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Maenner weinen nicht

Maenner weinen nicht

Titel: Maenner weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanz Loeffler
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Kind, aber das Leben draußen geht einfach weiter! Ich habe meine Frau von einer völlig neuen Seite kennengelernt, und damit habe ich mich zum Teil sehr schwergetan. Wir haben in der Zeit viel miteinander geredet und viel gestritten. Als unsere Tochter etwas größer war, ist dann alles entspannter geworden. Bei unserer zweiten Tochter lief es dann übrigens ruhiger.
    Wie sehen Sie sich selbst als Vater?
    Ich denke, ich mache das ziemlich gut. Wenn ich nicht arbeite, dann bin ich nur für meine Kinder da. Und wenn meine Frau einen Job außerhalb von Berlin hat, dann bin ich auch Vater und Mutter gleichzeitig. Das klappt prima, wir haben viel Spaß zusammen.
    2005 kam der Film Horst Buchholz – Mein Papa heraus, Ihre Tochter wurde 2006 geboren. Wie stark hängen diese beiden Ereignisse zusammen?
    Leider gar nicht. Ich hätte mir gewünscht, dass es umgekehrt gewesen wäre: erst die Geburt, dann der Film. Aber mein Vater ist ja schon 2003 gestorben. Bestimmt hätte er sich über die Ankunft seiner Enkelin sehr gefreut; vielleicht wäre er dann auch weniger traurig gewesen.
    Wie haben Sie Horst Buchholz als Vater erlebt? Die privaten Fotografien und Kameraaufnahmen zeichnen das Bild eines warmherzigen, liebevollen Vaters, der dabei selbst wie ein Kind war.
    Wir hatten großen Spaß, haben viel zusammen gespielt. Damals habe ich mir allerdings immer gewünscht, dass wir zusammen rumschrauben, mal den Rasenmäher oder die Schwimmbadpumpe auseinandernehmen und wieder zusammenbauen. Komisch, nicht? Vielleicht hoffte ich, ihm dadurch noch näher zu sein, wenn wir als Vater und Sohn männliche Rituale pflegten. Aber das hat ihn überhaupt nicht interessiert, er war mehr ein verspielter, großer Junge.
    Ihr Vater war einer der erfolgreichsten deutschen Schauspieler überhaupt, Sie arbeiten ebenfalls als Schauspieler. Eine logische Entwicklung?
    Als junger Mann wollte ich auf gar keinen Fall Schauspieler werden, ich kannte das ja alles. Diese ganzen verrückten, lauten und affektierten Leute gingen täglich bei uns ein und aus; so werden wie sie, wollte ich auf keinen Fall. Mein Ziel war ein anderes: Ich wollte Filme drehen, mit dem französischen Meeresforscher Jacques Cousteau arbeiten. Erst während des Colleges Anfang der 1980er Jahre in Los Angeles entdeckte ich, dass ich mich auf der Bühne doch sehr wohlfühle.
    Seine letzte Rolle hatte Ihr Vater in Ihrem Film, einer Art Familienporträt. Wie kam es dazu?
    Mein Vater hat so viel erlebt, aber sehr wenig über sich geredet. Wenn ich ihn mal ausgefragt habe, hat er kaum geantwortet. Ich hoffte, dass sich das mit der Kamera ändern und ich mehr über ihn erfahren würde. Und tatsächlich, mit dem Film habe ich einen Weg gefunden, mich ihm noch einmal zu nähern.
    Ihr Vater hat seinen Vater nicht gekannt. Er wuchs zunächst bei Pflegeeltern auf, später adoptierte ihn der neue Mann seiner Mutter. Erst mit 16 Jahren erfuhr Horst Buchholz, dass dieser Mann gar nicht sein leiblicher Vater ist. Inwiefern war »der unbekannte Vater« für Ihren Vater ein Thema?
    Ich glaube, das hat ein Leben lang in ihm gearbeitet. In der Beziehung zu seinem wesentlich älteren Partner, mit dem er in den 1950er Jahren in Berlin zusammenlebte, spielte unbewusst auch die Sehnsucht nach dem Vater eine Rolle.
    Der Alkohol hat Horst Buchholz nach und nach zerstört, seine Trunksucht hat ihn letztlich das Leben gekostet. Wie ist er auf diesen selbstzerstörerischen Weg geraten?
    Mein Vater war ein Mensch, dem alles zuflog. Auch die Menschen um sich herum hat er förmlich in seinen Bann gezogen. Er war hochintelligent, sprach fünf Sprachen fließend – er musste sich nie anstrengen, um etwas zu bekommen. Als sehr junger Mann hatte er bereits alles erreicht. Dann sagte er, starrköpfig wie er war, ein paar Rollen ab – und es wurde ruhiger um ihn. Ich vermute, dass damals auch die Depression begann.
    Die letzten 10, 15 Jahre litt Ihr Vater immer wieder unter depressiven Episoden. Wie äußerten sich die?
    Er hatte keine Lust mehr am Leben, sah keinen Sinn darin. Er hat getrunken und sich langsam kaputtgemacht. Er führte ein völlig zurückgezogenes Leben, hat kaum noch jemanden getroffen. Für mich war es schlimm, ihn über Jahre so leiden zu sehen. Heute bedaure ich es, dass ich meinen Vater damals nicht zu Medikamenten überredet habe.

5 Bis zum bitteren Ende
    »Denn im Unglück altern
die armen Sterblichen früher.«
    Homer, Odyssee

»Bei der Psyche hat Gott mir einen Streich gespielt«

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