlich mal wieder eine Fertigpizza! Und auf die feurig gewürzten, tiefgefrorenen Hähnchenschenkel mit Backofenpommes freute ich mich auch schon. All diese leckeren Dinge verkniff ich mir normalerweise aus Loyalität zu meinen Fast-Food verabscheuenden Schwe s tern.
Ich stöckelte zu Holgers Wagen, den er diesmal mutig direkt vorm Haus geparkt hatte. Auf dem buckligen Untergrund knickte ich um. Diese blöden Hacken-Schuhe! Stöhnend nahm ich auf dem Beifahre r sitz Platz und rieb mein schmerzendes Fußgelenk. Der alberne Doktor kriegte kaum Luft vor lauter Lachen.
„Wer hat dich denn so zugerichtet? Das ist ja ne scheußliche Kriegsbemalung.“
„Meine Schwester Bärbel“, entgegnete ich beleidigt und versuchte ein Schmollmündchen. Sah b e stimmt entzückend aus.
„Wisch dir bloß den Mund ab!“ Er wartete meine Reaktion gar nicht ab, sondern entfernte mit einem gebrauchten Papiertaschentuch die kunstvoll aufgetragene Farbe von meinen Lippen.
„So!“ , meinte er zufrieden. „Jetzt siehst du schon viel besser aus. Ich kann Schminke einfach nicht ausstehen.“ Trotz der Erklärung nahm ich ihm seine forsche Tat sehr übel. Ich hatte bis eben so sinnlich ausgesehen.
Holger trug ein dunkles Sakko samt Seidenhemd, das gab ihm einen ungewohnt distinguierten A n strich.
„Wie kommt es, dass dir dein Konfirmationsanzug noch passt?“ , stichelte ich böse.
„Allein der Verdienst meiner Schneiderin. Hier ein Keil reingenäht, da ein wenig verlängert. Schon passte ich wieder rein in das gute Stück“, witzelte er.
Der Reiterball, festlicher Höhepunkt des „Hoppelgarten“-Jahres, fand im geschmückten Saal der Gaststätte „Drei Linden“ statt. Die fünfköpfige Kapelle „Moonlight Combo“ spielte gedämpfte Tanzmusik, als wir Arm in Arm, wie es sich für ein ballbesuchendes Paar gehört, den rappelvollen Tummelplatz der Möcht e gern-Prominenz betraten.
Suchend sahen wir uns nach einem freien Tisch um, da bedeutete uns Herberts winkende Hand, sich zu ihm, seiner Gattin und seinen Freunden zu gesellen. Gern kamen wir der Einladung nach.
Beatrix in ihrem extravaganten K leid, ihren überdimensionalen Klunkern und dem schütteren, auf Volumen geföhnten pflaumenfarbenen Haar, war die unangefochtene Königin des Tisches. Die „Magic w o man“ hatte sie erwartungsgemäß gegen ein Paar exquisite Stöckelschuhe eingetauscht.
Sie wechselte ein paar belanglose Worte mit ihrem Untermieter Holger, mich beachtete sie nicht. E i ne einfache Schuhverkäuferin und dazu Reitanfängerin, die sich dreist unter die High-Society mischt, gehö r te ignoriert – jawoll!
Dieser Abend war so dermaßen blöd, dass ich mir eine Beschreibung erspare. Das einzig Positive war, dass ich bei der Tombola eine große Mettwurst gewann, und das nur mit einem einzigen Los. Herberts Ausbeute war auch nicht bess er, obwohl er gleich für fünfzig Euro Lose eingekauft hat te: Er holte sich unter dem peinlich berührten Blick seiner Frau einen handgeschnitzten Wanderstock ab, den er später, als Familie Tausendschön genug getanzt und Konversation betrieben hatte, leider im Saal vergaß . Ich hingegen klem m te mir zufrieden die Wurst unter den Arm und freute mich mit ihr auf ein faules Schlemmerwochenende.
Es war vier Uhr morgens, als Holger mich mit einem kumpelhaften „Bis bald!“ vor meiner Haustür absetzte. Er hatte sich an diesem Abend prima mit einer braungebrannten Flachsblonden amüsiert. Diese beherrschte im Gegensatz zu mir die Standardtänze und war von dem Doc abwechselnd übers Parkett g e schoben und mit Sekt versorgt worden. Ich hatte dem Geschehen gelangweilt und – wie ich mir ärgerlich eingestehen musste – mit einer Portion Eifersucht beigewohnt.
Holger brauste davon, während ich im Stockdunkeln den richtigen Schlüssel für die Haustür ertast e te. Meine Mettwurst hielt ich dabei fest an mich gepresst. Ich war hundemüde, leicht angesäuselt und sehnte
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